DÜSSELDORF. Prüfungen sollen dem Lernen dienen – und nicht Selbstzweck sein: Mit dieser klaren Botschaft hat eine von der Bertelsmann Stiftung initiierte Expert*innengruppe um Dr. Martina Diedrich und Prof. Dr. Kai Maaz vom DIPF | Leibniz-Institut für Bildungsforschung und Bildungsinformation Empfehlungen zur Weiterentwicklung der Lern- und Prüfungskultur vorgelegt. Neun konkrete Vorschläge umfasst das Papier – und die Schnittmenge mit den Empfehlungen des Bürgerrats Bildung und Lernen ist überraschend groß. Mit News4teachers sprach Professor Maaz über das Papier, die Parallelen zum Bürgerrat und die Chancen für eine neue Lernkultur.

News4teachers: Was ist aus Ihrer Sicht das zentrale Ergebnis Ihrer Empfehlungen zur Weiterentwicklung der Lern- und Prüfungskultur?
Maaz: Das zentrale Ergebnis ist für mich, dass wir Lernen und Prüfen konsequent neu zusammendenken müssen. Zum Beispiel sagen wir: Der Staat muss in die Pflicht genommen werden, ein Bildungsminimum für alle Kinder und Jugendlichen sicherzustellen – auch in Anknüpfung an den entsprechenden Beschluss des Bundesverfassungsgerichts. Gleichzeitig darf es aber nicht beim Minimum bleiben, sondern es müssen die Rahmenbedingungen geschaffen werden, damit jedes Kind sein individuelles Bildungsmaximum erreichen kann – egal, wo dieses Maximum liegt.
Es geht also nicht darum, normativ festzulegen: So und so viele Kinder müssen Kompetenzstufe X erreichen. Sondern: Das Ziel ist von Anfang an stärker individualisiert. Aber es ist nie ein „entweder – oder“. Wir brauchen genauso Formate des kollektiven Lernens. Es geht darum, beides in eine gute Balance zu bringen.
Eine Kernbotschaft, die über das Papier selbst hinausgeht, haben Frau Diedrich und ich im Intro des Videos zu unserer Fachtagung formuliert: Wir müssen einfach anfangen, Dinge zu tun. Und diese Dinge können an jeder Schule, an jedem Lernort unterschiedlich sein. Entscheidend ist, den Mut zu haben, loszugehen – nicht auf die große Reform zu warten, sondern unter den gegebenen Bedingungen das Möglichste umzusetzen. Und siehe da: Oft merkt man sehr schnell, dass mehr geht, als man denkt, wenn man sich einmal auf den Weg macht.
Das heißt nicht, dass nicht auch große Weichen neu gestellt werden müssen. Aber darauf zu warten, dass die Politik den ersten Schritt macht, halte ich für den falschen Weg.
„Es geht darum, dass wir alle Verantwortung übernehmen.“
News4teachers: Das finde ich spannend, denn meine ursprünglich nächste Frage wäre gewesen: Was wäre Ihr Wunsch an die Politik – was müsste jetzt geschehen? Sie sagen aber, es geht gar nicht nur um politische Entscheidungen, sondern auch darum, dass jede einzelne Schule prüft, wo sie selbst ansetzen kann.
Maaz: Genau, das entbindet die Politik natürlich nicht von ihrer Verantwortung, aber sie liegt auch nicht allein dort, sondern verteilt sich auf alle Akteure: auf Schulverwaltungen und Lehrkräfte ebenso wie auf uns Bildungsforscherinnen und -forscher – und sogar auf Sie als Journalistin. Es geht darum, dass wir alle Verantwortung übernehmen und Veränderung aktiv mitgestalten.
Oft wird in der Debatte gesagt: Die Kinder müssen mehr leisten. Sie müssen höhere Bildungsstandards erreichen, die Mindeststandards erfüllen. Meine Interpretation ist: Wir sollten den Blick stärker auf die Rahmenbedingungen richten. Dieses Papier bietet viele Ansatzpunkte, die Bedingungen so zu verändern, dass Lernen tatsächlich gelingt. Es geht nicht darum, dass die Kinder einfach nur „besser lernen“ sollen – sondern vielleicht darum, besseren Unterricht zu gestalten, neue Formen des Unterrichtens zu entwickeln und auch das Prüfen neu zu denken.
Denn wenn ich mir beispielsweise meine Studierenden an der Universität anschaue: Wir prüfen dort meistens Dinge, die wenig mit ihrer späteren Alltagsrealität zu tun haben. Kaum jemand arbeitet isoliert für sich – die meisten arbeiten im Team. Aber genau das spiegelt sich weder im schulischen Lernen noch im Prüfen wider. Das Papier versucht, diesen Punkt aufzugreifen: Kooperation nicht nur im Lernen, sondern auch im Prüfen stärker zu verankern.
News4teachers: In den Empfehlungen ist oft von „moderner Lernkultur“ die Rede. Welche Bausteine braucht eine solche Lernkultur ganz konkret?
Maaz: Na ja, im Prinzip ist es so: Eine Lernkultur kann man nicht einfach verordnen. Sie muss sich in einer Bildungseinrichtung – ob Schule oder Kita – entwickeln und vom Kollegium mitgetragen werden. Sie muss von allen geteilt und gelebt werden.
Ganz praktisch bedeutet das: Man schafft Lernräume, in denen Schülerinnen und Schüler mal individuell für sich, mal kooperativ mit anderen arbeiten, und es gibt auch Phasen des kollektiven Lernens. Schon wenn man nur diese drei Bereiche – individuelles, kooperatives und kollektives Lernen – zusammendenkt, merkt man: Mit einem klassischen Schulgebäude und einem Schultag, der in 45-Minuten-Blöcken organisiert ist, stößt man schnell an Grenzen. Es braucht also neue Überlegungen, wie zeitliche und räumliche Strukturen gestaltet werden können, um solches Lernen überhaupt zu ermöglichen.
Ein Beispiel dafür ist die Frage, wann eigentlich geprüft werden soll – alle zum gleichen Zeitpunkt oder können Kinder selbst entscheiden, wann sie so weit sind? Auch im Bürgerrat ist diese Frage ja kontrovers diskutiert worden, ohne eine klare Empfehlung. Wir haben eine Schule besucht, die dieses Konzept bereits umsetzt. Dort waren die Schülerinnen und Schüler begeistert: Sie konnten selbst bestimmen, wie, mit wem und wann sie lernen – und auch, wann sie bereit sind, ihr Wissen oder einen bestimmten Lerngegenstand zur Prüfung zu bringen.
Natürlich ist das organisatorisch anspruchsvoll. Aber es sind genau solche Ansätze, die zeigen: Man kann vieles verändern, ohne gleich die Grundlogik des Systems völlig umzubauen. Und gerade das macht den Gedanken so spannend.
„Lieber auf weniger Schwerpunkte konzentrieren, dafür aber Zeit zum Üben und Reflektieren geben.“
News4teachers: Sie haben es gerade erwähnt, das Thema „individuelle Prüfungszeiten“ wurde auch im Bürgerrat stark diskutiert. Während vor allem die Schüler*innen, die sich im Bürgerrat engagieren, für individuelle Prüfungszeiten gestimmt haben, gab es unter den Erwachsenen die Sorge: Wenn wir Lernen stärker individualisieren, wie können wir dann noch sicherstellen, dass alle Kinder ein vergleichbares Bildungsniveau erreichen und die wichtigsten Grundlagen beherrschen? Wie lässt sich diese Balance finden?
Maaz: Von Gleichheit können wir im System ohnehin nicht sprechen. Ich glaube, wir müssen uns auf bestimmte Dinge verständigen, die für alle Kinder und Jugendlichen essenziell sind – also darauf, was wirklich „fürs Leben“ wichtig ist. Und das ist vielleicht nicht das detaillierte Wissen über den Aufbau einer pflanzlichen oder tierischen Zelle. Das gehört sicher zur Allgemeinbildung, aber elementar ist doch etwas anderes: dass ich mich in Wort und Schrift ausdrücken kann, Texte verstehe, argumentieren und grundlegende Mengen einschätzen kann.
Man kann das an einem Beispiel deutlich machen: Oft wird in den Medien ein Zusammenhang zwischen Kriminalität und Zuwanderung suggeriert. Schaut man in die Statistiken, findet sich dafür kein belastbarer Nachweis. Solche Dinge einordnen zu können, setzt Wissen und analytische Strategien voraus. Genauso wichtig sind Selbstregulation, Problemlösefähigkeiten und Durchhaltevermögen. Das sind für mich die wirklich grundlegenden Kompetenzen.
Alles Weitere ist stärker interessengeleitet – da sollten Schülerinnen und Schüler später selbst entscheiden können, ob sie sich eher im naturwissenschaftlichen, musischen oder einem anderen Bereich qualifizieren. Ich bin überzeugt: Weniger ist mehr. Lieber auf weniger Schwerpunkte konzentrieren, dafür aber Zeit zum Üben und Reflektieren geben.
Oft kommt in diesem Zusammenhang die Frage, ob „auf das Wesentliche konzentrieren“ bedeutet, dass musische oder künstlerische Fächer wegfallen. Das sehe ich nicht so. Gerade diese Bereiche gehören für mich selbstverständlich zur schulischen Bildung dazu – so wie Sprache und Mathematik. Auffällig ist ja: Viele, die meinen, Kunst oder Musik seien „nicht so wichtig“, sorgen gleichzeitig dafür, dass ihre eigenen Kinder zur Musikschule gehen oder dort Erfahrungen sammeln. Das zeigt doch, dass es als wertvoll angesehen wird.
Und gerade für Kinder, die zu Hause aus welchen Gründen auch immer keinen Zugang dazu haben – sei es aus fehlendem Bewusstsein oder fehlenden Ressourcen –, ist es wichtig, dass die Schule solche Erfahrungen ermöglicht. Niemand muss ein Weltklasse-Pianist oder eine Opernsängerin werden. Aber mit der Stimme, mit den Händen, mit dem eigenen Körper etwas ausdrücken zu können – das ist eine sehr prägende und wertvolle Lernerfahrung.
„Alles, was vor den Abschlussprüfungen passiert, können wir sehr wohl verändern.“
News4teachers: Neben der Lernkultur steht auch die Prüfungskultur im Fokus der Empfehlungen Ihrer Expert*innengruppe. Was muss sich in diesem Bereich ändern?
Maaz: Die Prüfungskultur zu ändern, ist tatsächlich am schwierigsten. Abschlussprüfungen werden wir auf absehbare Zeit nicht abschaffen können, ebenso wenig die Noten. Das ist momentan einfach ein gesetzter Rahmen – ob man langfristig etwas anderes anstreben sollte, sei dahingestellt. Einen gesellschaftlichen Konsens dafür sehe ich derzeit jedenfalls nicht.
Aber alles, was vor den Abschlussprüfungen passiert, können wir sehr wohl verändern. Zum Beispiel die Frage: Entscheidet der Stundenplan, wann geprüft wird – oder kann eine Schülerin, ein Schüler das selbst bestimmen? Solche Ideen sind machbar, setzen aber voraus, dass Lernangebote gut abgestimmt werden, damit kollektives Lernen nicht unter den Tisch fällt. Darüber haben wir viel diskutiert.
Ein anderer Ansatz betrifft datengestützte Qualitätsentwicklung, also Lernverlaufsdokumentation und Diagnostik. Damit lassen sich Lernprozesse kontinuierlich begleiten. Wenn man das konsequent einsetzt, stellt sich die Frage: Warum müssen wir zusätzlich noch so viele Klassenarbeiten schreiben? Eigentlich sehe ich in der Dokumentation schon, wie sich ein Kind entwickelt.
Der große Vorteil ist: Solche Instrumente können selbst kleine Lernfortschritte sichtbar machen, die in Noten gar nicht erfasst werden. Ein Beispiel: Ein Kind schreibt in der Grundschule ein Diktat mit 50 Fehlern und bekommt eine Fünf. Im nächsten Diktat macht es „nur“ noch 25 Fehler – und bekommt wieder eine Fünf. Formal heißt das: kein Lernfortschritt. In Wirklichkeit hat sich die Fehlerzahl aber halbiert – ein enormer Fortschritt, der im bisherigen System unsichtbar bleibt. Mit einer guten Lernverlaufsdiagnostik werden auch solche Zwischenschritte sichtbar.
Deshalb lohnt es sich, ernsthaft zu überlegen, wie datengestützte Verfahren klassische Prüfungsformen zumindest teilweise ersetzen oder ergänzen können.
News4teachers: Eine Empfehlung des Bürgerrats Bildung und Lernen lautet ja, Ziffernnoten erst ab Klasse 9 zu vergeben und davor auf individuelle Feedbackgespräche zu setzen. Viele Mitglieder haben dieser Idee zugestimmt. Halten Sie diesen Vorschlag für umsetzbar?
Hier geht es zu Teil zwei des Interviews.
News4teachers / Laura Millmann, Agentur für Bildungsjournalismus, führte das Interview.









Einfach mal machen?
Super Idee. Das dauert höchstens ein Schuljahr bis sich erste Schüler bezüglich meiner Note eine Beschwerde bei der Bezirksregierung einreicht. Diese wird dann auch einfach mal machen und meine Note kassieren.
Kann ich mich bei meinem “einfach mal machen” im Konfliktfall mit Eltern, SuS aber v.a. der Schulaufsicht justiziabel sicher auf Herrn Maaz berufen und verlassen? Wenn uneingeschränkt, dann
Dann bin ich dabei!!!
Der Herr Direktor soll mal mit einem juristisch sicheren Konzept aufwarten und durch seine Doktoranden an einer Hälfte einer Gelsenkirchener Brennpunktschule ausprobieren. Die Fachlehrer machen den normalen Unterricht, alles in Richtung Leistungsbewertung übernehmen die Doktoranden. Die andere Hälfte dieser Schule wird normal unterrichtet. Wenn als Folge des neuen Konzeptes diese Hälfte des Jahrgangs signifikant besser abschneidet als die klassische unterrichtete Hälfte, dann wird der Versuch auf mehrere Jahre an mehreren anderen Schulen in NRW ausgeweitet. Wenn sich der positive Effekt bestätigt, dann wird das Konzept landesweit eingeführt.
Gute Idee … aber – man sollte darauf achten – Doppelblindstudien sind zuweilen verwirrend … 😉
Das Risiko halte ich in meinem Modell für vertretbar, weil ich hinreichend große Zweifel am Erfolg des Projekts an der Brennpunktschule habe. Es wird unabhängig von der Schülerschaft schon an der hinreichend großen Anzahl geeigneter Doktoranden scheitern. Die müssen ja entsprechend viel Ahnung von den Unterrichtsfächern an Gesamtschulen haben.
Ich schwäche mein Modell sogar noch personalsparend etwas ab: Statt alle Stufen der Gesamtschule reichen mir die Sekundarstufe I und zusätzlich in den Hauptfächern die Grundkurse, weil alles, was dort funktioniert, an jeder Schule und Schulform funktioniert.
Based, so ginge RICHTIGE Bildungsforschung.
Ich widerspreche: So eine Forschung wäre zu aufwändig und zu ergebnisoffen mit folglich zu geringen Aussichten. Für die Forschenden ist das eine Loose-Loose-Situation, Forscher würden aber seriöse Schlüsse ziehen können.
… Ja… und dann vllt endlich damit aufhören uns LuL mit irgendwelchen gut klingenden – aber in unserer schulischen Realität – kaum umsetzbaren Vorschlägen zu bombardieren … dann wäre – wie 447 es formuliert – auch ein win für uns dabei.
„Natürlich ist das organisatorisch anspruchsvoll.“
„ Natürlich ist das organisatorisch anspruchsvoll.“
(Da sollte schon noch etwas mehr dazu…)
Ich versuche gerade, mir den Mehraufwand für individuelle Prüfung vorzustellen, zum Beispiel Häufigkeit von Prüfungen, ab welcher Altersstufe, in welchen Phasen des Jahres, Erstellen von Prüfungen, dass Chancengleichheit gewährt bleibt. Vielleicht sollte ich mir mal die Schulen anschauen, in denen so etwas praktiziert wird.
Wäre natürlich interessant zu erfahren, ob auch die Studierenden beim Herrn Professor individuelle für sie erstellte Klausuren und Examina jeweils zu dem individuellen Terminen schreiben, wenn sie sich bereit dafür fühlen.
Lasst mich raten – natürlich nicht.
“Denn wenn ich mir beispielsweise meine Studierenden an der Universität anschaue: Wir prüfen dort meistens Dinge, die wenig mit ihrer späteren Alltagsrealität zu tun haben. Kaum jemand arbeitet isoliert für sich – die meisten arbeiten im Team.”
Hey, wir prüfen Dinge, die keinen interessieren. Aber das machen wir wenigstens in Gruppen.
Warum auch im eigenen Laden aufräumen, wenn man lieber anderen seine Träumereien verkaufen kann?
Also, in meinem Diplom-Pädagogik Studiengang war das so: ich habe mir selbst das Thema gewählt und den Zeitraum und der Prof. hat passend dazu die Prüfung gestellt.
Sie konnten also frei wählen worüber und wann Sie Klausuren schreiben wollten und wann und worüber Sie Ihr Exmanen ablegen wollten?
Das wäre im Vergleich zu MINT-Studiengängen natürlich schon ein gewaltiger Unterschied.
Klausuren gab es gar keine. Scheine gab es über Hausarbeiten (20 Seiten) oder Referate mit Ausarbeitung (15 Seiten).
Prüfungen: Thema frei wählbar – passenden Prof. finden. Prüfungen einzeln und frei anmeldbar in 3 bestimmten Zeitfenstern jedes Jahr.
Alles klar.
Mit ähnlichen Prüfungssystemen könnte man vermutlich die Quoten der Schüler*innen ohne Abschluss einer allgemeinbildenden Schule auf Werte unter 2% drücken.
Das war schon Ende der 90er/ Anfang 2000er Jahre so. Ist halt eine Geisteswissenschaft.
Heute ginge das vermutlich nicht mehr so einfach mit den Scheinen wegen KI.
Jetzt muss ich mal fragen: an welcher Uni hat man keine Klausuren schreiben müssen?
Uni Duisburg-Essen. Klausuren wurden selten angeboten und waren auch keine Pflicht. Dann hat man den Schein einfach in einer anderen Vorlesung bzw. Seminar in dem Fach gemacht. Alles sehr frei.
Das würde ich auch wirklich gerne wissen!
Nee, bei Herrn Professor Maaz läuft das anders, wie man auf seiner Webseite der Uni Frankfurt lesen kann:
„Der Bewerbungszeitraum für das Examen im Herbst 2026 startet am 13.10.2025 und endet zum 23.11.2025. Bewerbungen außerhalb des Bewerbungszeitraumes können nicht entgegengenommen werden.“
Und richtig lustig wird’s, wenn man sich dann zum Bewerbungsformular für die Prüfung durchklickt:
„Die Prüfungsplätze bei Prof. Dr. Kai Maaz werden über ein Losverfahren vergeben, für das Sie sich mit diesem Bewerbungsformular anmelden können.
Nach Ablauf der Bewerbungsfrist werden Sie über Ihr Ergebnis der Auslosung informiert.“
Das hat jetzt irgendwie nicht so viel mit dem zu tun, was er für die Schule so präferiert…
https://www.fb03.uni-frankfurt.de/48790704/Prof__Dr__Kai_Maaz
Also, ich habe aktuell 150 SuS, ab nächste Woche 180.
Drohne 447 aus der Bildingssimulationsproduktion bitte für 180 mal 4 45-Stunden = 32400 Minuten = 720 Standartstunden pro Schuljahr ausplanen, danke.
(Vorbereitung individuelle Prüfung: 15 Minuten, weil ich spitze bin wenn ich will. Prüfungsabnahme: 15 Minuten zu je 5 Minuten Vortrag und 10 Min. Prüfungsgespräch AFB 1,2,3; 15 Minuten Notenfindung mit rechtssicherer Dokumentation)
Obwohl…wenn ich so drüber nachdenke…vielleicht doch keine schlechte Idee…OH WAIT, in der Sek I sibd es ja MEHR als vier Klassenarbeiten pro Schuljahr… 😀
Toxische Taschendrohne plus Taschenrechner > Bildungs”wissenschafts”politiksuperfachkraft…
Kannste
Dia
Nüsch
Ausdehnkähn
Das habe ich auch sofort gedacht. Wenn ich den Test individuell schreiben lasse, ist der erste der Depp. Gibt dann alle Infos weiter an die anderen. Diese lösen die Aufgaben Zuhause mit KI, lernen sie auswendig und zack passen die Noten gar nicht mehr zum Schüler. Für euch getestet in Klasse 9.
Wir hatten Kandidaten, die gerne bei wirklich einfachen Kurztests gefehlt haben.
Die Nachschreiber haben nichtmal gerafft, dass sie leicht veränderte Aufgaben/Beispiele in den Tests hatten – und prompt eine 6 kassiert. Hat zumindest zu ein bisschen Lernertrag geführt.
Gerade bei materialgestützten Klassenarbeiten finde ich es z.T. schon schwierig, eine ergleichbare Nachschreibe-Arbeit zu erstellen.
Vielleicht 20 oder 30 vergleichbare Klassenarbeiten zu erstellen ist einfach nicht möglich.
Vielleicht sollte man einen Fragenkatalog erstellen, ähnlich wie beim Führerschein. Aus den bspw. 600 Fragen werden dann 30 Fragen zusammengewürfelt für die einzelnen Schüler. Dann würde man aber natürlich – ganz böse – v.a. Inhalte abfragen.
Richtig, es ist einfach nicht machbar……Deshalb haben sich ja auch solche Formen kollektiven Prüfens etabliert.
Das sind alles schöne Wunschvorstellungen, aber die Realität sieht anders aus.
Würde also bedeuten, für jeden Neuen, der sich jetzt in der Lage und berufen fühlt, einen neuen Test zu erstellen, andere Fragestellung, anderer Schwerpunkt, etc…. Das hat mir schon immer gereicht für die Kranknachschreiber…..
Prüfungen neu denken? – Nö, ich bin für gleich abschaffen!
Was einst der Nachweis von konkretem Wissen und individuellem Können war, wird heute zur materialgestützten Kompetenzsimulation. Statt Inhalte zu beherrschen, soll man in der Prüfung noch lernen – mit seitenweise Texten, Grafiken und Kontextgeblubber. Die IQB-Standards machen’s möglich: Prüfungen als Suchspiel, nicht als Leistungsnachweis.
In den Naturwissenschaften fragt man sich inzwischen, ob man im Deutschunterricht gelandet ist. Physik, Chemie, Biologie – reduziert auf das Herausfiltern von Informationen aus Textwüsten. Die kognitiv Starken kommen sich vor wie Statisten in einem pädagogischen Planspiel.
Nun hat eine Expertengruppe um Dr. Martina Diedrich und Prof. Dr. Kai Maaz vom DIPF ihre Empfehlungen zur Weiterentwicklung der Lern- und Prüfungskultur vorgelegt. Neun Vorschläge – darunter das Mantra: „Kooperation nicht nur im Lernen, sondern auch im Prüfen stärker verankern.“ Prüfungen als Gruppenritual? Warum nicht gleich das Abitur als Teamerlebnis mit Reflexionsrunde.
Die Schnittmenge mit dem Bürgerrat Bildung und Lernen ist „überraschend groß“. Überraschend? Eher konsequent. Dort wird auch visionär neu gedacht. Immer weniger fachlich Konkretes, immer weniger Leistungsanforderungen, immer mehr pädagogisches Nebelsprechen.
Manche hatten ja noch Hoffnung auf eine Trendwende – back to the roots, zurück zum Leistungsgedanken, zu klaren Anforderungen und überprüfbarem Wissen. Aber nein: Das Kompetenzkarussell dreht sich weiter, jetzt bis tief hinein in die Prüfungen. Mit wachsender Fliehkraft steigen immer mehr Lehrkräfte aus – sie wollen nicht mehr mitrotieren in einem System, das Standards senkt, Inhalte verdünnt und Leistung durch Simulation ersetzt.
“Materialgestützte Kompetenzsimulation” und Nawi als verkappter Deutschunterricht – Sie haben es mal wieder auf den Punkt gebracht.
NRW: Teil der Beispielsaufgabe Physikabitur:
Leserbrief zum Thema Röntgenuntersuchung
Wer das kann, zeigt zwar kein Fachwissen, keine Fähigkeit und keine Fertigkeit, ist aber kompetent.
“materialgestützte Kompetenzsimulation”, “pädagogisches Planspiel” 🙂
In Zeiten von KI sollen die Kinder noch immer Matheformeln auswendig lernen, dass sind die Standards. Das ist doch sehr nah an den roots.
Sowas, interpretiere ich, ist es wohl, um was in dem Interview zaghaft herumschawenzelt wird, natürlich ohne den heißen Brei direkt anzusprechen, sondern es wird in eine “Lernverlaufsdiagnostik” ( =Zensuren in die elektronische Patientenakte integrieren?) mäandert.
“Nebelsprechen” finde ich auch sehr schön. Danke 🙂
Zum Glück ist die IQB-Formelsammlung so schlecht, dass man auf sie getrost verzichten kann.
Odyssee in den Zukunftsbildungsraum ‘Schland 2035…
Aus der Drohnenperspektive zeitreisegefilmt:
Prüfungskollektiv mit Bildungsbürgerratsupport jagt das Kompetenzlama
https://tinyurl.com/3fcfd85e
Ich stimme der Bildungsdrohne 447 voll zu!
Die Wohlfühlschule von morgen (Schland 2035) ist ein einziger Kompetenzlama-Zirkus: Das Lama stolpert durch den Nebel, alle rennen hinterher, klatschen im Prüfungs-Flashmob und nennen es „Teamleistung“. Noten sind längst ins Schwarze Loch gefallen und die Lernschnecke trägt stolz ihr Turboetikett.
Und mittendrin thront der Bürgerrat, der das Spektakel feierlich begleitet. Das Kompetenzlama als Maskottchen einer Bildungs-Odyssee, gefilmt aus der Drohnenperspektive, bei der die Jagd wichtiger ist als das Ziel.
Ich bin nicht “wir”, mein Kollegium auch nicht.
‘…das gehört sicher zur Allgemeinbildung, aber elementar ist…’ offenbar nicht diese Allgemeinbildung. Für diese tollen Ideen gibt es noch zu viele Lehrkräfte, die ihre ursprüngliche Aufgabe noch ernst nehmen. Alles ist nur noch relevant, wenn es mit der späteren Alltagsrealität zu tun hat? Übernehmt einfach den Laden, macht mal wie ihr euch das vorstellt. Überall alles gleichzeitig ändern, einfach mal anfangen, komplexe Probleme gibt es doch nicht. Warum sollte ‘mal anfangen’ bei Problem A irgendwo anders Einfluss haben, es ist doch alles so simpel. Gerne, macht mal. Nur ein kleiner Hinweis: irgendwann hat auch der letzte Trottel die Lust verloren, wieder einmal ‘retten’ zu müssen. Wer gehen kann, sollte es tun, die sogenannten Lösungen führen erst ins Ungewisse und danach wird es immer dunkler. Das Licht weit weg ist die große Explosion am Ende.
“Es geht also nicht darum, normativ festzulegen: So und so viele Kinder müssen Kompetenzstufe X erreichen. Sondern: Das Ziel ist von Anfang an stärker individualisiert. Aber es ist nie ein „entweder – oder“. Wir brauchen genauso Formate des kollektiven Lernens.” (sagt Herr Maaz)
Das passt ja hervorragend zu dem IQB-Bildungstrend 2025. Gewiss werden dessen Ergebnisse künftig besser, wenn wir mehr “kollektiv lernen” und dann natürlich auch “kollektiv prüfen ” und “kollektiv testen”. Überhaupt klingt “kollektiv lernen” doch so richtig nach Demokratie und Sozialismus. DAS hat gefehlt, jetzt wird’s uns klar! 🙂
Und die von drei Ministerinnen verkündete Forderung, die Zahl derer, die die Mindeststandards nicht erreichen, bis 2035 zu halberen, passt auch wunderbar dazu, denn die Mindeststandards entsprechen der Kompetenzstufe II.
Die Prozentsätze die bei IQB die Mindeststandards nicht erreichen, könnte man relativ einfach senken.
Es kann ja z.B. sein dass bei IQB zwei Bundesländer jeweils 6% ESA nicht erreicht ausweisen, obwohl in Bundesland A z.B. 65 von 1000 unterhalb der Punktzahl lagen, während es in Bundesland B 110 von 1000 waren. Je nachdem wie viele bei der Ermittlung der Prozentsätze nicht mitgewertet werten.
LOL! Klingt nach Sozialismus:
https://www.kommunismusgeschichte.de/ddr-a-z/1975?no_cache=1&tx_sedaktuelles_pi1%5Baction%5D=show&tx_sedaktuelles_pi1%5Bcontroller%5D=Aktuelles&tx_sedaktuelles_pi1%5Bwikipageid%5D=sbzvonabisz:1975:kollektiv_sozialistisches
🙂
“Oft merkt man sehr schnell, dass mehr geht, als man denkt, wenn man sich einmal auf den Weg macht.”
Also nicht nur das richtig Mindset, sondern einfach mal anfangen. Mit den vorhandenen Ressourcen arbeiten … ähhmmm, Moment mal … gibt keine? Ach so.
Vor den Prüfungen haben wir alle Freiheit der Welt. Klar, damit sich die Eltern bei der Bezirksregierung beschweren, wenn dann die Noten nicht stimmen und ich dann haufenweise Dokumentation ranschaffen muss, damit die BezReg dann einen Formfehler finden … sind halt dann auch Ressourcen.
Alle Bildungswissenschaftler an die Schulen. Dort können sie dann mit den vorhandenen Ressourcen alles umsetzen, was sie sich erträumen.
“Natürlich ist das organisatorisch anspruchsvoll.” – Aber das kann er dann ja mit aller Arbeitskraft 24 Stunden am Tag umsetzen.
Die Politik? Ach komm schon. Warum immer auf den rechtlichen Rahmen warten? Ist doch nicht die Pension vom Herrn Bildungswissenschaftler, sondern der Kollegen vor Ort. Klar steht man dann im Kreuzfeuer der Schulaufsicht, wenn was schief geht. Aber hey, das muss uns doch die Zukunft wert sein.
Touche’!!!!
Ich verzweifle langsam an dem ewigen Diskurs zum Bildungssystem.
Warum konnten zu meiner Schulzeit fast alle Kinder lesen und schreiben ?Meist 90 % der Schüler hatten einen Abschluss der Polytechnischen Oberschule und waren lehrfähig als Azubi oder gingen in ein Duales Studium.
Oh Wunder und dies mit überwiegend Frontalunterricht, fachübergreifendem Unterricht,Lernpatenschaften sowie einem ,meist engen Kontakt zwischen Lehrern und den Elternhäusern.
Bereits die Grundkenntnisse wurden in den Kitas vermittelt, mit einer anerkannten Erzieherausbildung, welche später im vereinten Deutschland in Frage gestellt wurde.
Es gab Förderunterricht und ein nächstes Wunder, ein Lehrer für ca. 30zig Kinder in einer Klasse.Schwächere Schüler konnten sich an den Leistungsstärkeren orientieren, da man gemeinsam bis zur 10. Klasse in einem Klassenverband lernte.
Natürlich ist seid 2015 ein grosses Problem hinzugekommen, welches
Niemand ignorieren kann und unserer Problem noch mehr erschwert.Aber unsere Probleme im Bildungssystem gab es schon vorher.
Aber manchmal ist ein Besinnen auf Bewährtem nicht ganz verkehrt.
Ich weiss, dass jetzt ein Proteststurm folgt, aber damit kann ich leben.
“Warum konnten zu meiner Schulzeit fast alle Kinder lesen und schreiben ?” Ein Mythos, der sich hartnäckig hält.
Wie die Analphabetenquote in Deutschland zeigt (überproportional Ältere – und beileibe nicht nur Migranten), konnten das keineswegs “fast alle Kinder” – es hat nur damals keiner getestet. Gerne hier nachlesen: https://km.baden-wuerttemberg.de/de/kultur-weiterbildung/weiterbildung/faq-alphabetisierung
Herzliche Grüße
Die Redaktion
Zu unterscheiden ist, ob es sich um primären oder funktionalen Analphabetismus handelt. “Meine” Hilfsschüler konnten fast alle einfache Sätze und Texte lesen und schreiben. Aber vermutlich würden einige von ihnen nach der Schulzeit, als Erwachsene, heute zu den funktionalen Analphabeten zählen, da sie selten oder nie Bücher, Zeitungen/Zeitschriften oder längere Texte lesen im Alltag und so diese erlernte Fähigkeit im Alltag nicht üben und nutzen und dadurch “verlernen”.
https://www.tagesschau.de/faktenfinder/analphabetismus-studie-104.html
Der Umzugskarton mit den alten Schulkladden und Heften (wo seitenweise richtig geschrieben wurde und ohne Taschenrechner Mathe in der Sek I gerechnet wurde, die heute OS-SuS nicht MIT dem Ding hinkriegen) meiner Eltern ist wahrscheinlich auch ein KI-Deepfake.
Aus meiner persönlichen Erfahrung war das so, in der DDR konnten am Ende der ersten Klasse bis auf wenige Einzelfälle alle Kinder lesen, zumindest auf dem Niveau der Fibel. Sie kannten alle Buchstaben in Druck- und Schreibschrift und hatten mindestens eine Deutschstunde pro Schultag. Zahlen dazu kenne ich leider nicht.
In dem Moment, in welchem die Goethe-Universität FFM, an welcher Herr Professor Maaz lehrt und forscht, komplett auf individualisierte Prüfungen im oben beschriebenen Sinne umsteigt, bin ich bereit, mich damit auseinander zu setzen. Bis dahin: Sorry, wieder mal ne neue Sau, die durchs Dorf getrieben wird: ich hab Wichtigeres zu tun.
Warum schauen wir nicht in andere Länder die als Vorbild dienen könnten und machen es dann so wie die. Das wäre erprobt und hätte den Realitätscheck schon bestanden.
“Die Rahmenbedingungen zu verändern, damit das Lernen tatsächlich gelingt”…….
Ja, und daran scheitert das Ganze, die Rahmenbedingungen sind budgetgebunden und werden sicherlich nicht großzügig verbessert werden, gefragt ist dann die Lehrkraft, die diese fehlenden Rahmenbedingungen so kompensieren muss, dass das Lernen tatsächlich gelingt. Aber es gelingt immer weniger, weil die Rahmenbedingungen eher schlechter als besser werden.
Und wieder wird fehlender guter Unterricht bemängelt. Nun, in allen Berufssparten gibt es Lowperformer, aber die Mehrheit der Lehrkräfte versteht ihr Handwerk. Und man kann in einer 30-Schüler-Klasse nun nicht wirklich auf alle individuellen Befindlichkeiten der einzelnen Schüler eingehen, auch bei Prüfungen nicht. Bei einem Schlüssel von 5 Schüler-1 Lehrer würde das vielleicht noch gehen.
Schade eigentlich. Herr Maaz kommt eigentlich aus dem wirklichen Leben und ist nicht, wie viele andere “Experten” nur auf der theoretischen Seite tätig. Und trotzdem hat er diese idealisierten Ansichten, die nachvollziehbar, aber nie unter der kostenfreien und allgemein zugänglichen Bildung (was sehr wichtig ist) zu verwirklichen sind.
Er mag daher kommen – aber wer realitätsbezogen bleibt, macht keine Karriere.
Erst mal die Arbeitszeiterfassung. Ich arbeite nämlich Vollzeit, bekomme aber ein Teilzeitgehalt. Und dann soll ich mir noch neue Prüfungsformen überlegen, die auch nicht aussagekräftiger sind aber viel mehr Arbeitszeit kosten, aber noch muss die ja nicht bezahlt werden.
Es Ist wahrscheinlich zu viel erwartet, wenn man in einem 16seitigen Papier tatsächlich konkrete Vorschläge finden möchte, wie der einleitende Text zum Artikel besagt.
Was mich dann allerdings beruhigt, ist, dass meine Schule zumindest in weiten Teilen den gleichen Anspruch hat und schon immer hatte und wie vermutlich viele andere Schulen ebenso, wie die im Papier formulierten Empfehlungen/Forderungen:
Damit haben wir vermutlich auch eine „überraschend große Schnittmenge“ mit den Zielen des Bürgerrats Bildung. Dass der Bürgerrat mit uns darüber hinaus evtl. weniger Überschneidung hinsichtlich der konkreten Umsetzung (Prüfungskultur, selbstbestimmtes, stark individualisiertes Lernen, keine Noten, „Lernräume“ usw.) der Empfehlungen hat und mehr mit den Verfassern des Papiers, mag unter anderem daran liegen, dass z.B. zwei Verfasser in der Jury des Schulpreises sitzen und damit (aber nicht nur damit) die öffentliche Darstellung und Wahrnehmung von „zeitgemäßer“ Bildung mehr prägen als z.B. eine kleine, in größeren Teilen klassische, aber durchaus erfolgreiche Schule in NRW.
Wir sind auch gerne bereit zu mutigen Entscheidungen, ich persönlich halte aber nicht viel von kollektiver Verantwortungsübernahme („Es geht darum, dass wir alle Verantwortung übernehmen.“), solange nicht klar ist, wer genau welchen Teil der Verantwortung übernimmt, bzw. systembedingt oder natürlicherweise ohnehin schon hat (!) (und damit diesen nicht weiter verteilen kann).
Ist doch ganz klar, wer die Verantwortung übernimmt. Die von außen haben immer leicht reden.
Hab das Dokument gelesen.
Inhaltsleeres geblubber. Keine konkreten Vorschläge für die Praxis, nur Allgemeinplätze.
Dann fang wir einfach mal gleich mit den Führerscheinprüfungen an.
Ich bin Schulleiter einer deutschen Auslandsschule.
Beinahe alle Herausforderungen im Thesenpapier kann ich vollständig unterschreiben.
In einem solchen System zu arbeiten, erscheint mir traumhaft.
Unter den gegebenen Bedingungen, (rechtlich, finanziell, personell) sich einfach selbst aufzumachen, wie etwa in dem Interviewtitel gefordert, ist nicht nur eine absurde Überforderung der einzelnen Schulen, zumal im Angesicht der tradierten Elternerwartungen insbesondere bildungsnaher und einflussreicher Gruppen, sondern auch eine Unmöglichkeit im Zusammenhang mit Curricula und den daran hängenden zentralen Prüfungen.
Den Weg zu beginnen, – wir geben unser Bestes, aber ohne veränderte Rahmenbedingungen aus der KMK bzw. den Ministerien sehe ich nur noch mehr ausgebrannte und frustrierte KuK.
Danke!!
Lernverlaufsdokumentation? Bitte Gott bewahre. Die Bürokratie wäre tödlich.
Ich glaube nicht, dass wir durch Abschaffen von Leistungsüberprüfungen bessere Ergebnisse erzielen. Meine Schüler lernen, weil es eine Prüfung gibt. Die beliebte Frage: Kommt das dran? Darf niemals verneint werden, sonst lehnen sie sich zurück und denken, ja mein mir doch egal dann. Sind etwa die Staaten in Sachen Bildung am erfolgreichsten, wo Prüfungen abgeschafft werden? Wo wenn nicht in Schule sollen Schüler lernen mit Prüfungen umzugehen und das nicht erst am Ende von Klasse 10?!
Regelmäßige Diagnostik und gezielte Hilfe in Kleingruppen, wo notwendig, ja gerne! Das setze ich mit Lemov Teach Like a champion bereits um. Die Schüler sind dankbar und sie arbeiten tatsächlich alle. Kollegen kommen in der Arbeitsphase zu Beginn rein und fragen, ob wir eine Arbeit schreiben, weil es so ruhig ist und alle arbeiten. Wir machen auch regelmäßig Multiple-Choice-Tests, wo alle gleichzeitig mit ihren Fingern die Antwort anzeigen und danach rufe ich auf zum Begründen der Antwort. Und ich rufe einfach auf ohne Melden und lobe Schüler für Fehler, die sie mit den anderen teilen, um daraus zu lernen. Mein Unterricht ist nicht von selbständigem Lernen geprägt, trotzdem gibt es Raum für Förderung und Forderung durch Wahlmöglichkeiten und Diagnose jede einzelne Stunde zu Beginn und am Ende von 45min.
Also das ist wirklich gruselig. Der Herr fordert im Grunde dazu auf, dass man bewusst die Lehrpläne nicht einhält und dass ein Kind selbst entscheiden soll, woraus es Lust hat, wohlwissend, dass es trotzdem am Ende eine Abschlussprüfung geben wird. Bei allem Respekt, sowas geht von einzelnen Schulen oder Lehrern einfach nicht und ist absolut unverantwortlich und am Ende auch anfechtbar.
Die Redaktion hat irgendwann in letzter Zeit mal gefragt, wie es eigentlich sein kann, dass so viele Lehrer hier so ein schlechtes Bild von der Bildungsforschung haben und sich ihr gegenüber so verschließen. Solche Aussagen hier, wie von Herrn Maaz sind es. Er bemängelt zwar die Rahmenbedingungen, die Schulen haben, fordert aber dazu auf, einfach seine genannten Dinge radikal zu ändern, vollkommen ungeachtet dessen, was das für Konsequenzen, auch für die Schüler, hätte.
Es ist ja nun nicht so, als gäbe es in Deutschlands Bildungssystem keinen Reformbedarf – und als könnten Schulen sich nicht bewegen. Es gibt etliche Schulen in Deutschland, die sich auf den Weg machen – und dabei den Rahmen der geltenden Schulgesetze ausschöpfen. Ein Beispiel stellen wir auf der Titelseite von News4teachers gerade vor. Hier der Link zum eingebundenen Video: https://www.youtube.com/watch?v=WBsCBP2zDG4
Herzliche Grüße
Die Redaktion
Den Reformbedarf bestreite ich nicht. Ich bestreite aber, dass es Schulen und Lehrer alleine auf den Weg bringen können. Mir ist kein einziges Beispiel bekannt, wo Lehrer oder Schulen selbst so etwas umsetzen konnten ohne Unterstützung der Kommune und der Bezirksregierungen und allen anderen am Schulsystem Beteiligten.
In dem Video, dass Sie verlinken wird eine Schule gezeigt, die in einen Neubau eingezogen ist, mit einer komplett anderen räumlichen und technischen Ausstattung. Natürlich kann eine Schule dann auch Reformen auf den Weg bringen, aber auch nur dann.
Ich bin nicht gegen Reformen! Aber die Rahmenbedingungen müssen stimmen. Das von Ihnen gezeigte Video aus Beispiel zeigt nun einmal eine Schule mit traumhaften zuständen.
Für die viele andere gilt: Raummangel, Enge, Kälte oder Hitze, keine Funktionierenden Laptops, keine Smartboards usw. usw..
Und unter diesen Bedingungen halte ich die Aussagen des Bildungswissenschaftlers einfach für falsch, da eben nicht jede Schule und jeder Lehrer sich selbst auf den Weg machen kann.
Von “jedem Lehrer” spricht auch keiner. Es geht schon um Schulen. Und davon gibt es einige – nur mal in die Nominierten-Liste des Deutschen Schulpreises schauen: https://www.deutscher-schulpreis.de/presse/deutschlands-beste-schulen-2025-finalisten-des-deutschen-schulpreises-stehen-fest
Oder, um ein Bundesland hervorzuheben, in die Liste der Zukunftsschulen Rheinland-Pfalz: https://schule-der-zukunft.rlp.de/schulen
Es war bei vielen dieser Schulen übrigens nicht so, dass erst die Rahmbenbedingungen gestimmt haben, bevor sie sich auf den Weg gemacht haben. Es war in der Regel umgekehrt: Erst einen Reformprozess einleiten – dann sukzessive die Rahmenbedingungen verbessern. Hier mal ein Beispiel aus einem Brennpunkt: https://www.news4teachers.de/2025/10/gemeinsamer-lern-und-lebensraum-wie-sich-der-ganztag-neu-gestalten-laesst-ohne-neubau-aber-mit-konzept/
Herzliche Grüße
Die Redaktion
Mein Arbeitstag ist schon ohne “mich auf den Weg zu machen” voll. Sieht beim Rest der Kollegen bei uns nicht besser aus.
Wenn es Schulen gibt, an denen sich die Kollegen gerne 24/7 “engagieren”, um der Politik und der Bildungswissenschaft die Kohlen aus dem Feuer zu holen, dann wünsche ich viel Spaß und Erfolg.
Aber immer schön, wenn einem von außen vorgehalten wird, was man so alles machen könnte. Vielleicht einfach mal in den Schuldienst gehen und selber ausprobieren.
Grundsätzlich gebe ich Ihnen recht, aber ihr Beispiel hinkt. Sie haben eine Schule gewählt, die neu erschaffen wurde. Bessere Beispiele sind für mich eher die Ernst-Reuter-Schule von Hrn Pallesche https://www.change-learning.de/blogger/micha-pallesche/ oder die Alemannenschule https://de.wikipedia.org/wiki/Alemannenschule_Wut%C3%B6schingen
Es ist allerdings auch nicht so, dass im Deutschland der letzten Jahrzehnte zu wenig rumprobiert und reformiert wurde, sondern das Gegenteil ist der Fall. Die Experten überschlugen sich gradezu mit neuen Vorschlägen und dauernd wurden weitere Änderungen vorgeschlagen und vorgenommen. Und was hat`s gebracht? Offensichtlich so wenig oder sogar Nachteiliges, dass wieder mal von “Reformbedarf” die Rede ist. Wenn dauernd zum Schlechten reformiert wird, ensteht wegen des Murkses natürlich Reformbedarf am laufenden Band.
“Es ist allerdings auch nicht so, dass im Deutschland der letzten Jahrzehnte zu wenig rumprobiert und reformiert wurde, sondern das Gegenteil ist der Fall.”
Ist das so? Welche schulpolitische Reform der vergangenen Jahrzehnte hat denn wirklich Grundlegendes am deutschen Schulwesen verändert? Das Hin und Her um G8/G9 wohl kaum. Fakt ist: Die Erkenntnisse aus der ersten PISA-Studie 2000 (sic!) wurden praktisch allesamt ignoriert, sodass sich an den Befunden bis heute nichts geändert hat. Gerne hier nachlesen: https://www.news4teachers.de/2024/05/bildungsforscher-ziehen-bilanz-fast-alle-schulpolitischen-massnahmen-seit-dem-ersten-pisa-schock-sind-gescheitert/
Herzliche Grüße
Die Redaktion
Keine, weil das alles kein Geld kosten durfte.
Da haben Sie völlig recht.
“Papierreform” mit maximalem Morallautsprecher – an konkrete , echte, tatsächliche Veränderungen will normalerweise niemand ran.
WENN Pisa, Hattie usw. allerdings so derart valide sind – dann müsste genau das geschehen.
Komisch, die exakt gleichen Leute hätten die Macht, das mit einigen Federstrichen…ach, ich denke wieder zu viel… 😀
Man hat die Kompetenzorientierung eingeführt, die Abiturquote erhöht, man hat das Zwei-Säulen-Modell und zentrale Prüfungen (Klausuren) eingeführt, man hat für Gymnasien und Gesamtschulen einheitliche Lehrpläne beschlossen, man hat es allen Schülern etwas leichter gemacht und den Lehrern etwas schwerer, man hat JÜL eingeführt, man hat Gemeinschafts-schulen gegründet und vorab schon in den Himmel gelobt, die Schulbücher sehen heute auch gänzlich anders aus als vor Jahrzehnten (sogar in Mathematik), man hat Landesinstitute für Schulentwicklung gegründet und eine Schulinspektion eingeführt, bei der die “Individualisierung von Lernprozessen” kontrolliert wird, in NRW gibt’s ein Assessment-Center für Kandidaten für Schulleiterposten, man hat z.T. den Stufenlehrer eingeführt, z.T. hat man eine sozialindizierte Mittelvergabe eingeführt, es gab BiSS, “Lesen macht stark”, “Mathe sicher können” und andere Programme von Bund und Ländern usw. usw.
Und das meiste davon wurde ausdrücklich mit PISA begründet. Nur nachhaltig gewirkt hat wohl nichts. Aber wer hat jetzt die Patentlösung? Bitte melden! Herr Maaz hat sie auch nicht, er bleibt sehr vage in allen seinen Äußerungen — so nach Politikerart. Hat diese “neue Lern- und Prüfungskultur” überhaupt einen wissenschaftlichen Anspruch? Wurde das mal unabhängig überprüft und in einem Schulversuch getestet?
Danke für Ihre ausführliche Antwort. Hinzufügen möchte ich noch die viel diskutierte und beklagte Inklusion, die fürs Schulwesen eine enorme Veränderung brachte.
Mir ist schleierhaft, wie überhaupt gefragt werden kann: “Welche schulpolitische Reform der vergangenen Jahrzehnte hat denn wirklich Grundlegendes am deutschen Schulwesen verändert?”
“Hinzufügen möchte ich noch die viel diskutierte und beklagte Inklusion, die fürs Schulwesen eine enorme Veränderung brachte.”
Welche Veränderung brachte die denn für das deutsche Schulsystem? Es sind noch fast genauso viele Kinder an Förderschulen wie 2009, vor Verabschiedung der UN-Behindertenrechtskonvention. Gerne hier nachlesen: https://www.news4teachers.de/2025/10/inklusion-eine-mogelpackung-zahl-der-foerderschueler-an-regelschulen-steigt-anteil-der-schueler-an-foerderschulen-sinkt-aber-nicht/
Herzliche Grüße
Die Redaktion
Weil es dann nicht mehr so ist, wie es vor 50 Jahren niemals war 😉
Die Veränderung gab’s nicht an den (relativ wenigen) Förderschulen, wohl aber an vielen, vielen anderen Schulen, insbesondere an den Grundschulen. Das war möglicherweise sogar eine der Reformen mit der größten Wirkung (wenngleich anders als erhofft), wurde aber nicht mit PISA begründet. Zur Leistungssteigerung in den großen Tests hat die Inklusion gewiss nichts beigetragen, eher im Gegenteil.
Wie geht denn das – eine Reform, die auf Förderschulen zielt, aber dort gar nicht zu Veränderungen führt? Ist das dann womöglich gar keine Reform, sondern eine Mogelpackung?
Und: Haben die Probleme in der Grundschule tatsächlich mit der Inklusion zu tun (die ja an der Zahl der Förderschüler praktisch nichts geändert hat) – oder nicht vielmehr an einer Veränderung der Schülerschaft (Migration, Digitalisierung, langjähriger Besuch von personell schlecht ausgestatteten Kitas) und der schlechten Besetzung der Schulen (Lehrkräftemangel)? Dann wäre nämlich das Fehlen einer – echten – Reform, die das Bildungssystem an die Herausforderungen der Zeit anpasst, das Problem. Nicht ein zu viel an Reformen.
Gerne hier nachlesen: https://www.news4teachers.de/2025/07/verloren-im-kita-stress-warum-immer-mehr-kinder-schon-ueberfordert-in-der-grundschule-ankommen/
Herzliche Grüße
Die Redaktion
Nochmal: Die von mir weiter oben genannten Reformen zielten allenfalls am Rande auf Förderschulen. Sie haben nicht dort, sondern an den Regelschulen zu massiven Veränderungen geführt. Und alles wurde mit PISA begründet (die Förderschüler haben bei PISA doch gar nicht teilgenommen?). Die Inklusion gehört nicht in diese Reihe, weil die mit der UN-Konvention begründet wurde. Das war sozusagen ein “externer Eingriff”, während die anderen Reformen eine rein deutsche Antwort auf den sog. PISA-Schock waren. International war nichts davon verlangt oder vorgezeichnet worden. Leider war das eben nicht erfolgreich.
Weil die Abiturquote binnen 30 Jahren leicht gestiegen ist (1990: 34,4 %, 2021: 39,8 %), ist das Schulsystem kollabiert?
Wir sehen da deutlich andere Einflussfaktoren, die nichts mit Schulreformen, aber viel mit verpassten Bildungsreformen zu tun haben: ein Kita-System, das auf so viele sehr junge Kinder und den Bildungsauftrag nicht eingestellt ist, ein Schulsystem, das mit Migration überfordert ist (keine Mittel für obligatorische Sprachförderung), Lehrkräftemangel, Digitalisierung (medienüberreizte Kinder und Jugendliche), Corona, psychische Überlastung, Armut…
Herzliche Grüße
Die Redaktion
Vieles steigt nur “leicht”, auch die Migration, die Handynutzung usw., in der Summe hat das eben negative Effekte. Ich sage ja nicht, dass ich eine erschöpfende Aufzählung gegeben hatte. aber ich sehe überall bequeme Ausreden von Funktionären, warum die illusionären Reformen nicht wirkten, die die Funktionäre haben wollten. Schuld sind immer die anderen. Jetzt ist die Kita schuld, demnächst noch das Klima. Aber Wunderdinge hat man sich von de Ganztagsschule versprochen. An die vollmundigen Ankündigungen will jetzt niemand mehr erinnert werden.
Das war die ursprüngliche Behauptung von klm, der Sie meinten, unbedingt widersprechen zu müssen:
“Die Experten überschlugen sich gradezu mit neuen Vorschlägen und dauernd wurden weitere Änderungen vorgeschlagen und vorgenommen. Und was hat`s gebracht?”
Stimmt doch, wenngleich es auch andere Einflüsse gab.
Gerne nochmal gefragt: Welche Änderungen wurden im Schulsystem denn “vorgenommen”, die zur akuten Krise geführt haben? Migration und Handynutzung sind keine Bildungsreformen.
“Aber Wunderdinge hat man sich von de Ganztagsschule versprochen.” Mag sein. Der Ganztag ist nun aber ganz sicher nicht Schuld am Kollaps des Schulsystems.
Herzliche Grüße
Die Redaktion
Nach PISA hat man “verbindliche Bildungsstandards” beschlossen, die Outputorientierung statt der Inputorientierung und die Kompetenzorientierung eingeführt. Was hat das denn nun nach Ihrer Meinung gebracht? Empirisch gar nichts, die Tests zeigen nach unten. Man hat die Einheitsschule diskutiert und als Etappenziel erstmal das Zwei-Säulen-Modell eingeführt. Was hat das empirisch-nachweislich verbessert? Der Bericht der Berlin-Studie im Anschluss auf dieses Zwei-Säulen-Modell hat konstatiert, dass sich jetzt die Risikoschüler schon in der Grundschule als solche entwickeln. Die war noch nie gegliedert. Und man fährt fort in Politikerkreisen, den Ganztag als Allheilmittel zu bezeichnen. Hauptsache, man kann irgendwelche Säue durchs Dorf treiben und so von den Problemen ablenken.
Viele sagen, man hat vor lauter Gerechtigkeits- und Förderstreben den Leistungsgedanken hintan gestellt und es den SuS immer leichter gemacht. Es ist durchaus plausibel, dass das Desaster auch damit zu tun hat. Kinder können ja vor lauter psychischen und anderen Problemen inzwischen gar nicht mehr gefordert werden. Die Larmoyanz nimmt zu. Und dann machen sie es sich eben bequem und spielen entspannt mit ihren digitalen Geräten statt die zum Lernen zu benutzen. Auch bei PISA heißt es, die Leistungsspitze sei immer schmaler geworden. Gleichzeitig werden die “Risikoschüler” kaum weniger, die Migranten holen in der Statistik gegenüber den anderen auch nicht auf. Der Abstand bleibt groß: Siehe die nach unten zeigenden Kurven beim IQB-Bildungstrend.
“Nach PISA hat man ‘verbindliche Bildungsstandards’ beschlossen, die Outputorientierung statt der Inputorientierung und die Kompetenzorientierung eingeführt.”
Gehört auch in die Abteilung “Kosmetik”. Wie man zuletzt an der IQB-Studie gesehen hat, werden die “verbindlichen” Bildungsstandards in Serie gerissen. Konsequenzen? Null – sind also gar nicht verbindlich, sonst müsste den durchgefallenen Schülerinnen und Schüler ja nun nachgeholfen werden. Wird aber nicht. Papier ist eben geduldig (und kostet fast nichts).
Angesichts der sehr realen Probleme im Bildungssystem (Lehrkräftemangel, unqualifizierter Seiteneinstieg, medienüberreizte Kinder und Jugendliche, Kitas, in denen Kinder ganze Arbeitstage verbringen, mit gravierendem Personalmangel, Corona, das exorbitant hohe Niveau psychischer Erkrankungen unter Kinder und Jugendlichen, Migration ohne Mittel zur Sprachförderung …) zu meinen, dass irgendeine Gesamtschule und die Forderung nach mehr Bildungsgerechtigkeit am Systemabsturz schuld sind – ist pure Ideologie.
Das Bildungsaufsteigerland in Deutschland ist – trotz einer urbanen Schülerklientel – Hamburg, das sich binnen zehn Jahren von ganz hinten in allen Rankings nach vorne vorgearbeitet hat. Und zwar mit einem konsequent zweigliedrigen Schulsystem und viel Förderung. Genau darauf kommt es an: Praktisches Tun (und nicht immer nur nach vermeintlich Schuldigen suchen).
Herzliche Grüße
Die Redaktion
Sie wissen doch ganz genau, dass man nach PISA einen “Paradigmenwechsel” ausgerufen hat. Praktisch ALLES sollte anders und besser werden. Wenn nach 20 Jahren negative Folgen festgestellt werden, kann man doch nicht sagen, dieser “Paradigmenwechsel” habe damit nichts zu tun. Klar gibt es immer auch andere, unvorhersehbare Einflüsse (Flüchtlinge, Corona, wirtschaftliche Krisen). Aber es herrscht eine ganz große VERANTWORTUNGSLOSIGKEIT bei den großen Experten, die immer so viele Reformen vorschlagen. Und das geht so weiter, es wurden kürzlich für NRW 248 Vorschläge unterbreitet:
https://www.zeit.de/news/2025-10/06/248-empfehlungen-fuer-mehr-chancengleichheit-an-nrw-schulen
Fazit: an Reformvorschlägen gab es nie einen Mangel, es gibt einen Mangel am Nachweis der tatsächlichen Wirkung. Herr Maaz reiht sich da ein. Wenn seine “neue Lern- und Prüfungskultur” keinen Effekt hat, wird er keine Verantwortung übernehmen und wieder was neues postulieren. Diese Art Bildungswissenschaft hat eben keine Verantwortung. Man reiht Vorschläge an Vorschläge.
“Praktisch ALLES sollte anders und besser werden.”
Wir wissen nicht, wer das versprochen haben soll, sind aber für Quellen dankbar. Die größte und mit Abstand teuerste Bildungsreform seitdem war G8/G9 hin und zurück und hatte erkennbar nichts mit dem PISA-Ergebnissen zu tun. Ansonsten gab es ein paar kosmetiche kleine Neuerungen, die praktisch nichts gekostet haben (Zentralabitur) – und sonst nichts.
Die wesentlichen Befunde von PISA 2000 waren, dass das deutsche Schulsystem insgesamt nur mittelmäßige Ergebnisse hervorbringt und dass selbst auf diesem mittelprächtigen Niveau die Leistungen noch so stark von der Herkunft bestimmt werden wie in kaum einem anderen Industrieland. Daran hat sich seitdem nichts geändert.
“An Reformvorschlägen gab es nie einen Mangel” – stimmt. Sie wurden nur nie umgesetzt.
Herzliche Grüße
Die Redaktion
Was/wer ist denn Schuld am Kollaps des Schulsystems? Die Lehrer?
Nein, männliche Lehrkräfte sind nicht schuld (Scherz).
Seit wie vielen Jahren lesen und kommentieren Sie auf News4teachers? Wie viele kritische Artikel und Kommentare von uns haben Sie in dieser Zeit hier über Bildungspolitik gelesen – und wie viele über Lehrerinnen und Lehrer?
Ihre Fragen verbuchen wir mal als rhetorisch.
Herzliche Grüße
Die Redaktion
Aber das liegt doch v.a. auch daran, dass gewisse Reformprozesse, die angestoßen wurden und eine entsprechende Lauf- und Entwicklungszeit benötigt hätten zumeist nach kurzer Dauer wieder eingestellt, erweitert, verändert oder mit noch weniger Mitteln unterstützt wurden.
Bsp: Das “Traingsraumprogramm” von Ed Ford (“responsible thinking programm) – hier in Deutschland von Dr. Stefan Balke (damals Uni Bielefeld) ans Deutsche Schulsystem angepasst: Ich war maßgeblich und von schulischer Seite als Projektleiter an der Ausgestaltung der Pilotphase 1996 / 1997 beteiligt.
Nach dem ersten Jahr wurden uns als bundesweiter Pilotschule jegliche Mittel zur Umsetzung gestrichen – ab da hieß es seitens Gabi Behler (SPD – damals KuMi in NRW) , dass gute Ergebnisse keine finanziellen Mittel freisetzen und wir das Programm natürlich weiterführen ‘dürften’ – aber dann bitte mit bordeigenen Mitteln. Die ‘Erlaubnis zur Weiterführung’ war die maximale Unterstützung, zu der man sich imstande sah.
Die Weiterarbeit daran und damit lief ab dem Moment unter zusätzlichem Einsatz der KuK, die das Programm weiterbetreiben wollten … die vielen Schulen bundesweit, an denen u.a. ich in den Nachfolgejahren die Implementation dieses Konzeptes vorgenommen und langfristig durch Beratung unterstützt habe, haben von Oben exakt die gleiche Variante angeboten bekommen – wird erlaubt – aber nicht supportet.
So wird das nix!
„- und dabei den Rahmen der geltenden Schulgesetze ausschöpfen.“
Das klingt ja so, als wären geltende Schulgesetze eher ein Hindernis. Daran schließt sich die Frage an, wer sich (zuerst) bewegen muss, schon um Reibungsverluste zu vermeiden.
Es ist ja nun nicht so, als gäbe es in Deutschlands Bildungssystem keine…
– Gesetze
– Verordnungen
– ZWINGEND VERBINDLICHE Dienstanweisungen
– ADO usw. usf.
– Strafen dafür, dagegen zu verstossen
Die (ja klar formulierte) Forderung, dagegen “einfach mal” zu verstossen wird von erfahrenem Personal natürlich als das eingeordnet was sie ist – gg. Berufsanfängern, Referendaren usw. finde ich das aber wirklich eine ungute Kommunikation.
Reformbedarf – klar, wird wohl kaum wer anders sehen.
Eigenartig, dass von den Praktikern hier im Forum niemand Prof. Maaz gerne zustimmen möchte – das liegt wohl am mangelnden neopädagogischen Elan unflexibler, überbezahlter Unterrichtsbeamter, die sich Jahr für Jahr abmühen, ein wenig Bildung zu vermitteln, genau wie ich.
Auch die angesprochenen Portfolios bzw Lerntagebücher kann eine KI erzeugen.
Das Problem ist ja auch, es wurde in den letzten Jahren und Jahrzehnten sehr viel (mehr) Geld ins Bildungswesen geschaufelt, aber vor allem und in erster Linie für bessere Lehrergehälter, weil man hoffte, dadurch den Lehrermangel zu beseitigen. Davon profitierten allerdings vor allem die bereits vorhandenen Lehrer. Der Lehrerberuf hat an Attraktivität nur wenig gewonnen, nur wenn man halt auf viel Geld und Beamtenprivilegien setzt. Der Lehrermangel ist also im Wesentlichen geblieben. So wurde sehr viel Zeit und Geld verplempert.
“Personalkosten machten etwa 60 Prozent des Bildungsbudgets aus, der Rest verteilte sich auf laufende Verwaltungs- und Materialkosten (25 Prozent) und Investitionen wie Schulbau (10 Prozent) sowie Sozialprogramme wie kostenloses Schulessen und kostenloses BVG-Ticket (5 Prozent). Einen simplen Zusammenhang „mehr Geld gleich bessere Ergebnisse“ gibt es nicht. … Sachsen gibt – nach vorläufigen Länderdaten und Medienauswertungen – seit Jahren deutlich weniger pro Kopf aus als Berlin, erreicht aber durchweg höhere Kompetenzniveaus in den bundesweiten Vergleichsstudien.”
Berlin ist ein typisches Beispiel. Ja, nicht nur mehr Geld für die Lehrer. Auch Millionen für Dienstlaptops, kostenfreies Schulessen, kostenlose Beförderung im Nahverkehr. Die schulischen Leistungen hat das aber nicht beeinflusst und um die geht es doch!
“Ein Beispiel: Seit 2019 ist das Schulessen in den Klassen 1 bis 6 beitragsfrei. Das Abgeordnetenhaus verankerte die Kostenfreiheit gesetzlich, die Senatsverwaltung investierte in neuere Qualitätsstandards wie etwa in Bio-Essen. Finanzpolitisch ist das Programm groß: In der aktuellen Haushaltsdebatte ist von 200 Millionen Euro pro Jahr die Rede. Dass die Politik bis heute über die Sinnhaftigkeit dieser Maßnahmen streitet, zeigt: Es ist ein teurer Posten, dessen pädagogische Rendite nicht automatisch gesetzt ist ...
Noch eine große Pauschale: Das kostenlose BVG‑Schülerticket (Berlin AB) für alle Berliner Schülerinnen und Schüler gibt es seit August 2019, auch ein Geschenk der SPD. Offiziell beworben, politisch gewollt und im Alltag spürbar. Die jährlichen Ausgleichszahlungen des Landes lägen laut rbb‑Berichten zuletzt bei rund 60 Millionen Euro. Das Ticket macht Wege günstiger – es erhöht aber nicht die Unterrichtsqualität. Es ist ein nettes Extra, aber ohne gute Lernerfolge von Berliner Schülern quasi wertlos. Berlin hat das Mittagessen, das BVG-Ticket, die Hort- und Kita-Betreuung für alle kostenfrei gemacht, aber „nur“ 25 Prozent der Schüler sind arm oder armutsgefährdet, d.h. für 75 Prozent der Berliner Schüler waren die Geschenke nicht nötig.”
https://www.berliner-zeitung.de/politik-gesellschaft/heilige-kuh-bildung-berlin-zahlt-zu-viel-und-lernt-zu-wenig-wie-die-stadt-ihre-zukunft-verspielt-li.
Sie betrachten lediglich die absolute Höhe der Besoldung, vergleichen aber nicht mit der Inflation und dem inflationsbereinigtem Reallohn. Dann würde Ihre Aussage ganz anders aussehen.
Berlin hat für 2025 nach Zufluss der Nehmergelder einen Landeshaushalt von ca. 40,5 Mrd für 3,9 Mio Einwohner. Damit kann man schon mehr anfangen als z.B. Baden Württemberg, wo nach Abfluss der Geberzahlungen noch ca. 67 Mrd für ca. 11,2 Mio Einwohner bleiben oder Bayern mit ca. 76 Mrd auf ca. 13,2 Mio EW.
Ob Verbeamtung kurzfristig teurer ist als Anstellung, kann ich nicht definitiv beurteilen, dass Grundlehrer teils besser bezahlt werden (A13), stimmt natürlich. Aber man darf die Frage stellen, wenn dadurch der Mangel nicht behoben wurde, ob er sich dadurch wenigstens nicht verschlimmert hat. Ansonsten waren die Lohnerhöhungen für Lehrer sehr überschaubar.
Und 60% Personalkosten gibt es z.B. auch im Gesundheitswesen.
Bei den anderen Beispielen, die Sie nennen, würde ich tendenziell zustimmen, dass dadurch Bildungsqualität nicht verbessert wird.
Welchen konkret umsetzbaren Vorschlag soll ich da jetzt herauslesen? Wieder nur leeres Blabla aus dem Elfenbeinturm.
Mein konkreter Vorschlag: Jeder Didaktiker/Bildungsforscher, der sich mit Schule beschäftigt, egal ob Postdoc, Dozent oder Professor, muss alle fünf Jahre ein Schuljahr an einer Gesamt- oder Oberschule unterrichten. Das könnte vielleicht der Verschleuderung von Steuergeldern nachhaltig entgegenwirken. Luftschlösser kann ich mir im Sommerurlaub auch selbst zusammenträumen.
Sehe ich auch so.
Und zwar normale Klassen/Kurse unter normalen Bedingungen vor Ort.
Ich würde es feiern. 😀
Nö. Ich halte die schwierigsten Kurse oder Klassen für viel zielführender. Da Universitäten meist in Großstädten liegen, gibt es dort auch Brennpunkthauptschulen für die Sek I-Forscher und -gesamtschulen für die Sek II-Forscher, wobei die Leistungskurse den Fachlehrern vorbehalten bleiben sollen. Bei einem die Sek I und Sek II betreffenden Forschungsgebiet werden die Sek II-Forscher auch in Grundkursen der beiden Bereiche eingesetzt.
Ich prognostiziere spätestens binnen eines Quartals eine drastisch reduzierte und an der realen Umsetzung orientierte Forschungsanlage.
Auf Seite 9 der Empfehlungen steht:
“In den institutionellen Angeboten der frühen Bildung liegt der zentrale Ort für die Vermittlung von Vorläuferkompetenzen. Wenn es nicht gelingt, bis zur Einschulung auf die Ausprägung einer grundlegenden Kompetenzbasis hinzuarbeiten, ist Schule größtenteils nicht in der Lage, die bereits entstandenen Unterschiede zwischen den sozialen Herkunftsgruppen zu schließen.”
Wenn es stimmt, dass die Schule größtenteils nicht in der Lage dazu ist, frage ich mal, warum man so viele Schulreformen durchgeführt hat und weiter postuliert? Und wieso soll eine “neue Lern- und Prüfungskultur” nun plötzlich die herkunftsbedingten Unterschiede ausgleichen? War jemals von “Vorläuferkompetenzen” die Rede? Und die entstehen dann wie von Zauberhand durch eine Digitalisierung der Kitas? Wer soll das glauben?
Sehr interessante Überlegung.
Vielleicht macht es aber auch Sinn, die Inhalte zu überdenken?
https://shop.tredition.com/booktitle/Bildung_neu_denken/W-484-820-323
Prüfungen sollen dem Lernen dienen?
Wie bitte soll die Abiturprüfung dem Lernen dienen?
Prüfungen dienen, wie der Name schon sagt, der Überprüfung des Gelernten.
Meine These: Ohne aktive Lehrkräfte aus verschiedenen Schulformen sind Expertengruppen, die Vorschläge für eine veränderte Lern- und Prüfungskultur erarbeiten, nicht komplett.
Mehrfach ist von der “Befähigung” des Lehrpersonals zu lesen, die Voraussetzung sei, die Vorschläge umzusetzten. Hat die Expertengruppe erörtert, ob – und wenn ja – wie die “Befähigung” des Lehrpersonals (ca. 1.700.000 Personen) erfolgen soll?
Für mich als aktiver Lehrer erscheint diese Frage viel zu wichtig zu sein, als dass sie unbeantwortet bleibt.
Zeugnis erst ab Klasse 9? Habe ich das richtig verstanden?
Offenbar gibt es Bestrebungen, die derzeitige Leistungsschwäche des Durchschnitts noch zu unterbieten.
Vielleicht kann man den Schülern ja auch Cannabis geben, damit der Untericht Spaß macht, ist jetzt ja legalisiert: Ironie aus
Was passiert vor allem dann, wenn dieses erste Zeugnis in Klasse 9 schlecht ausfallen sollte, weil man vorher nie auf dem Schirm hatte, wie man leistungstechnisch wirklich steht?
Ist doch cool:
Acht Schuljahre lang rumdödeln und massive Lücken bekommen, sich aber wegen des positiven Feedbacks gut fühlen. Im neunten Schuljahr zeigen die Noten dann, dass es leider nichtmal für den Hauptschulabschluss reicht und man kann von der Schule gehen.
Wirklich schlimm wird es erst, wenn man bedenkt, dass es dem eigenen Kind auch so ergehen könnte.
Zitat: “Der große Vorteil ist: Solche Instrumente können selbst kleine Lernfortschritte sichtbar machen, die in Noten gar nicht erfasst werden. Ein Beispiel: Ein Kind schreibt in der Grundschule ein Diktat mit 50 Fehlern und bekommt eine Fünf. Im nächsten Diktat macht es „nur“ noch 25 Fehler – und bekommt wieder eine Fünf. Formal heißt das: kein Lernfortschritt. In Wirklichkeit hat sich die Fehlerzahl aber halbiert – ein enormer Fortschritt, der im bisherigen System unsichtbar bleibt. Mit einer guten Lernverlaufsdiagnostik werden auch solche Zwischenschritte sichtbar.”
Ich bin kein Lehrer, aber 25 Fehler in einem Diktat finde ich immer noch viel zu heftig, als dass ich hier von einem Fortschritt reden würde. Zumal ich Kinder kenne, die eine Arbeit später dann plötzlich wieder doppelt so viele Fehler machten und mit Glück mal einen Zufallstreffer landeten.
Ich behaupte außerdem, dass die Lehrkräfte die Lernfortschritte ihrer Schülerinnen und Schüler durchaus auf dem Schirm haben.