Umfrage: Große Mehrheit der Bürger will Leistungsorientierung beim Übergang aufs Gymnasium

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BERLIN. Elternwille allein reicht nicht – beim Übergang auf das Gymnasium sollen die Leistungen der Kinder zählen. Das ist das klare Ergebnis einer repräsentativen Umfrage des Meinungsforschungsinstituts forsa im Auftrag des Deutschen Philologenverbandes (DPhV). Die Erhebung unter 1.005 Personen ab 18 Jahren, durchgeführt vom 1. bis 6. Oktober 2025 per computergestütztem Telefoninterview, zeigt ein deutliches Plädoyer der Bevölkerung für ein leistungsorientiertes Schulsystem.

Muss drüber (Symbolfoto). Foto: Shutterstock

Fragen und Antworten im Einzelnen:

Frage 1: Soll die Entscheidung über die weiterführende Schule ausschließlich vom Elternwillen abhängen?

Nur 6 Prozent der Befragten meinen, dass die Entscheidung, ob ein Kind nach der Grundschule auf das Gymnasium oder auf eine andere weiterführende Schule wechselt, ausschließlich vom Willen der Eltern abhängen sollte. Dagegen sprechen sich 92 Prozent dafür aus, dass Leistungsvermögen der Schülerinnen und Schüler sowie die fachliche Einschätzung der Lehrkräfte berücksichtigt werden sollten.

Bemerkenswert: Diese Haltung zieht sich laut forsa durch alle Bevölkerungsgruppen – unabhängig von Region, Alter, Geschlecht, Bildung oder Elternschaft. Damit widerspricht die Bevölkerung deutlich der bildungspolitischen Linie mehrerer Bundesländer, die in den vergangenen Jahren die verbindlichen Empfehlungen der Grundschulen abgeschafft und den Elternwillen zur alleinigen Entscheidungsgrundlage gemacht haben.

DPhV-Bundesvorsitzende Prof. Susanne Lin-Klitzing kommentiert: „Die Bevölkerung will mit überwältigender Mehrheit eine Orientierung an der Leistung der Kinder bei der Übergangsentscheidung. Auch die Expertise der Lehrkräfte sollte dabei wieder eine wesentliche Rolle spielen. Reine Elternwahl gefährdet gerechte Lernbedingungen für alle.“

Frage 2: Sollen die Leistungsanforderungen am Gymnasium auf ein Hochschulstudium vorbereiten?

Auch beim zweiten Themenkomplex zeigt sich ein klares Votum für Leistungsorientierung: 85 Prozent der Befragten sind der Meinung, dass die Leistungsanforderungen am Gymnasium so hoch sein sollten, dass sie auf ein Hochschulstudium vorbereiten. Nur 14 Prozent lehnen dies ab. Zwischen den Bevölkerungsgruppen gibt es laut forsa keine nennenswerten Unterschiede – weder nach Alter noch nach Bildungsstand.

Lin-Klitzing ordnet das Ergebnis so ein: „Das Gymnasium gilt nach wie vor als die vorbereitende Schulart für das Studium. Es wird in der Bevölkerung als Vermittler allgemeiner Bildung und als Sprungbrett für akademische Leistung angesehen.“

Frage 3: Soll das Abitur weiterhin entscheidende Voraussetzung für ein Hochschulstudium sein?

Etwa zwei Drittel (68 Prozent) der Befragten wollen, dass die bestandene Abiturprüfung auch künftig die entscheidende Voraussetzung für die Aufnahme eines Hochschulstudiums bleibt. 29 Prozent sehen das anders. Die Detailauswertung (Grafik auf Seite 4 der forsa-Unterlagen) zeigt dabei deutliche Unterschiede zwischen Bevölkerungsgruppen: In Ostdeutschland stimmen 80 Prozent zu, im Westen 66 Prozent. Besonders ältere Befragte ab 45 Jahren plädieren stark für das klassische Abitur (71 bis 74 Prozent Zustimmung). Menschen mit Hauptschulabschluss unterstützen das Abitur als Hochschulvoraussetzung mit 75 Prozent Zustimmung – mehr als Akademiker (69 Prozent).

DPhV fordert Kurswechsel in der Bildungspolitik: Leistung statt Beliebigkeit

Der Deutsche Philologenverband sieht sich durch die Umfrage bestätigt. Lin-Klitzing warnt vor einer „leistungsfeindlichen Bildungspolitik“: „Das Abitur muss wieder echte Studierfähigkeit garantieren – und keine rein rechnerisch erworbene Abschlussnote.“ Die Vorsitzende verweist dabei auf aktuelle Regelungen, wonach Schülerinnen und Schüler selbst mit unter fünf Punkten in sämtlichen Grundkursen in Mathematik und Deutsch zur Abiturprüfung zugelassen werden dürfen. Auch die derzeitige Bestehensgrenze – 45 Prozent Leistung in den Abiturklausuren – sei „zu niedrig und das falsche politische Signal“.

Der Verband fordert die Kultusministerinnen und -minister auf, die forsa-Ergebnisse gemeinsam mit den Befunden des jüngsten IQB-Bildungstrends ernst zu nehmen. Beide zeigten „besorgniserregende Leistungseinbrüche“ – auch am Gymnasium. Lin-Klitzing mahnt: „Die Mehrheit der Bevölkerung will eine stärkere schulische Leistungsorientierung – beim Übergang, beim Unterricht und beim Abitur. Den Leistungsgedanken infrage zu stellen, ist aus Sicht der Bevölkerung der falsche Schluss. Was allerdings infrage gestellt werden muss, sind die inhaltlich im Anspruch verflachten bildungspolitischen Entscheidungen der letzten 25 Jahre. Das darf so nicht weitergehen!“ News4teachers 

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4 Kommentare
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DerechteNorden
4 Stunden zuvor

Lustig das Ergebnis. Aber “Das Leistungsprinzip sollte – außer für meine Kinder – gelten” wurde ja leider nicht abgefragt.//

Kleopas
3 Stunden zuvor

Na so was !! Und was ist mit den Leuten, die immer vehement die Abschaffung des Gymnasiums überhaupt fordern, weil nur so die Bildung in Deutschland gerettet werden kann, also die GEW, die Grünen, die Linken, verschiedene Verbände, der Bürgerrat usw.? Die haben gar nicht mit abgestimmt in der Umfrage?

Die Balkon
3 Stunden zuvor

Wenn Bürger intelligenter sind als Bildungsforscher und Bildungsforscherinnen (beiderlei Geschlechts und und Hermaphroditen – Gruß an John Cleese). Oder Politiker. Oder die KMK samt ihrem Beraterstab.

Katze
41 Minuten zuvor

Das Abitur muss wieder echte Studierfähigkeit garantieren – und keine rein rechnerisch erworbene Abschlussnote.“
Na endlich betrachten wir den Erwerb von Scheinkompetenzen ohne fachliche Grundlagen als gescheitert. Die Widersinnigkeit der bloßen Stuhlbesetzung mit eingeschränkter Beteiligungsbereitschaft bei kognitiver Überforderung in der Oberstufe der Gymnasien scheint erkannt.
Doch wie passt das mit den Reformideen der Bürger-, Eltern- und Schülerräte zusammen? Keine Exen, keine Noten, keine Hausaufgaben – dafür aber ganz viel Selbstentfaltung im pädagogischen Wellnessbereich. Studierfähigkeit erwirbt sich eben nicht durch pädagogisches Streicheln, sondern durch intellektuelles Ringen, Selbstdisziplin, Fleiß und kritisches Denken.
Denn selbst an den Universitäten wird ja mittlerweile die Studierfähigkeit vieler Abiturienten in Frage gestellt. Zümrüt Gülbay-Peischard bringt es in ihrem Buch „Akadämlich: Warum die angebliche Bildungselite unsere Zukunft verspielt“ auf den Punkt: Studenten wollen weiter gepampert werden – können wenig, fordern viel, überschätzen sich massiv. Zitat: “Gegenüber der Hochschule wird eine Anspruchshaltung formuliert wie gegenüber einem Reiseveranstalter.” Man erwartet Rundumversorgung, Komfort und ein Abschlusszertifikat ganz ohne Turbulenzen und mit minimaler Selbstbeteiligung.
Es wird Zeit, dass an unseren Gymnasien wieder das Fundament für echte Studierfähigkeit gelegt wird, bevor die akademische Selbstbedienungsmentalität endgültig zum Standard wird.