“Physikunterricht muss Geschichten erzählen“:  Wie Gamification die MINT-Fächer beleben kann – ein Interview

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KÖLN. „Physics keeps me flying“ – dieses Motto hat Professor Dr. André Bresges, Physiker und Physik-Didaktiker an der Universität Köln, über sein Linkedin-Profil geschrieben. Ihn treibt die Frage um, wie mehr junge Menschen (so wie ihn selbst) für die MINT-Fächer begeistert werden können. Ein Gespräch über Gamification, Storytelling und die Zukunft des Physikunterrichts.

Keeps me flying. Illustration: Shutterstock

News4teachers: Herr Professor Bresges, Sie schreiben auf Ihrem LinkedIn-Profil: „Physics keeps me flying.“ Wenn man sich die Ergebnisse der jüngsten IQB-Studie anschaut, scheint das für viele Schülerinnen und Schüler leider nicht zu gelten. Begeisterung für Physik ist selten geworden, oder?

André Bresges: Ja, das stimmt. Mein Satz ist ein verschlüsselter Hinweis darauf, wie ich überhaupt zur Physik gekommen bin – und warum sie mich bis heute trägt. Ich habe die Prinzipien der Physik in der Praxis verstanden, auf See und in der Luft. Ich bin klassischer Nautiker. Während meiner Wehrdienstzeit fuhr ich auf einem Schnellboot auf der Ostsee.

Einmal kam es fast zu einem schweren Unfall: Wir fuhren mit zu hoher Geschwindigkeit, die Wellenlänge war zu kurz – das Boot tauchte ein, grünes Wasser vor dem Steuerstand, das Schnellboot drückte sich selbst unter Wasser. In dem Moment wurde mir klar: Diese physikalischen Begriffe aus dem Unterricht – Wellenlänge, Kräfte, Momente – waren plötzlich lebenswichtig. Wir mussten schnell handeln, um das Leben der Besatzung zu retten. Da habe ich verstanden, was Physik eigentlich bedeutet.

News4teachers: Das war der Moment, in dem Sie die Relevanz von Physik erkannt haben?

Bresges: Genau. Physik ist spannend und überlebensrelevant – aber schlechter Physikunterricht schafft es nicht, das Spannende und das Relevante zusammenzuführen. Die Frage „Was hat das mit meinem Leben zu tun?“ stellen Schülerinnen und Schüler völlig zurecht. Wenn wir diese Brücke nicht schlagen, verlieren wir sie. Das ist der Kern meiner Arbeit – the story of my life.

Zukunft erkunden: TouchTomorrow-Explore

Prof. André Bresges gibt Anregungen, den MINT-Unterricht spielerischer und spannender zu gestalten.

Da trifft es sich gut, dass die gemeinnützige Dr. Hans Riegel-Stiftung ihr Bildungsangebot um eine digitale Komponente erweitert hat: Die neue App „TouchTomorrow-Explore“ ermöglicht es Jugendlichen ab sofort, einen virtuellen Themenpark zu Zukunftstechnologien zu erkunden – kostenlos und ortsunabhängig. Das Besondere daran: Mit 3D-Modellen, kurzen Info-Videos und interaktiven Quizfragen können Schülerinnen und Schüler spielerisch in die Zukunftsthemen Mobilität und Robotik eintauchen.

Weitere Infos und kostenloser App-Download: www.touchtomorrow-explore.de

News4teachers: Ich oute mich mal: Ich gehöre zu der Schülergruppe, die nie verstanden hat, was diese Formeln sollen. Um mehr junge Menschen für Physik zu begeistern, spielt Anschauung sicher eine große Rolle, oder?

Bresges: Absolut. Ich erzähle das gerne so: Stellen Sie sich einen erfahrenen Kapitän auf der Brücke vor, der das Muster der Wellen lesen kann. Er sieht etwas, was andere nicht sehen, und bringt sein Schiff sicher in den Hafen. Das ist eine Geschichte – und genau solche Geschichten können wir erzählen, um Physik zu vermitteln. Digitale Medien sind dafür ideal, weil sie Brücken schlagen: zwischen Menschen, die eine Geschichte erlebt haben, und jenen, die daraus etwas lernen können. Geschichten schaffen Muster, die sich im Gedächtnis verankern. Seit Jahrtausenden vermitteln Menschen so Wissen – am Lagerfeuer, heute digital.

News4teachers: Der klassische Physikunterricht ist ja nun alles andere als geschichtenreich.

Bresges: Ja, das stimmt leider oft. Der Physikunterricht, wie wir ihn heute noch oft erleben, stammt aus einer Zeit, in der Effizienz wichtiger war als Verständnis. In den 1940er-Jahren, während der Kriegsforschung, ging es um Ergebnisse, nicht um Erkenntnis. Hilfskräfte, die in den Laboren arbeiteten, bekamen einfache Versuchsanleitungen – „Kochrezepte“. Daher stammt auch der Begriff „Kochrezept-Experiment“. Diese Arbeitsweise war effizient, aber sie entmenschlichte das Lernen. Viele, die in dieser Zeit auf beiden Seiten des Atlantiks Physik gelernt hatten, gaben das so weiter– über Generationen hinweg. So wurde Physik zur effizienten Messdisziplin. Effizienz ist aber gerade eben nicht das gleiche wie Kreativität und Innovationsgeist. Deshalb müssen wir jetzt dieses Erbe korrigieren. Wir brauchen wieder Geschichten mit Herausforderungen die angegangen werden müssen – nicht Rezepte, die man stumpf abarbeitet.

“Spielen ist eine der ältesten und wirkungsvollsten Lernformen der Menschheit. Wir spielen, um Handlungswissen zu erwerben”

News4teachers: Was dann zum Stichwort Gamification führt, oder?

Bresges: Ganz genau. Jedes gute Spiel erzählt eine Geschichte. Aber viele Lehrkräfte zucken bei dem Wort „Spiel“ zusammen – sie denken an die Gamescom, an Jugendliche, die die Nacht durchzocken. Dabei ist Spielen eine der ältesten und wirkungsvollsten Lernformen der Menschheit. Wir spielen, um Handlungswissen zu erwerben. Kinder spielen „Verstecken“, weil das einst überlebenswichtig war. Die Spieleindustrie hat diesen Lernmechanismus gekapert – um Aufmerksamkeit zu verkaufen. Wir Didaktiker müssen ihn zurückerobern, um ihn in den Dienst der Wissenschaft zu stellen. Das ist Gamification.

News4teachers: Haben Sie dafür konkrete Beispiele?

Bresges: Ja. Wir entwickeln an unserer ökologischen Rheinstation in Köln – einem Schiff der Universität, das vor allem vom Zoologischen Institut genutzt wird – Lernspiele. Dann wird das Schiff zu einem Escape Room umgebaut, betreut von Studierenden, unterstützt von einer KI. Ich selbst trete darin als „Non-Player Character“ auf – als alter Kapitän, der Stöcke schnitzt. Die Schülerinnen und Schüler müssen dann zum Beispiel die Strömung des Rheins messen und erinnern sich: Der alte Captain schnitzt Stöcke – vielleicht kann man die ins Wasser werfen, um die Geschwindigkeit zu messen. So entdecken sie physikalische Prinzipien spielerisch.

News4teachers: Also kein Lernen nur am Bildschirm?

Bresges: Auf gar keinen Fall! Physik ist die Lehre von der Physis – von den realen Dingen. Ein Physikunterricht, der sich nur in der virtuellen Welt abspielt, ist keiner. Wir müssen lernen, die Welt als System zu verstehen, nach ihren Regeln. Und wenn es – wie manche behaupten – eine Simulation ist, dann müssen wir die Spielregeln dieser Simulation begreifen. Insofern ist Gamification ein hervorragendes Lehrmodell.

News4teachers: Sie haben auch von Scrum gesprochen – das klingt zunächst nach Softwareentwicklung.

Bresges: Stimmt. Aber Scrum ist im Kern ein Organisationsprinzip, das auf Teamarbeit beruht – und damit perfekt zu Schule passt. Ich habe mein Institut komplett auf Scrum umgestellt. Auch in der Schule funktioniert das: Schülerinnen und Schüler planen ihre Experimente in Sprints, schätzen den Aufwand, setzen sich Ziele, reflektieren Ergebnisse – genau wie Entwicklerteams. Lehrerinnen und Lehrer sind dabei die „Non-Player Characters“ – sie helfen, wenn man sie fragt. Das Ganze wird gamifiziert: Für erfolgreich abgeschlossene Quests gibt es Punkte, die Grundlage für eine faire Bewertung sein können. So entsteht Motivation aus dem Spiel heraus.

“Wir übernehmen das, was im Spiel funktioniert, in den Unterricht – und umgekehrt”

News4teachers: Das heißt, Sie übertragen Prinzipien aus Spielen auf den Unterricht?

Bresges: Genau. Ich arbeite an einer Konvergenz. Wir übernehmen das, was im Spiel funktioniert, in den Unterricht – und umgekehrt. Das Ziel ist, Lernprozesse menschengerecht zu gestalten.

News4teachers: Welche Rolle spielt dabei das Team?

Bresges: Eine zentrale. Wir leben in einer Zeit der Unsicherheit – politisch, ökologisch, sozial. Der US-Softwareentwickler Jeff Sutherland, der Scrum entwickelt hat, sagt: Diese Unsicherheit ist kein neues Phänomen, sondern der Normalzustand menschlicher Existenz. Der Mensch ist evolutionär darauf vorbereitet, in unsicheren Situationen zu bestehen – aber nur in Gruppen. Teams sind der Schlüssel. Lernen in Gruppen ist zutiefst menschlich. Kinder, die sagen „So will ich nicht lernen“, spüren, dass Schule ihnen oft keine Antworten auf ihre Zukunftsfragen gibt. Sie suchen sie dann in Social Media – und landen bei Leuten mit einfachen Antworten. Das ist gefährlich. Schule muss wieder ein Ort werden, an dem Teamarbeit und gemeinsames Lernen selbstverständlich sind.

News4teachers: Das erinnert an John Hattie, der zu viel Individualisierung im Unterricht kritisiert. Bei Ihnen klingt eine Lösung an: Gruppenarbeit, die individuelle Stärken nutzt und zugleich soziales Lernen ermöglicht.

Bresges: Exakt. Das ist mein Punkt. Schule kann das – sie bringt Menschen unterschiedlicher Herkunft zusammen und ermöglicht es, gemeinsam etwas zu schaffen. Kinder lernen, Verantwortung zu übernehmen, den Kompass einer Gruppe mitzubestimmen – und später auch Gruppen zu wechseln. Das ist Selbstverwirklichung in sozialer Verantwortung.

News4teachers: Wenn eine Physiklehrkraft das liest – was kann sie konkret tun?

Bresges: Ich empfehle einen Blick auf EduScrum. Das ist die Adaption von Scrum für Schulen. Man muss nichts neu erfinden, kein Geld in teure Geräte stecken. Es reicht, mit dem zu arbeiten, was da ist – und es zu gamifizieren. Wichtig ist: Produkte statt Noten. Wenn Gruppen erfolgreich arbeiten, bekommen alle Punkte für das Lernprodukt. Das stärkt den Zusammenhalt und belohnt Kooperation. Schülerinnen und Schüler, die mitdenken und Verantwortung übernehmen, werden automatisch die erfolgreichsten sein – nicht, weil sie schlaue Einzelgänger sind  sind, sondern weil sie jede Gruppe, in der sie mitarbeiten, besser machen.

News4teachers: Das lässt sich also schon heute in der Schule umsetzen?

Bresges: Ja. Gamification ist keine Frage der Technik, sondern der Haltung. Lehrkräfte sollten lernen, Geschichten zu erzählen, Gruppenarbeit zu fördern und die spielerischen Mechanismen des Lernens zu nutzen. Das ist die Zukunft des Unterrichts. News4teachers / Andrej Priboschek führte das Interview

Hier geht es zu allen Beiträgen des Themenmonats “Digital lehren und lernen”.

News4teachers bleibt auf Rekordkurs – über zwei Millionen Leser*innen im dritten Monat in Folge

 

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Mr X
4 Tage zuvor

Gibt’s das fertig?
Dann her damityixh probiere es gerne aus.
Aber ich nehme an alle Lehrer sollen das mal Bern nebenbei entwickeln. Wegen Haltung und so…

Mr X
4 Tage zuvor

Ich versuche es nochmal ohne Hand Tippfehler. Sorry…

Gibt’s das fertig?
Dann her damit.

Wo kann man das kaufen? Ich probiere es sehr gerne aus.

Und gibts das auch lehrplankonform? Was will ich mit geschnitzten Stöcken im Wasser? Welche Erkenntnisse gewinne ich daraus?

Oder sollen das alle Lehrkräfte mal eben nebenbei entwickeln. Wegen Haltung und so…

Küstenfuchs
4 Tage zuvor
Antwortet  Mr X

Das ist doch genau der Punkt. Wenn ich meine Arbeitszeit ernst nehme und ich mithilfe von Exceltabelle und Zeitansätzen nachrechne, habe ich für eine Physikstunde in der Mittelstufe etwa 8 Minuten und in der Oberstufe 10 Minuten Vorbereitungszeit.

Der Herr Professor soll nicht klug schnacken, er soll uns ein fertiges und funktionierendes Konzept liefern. Alles, was nicht alltagstauglich ist und massenhaft an Vorbereitungszeit benötigt, ist völlig nutzloses Gesabbel.

Mr X
4 Tage zuvor
Antwortet  Mr X

Außerdem: Wer schreibt die Gefährdungsbeurteilung fürs Schnitzen?

Bekomme ich Rettungsschwimmer für die Experimente am Fluss mit offensichtlich ordentlicher Strömungsgeschwindigkeit?

Es gibt viele tolle Ideen.
Es fehlen nur wie immer die Ressourcen Geld und Zeit. Dazu kommen dann noch rechtliche Hürden.

Unfassbar
4 Tage zuvor

Funktioniert das auch noch, wenn der Effekt des Neuen vorbei ist?

Zum Glück sind (in NRW) Formeln aus dem Physikunterricht weitgehend verschwunden worden. Dafür durften im Abitur Leserbriefe geschrieben werden.

Die Balkon
4 Tage zuvor
Antwortet  Unfassbar

Physik ohne Formeln ist ein bundesweites Phänomen. Mathe ohne Rechnen ist als nächstes dran.

Katze
4 Tage zuvor
Antwortet  Unfassbar

Effekt des Neuen Normal??
Erst durfte man in NRW Leserbriefe zu Röntgenuntersuchungen schreiben, und in Sachsen wurden wir 2025 nun endlich auch mit den “illustrierten” IQB-Supi-Aufgaben beglückt – materialgestützt wie ein Comic-Heft und zunehmend formel- und berechnungsbereinigt.
Wer da noch von Gamification träumt, hat den Endscreen übersehen: REAL-MINT ist schon GAME OVER.

Sporack
4 Tage zuvor
Antwortet  Unfassbar

Wie , dann kann man dem hier jetzt garnicht mehr folgen?

Original aus Newsgroups: de.rec.tiere.hunde
Subject: Re: Hilfe gegen Leinenruck
Date: Sun, 01 Mar 2009 21:15:59 +0100

Abgelegt in de.alt.netdigest : 03.03.2009, 15:08:39

============ZITAT-ANFANG======================

>> Die Methode “Leinenruck” ist klar definiert.
> Ist sie nicht.
> Allerdings ist das Woertchen “Ruck” durchaus definiert ;-).

Um die Definition für den geneigten Leser nachzureichen,
entnommen meiner Vorlesungsmitschrift (eher meiner eigenen
Randnotiz zur Mitschrift) in Geophysik zur Seismik & Seismologie:

Am Anfang war der Ort und die Zeit.
Dann kann die Geschwindigkeit, als erste Ableitung
des Ortes nach der Zeit.
Daraufhin gesellte sich die Beschleunigung als
zweite Ableitung des Ortes nach der Zeit dazu.
Und urplötzlich tauchte der Ruck aus der dritten
Ableitung des Ortes nach der Zeit auf.

Oder ganz formal:
Ist x der Ort und t die Zeit, dann heißt
v=dx/dt Geschwindigkeit
a=v’= (d^2)x / d(t^2) Beschleunigung
j=a’=v”=(d^3)x / d(t^3) Ruck

Anmerkung: Dabei sind die Klammerungen
nur zur besseren Abgrenzungen im Text
gesetzt. Eigentlich lässt man sie schön weg.

Dabei lese man unmathematisch (x^y) als:
x steht normal in der Textzeile und y steht irgendwie etwas höher

=============ZITAT-ENDE=====================

dickebank
4 Tage zuvor
Antwortet  Unfassbar

Ich fand es auch immer verstörend die drei Ohm’schen Formeln auswendig lernen zu müssen. Kann sich doch eh nur merken, wer aus einem Schweizer Kanton entstammt.

Hans Malz
3 Tage zuvor
Antwortet  dickebank

Warum auswendig lernen? Es gibt doch das Formeldreieck. Kennen die übrigens schon von der Prozentrechnung.

potschemutschka
4 Tage zuvor

Zum Artikelbild fällt mir eine Frage ein: Sind dann Weltraum-Games auch mit Explosionsgeräuschen und Feuerschweif … unterlegt, wie man es aus Kino- und Fernsehfilmen kennt, wenn Raumschiffe z. B. Asteroiden zerstören, die die Erde bedrohen?
Solche Filme vermitteln doch auch schon “Physik-Kenntnisse” 🙂

Kleopas
4 Tage zuvor
Antwortet  potschemutschka

Perry Rhodan lässt grüßen!

Sporack
3 Tage zuvor
Antwortet  Kleopas

Und mit Arkoniden Atlan gibt es auch Geschichtsunterricht.
Meine damalige Latein Lehrerin bat um Ausleihe des dicken “Römer”-Buches, was ich irgendwann auf dem Flur sitzend gelesen hatte 🙂
Nutzte sie dann für ein Paper … mal sehen ob ich ihre Artikel-Veröffentlichung über die neuen Formen der Geschichsbildung in meinem Bücherschrank wieder finde.

Sporack
2 Tage zuvor
Antwortet  Sporack

Tatsächlich habe ich das Heft der Reihe mit ihrem Artikel noch, fein säuberlich zwischen den Atlan-Büchern gesteckt, gefunden.

“Geschichte in Wissenschaft und Unterricht”, Heft 7/8, Juli/August 1996, Jahrgang 47, Erhard Friedrich Verlag in Zus.arb. mit Ernst Klett Schulbuchverlag
dort ihr (= Dr. Freya Stephan Kühn) Artikel “Aber wir wollen dann schon sehen” (Seiten 452 bis 465)
im Abschnitt “Die Antike im Paradigma von Science-Fiction und Fantasy” (Seiten 463 bis 464):
===============
“[…]
Man wird dies ernstnehmen müssen. Als Lehrerinnen und Lehrer sind wir manchmal zu leicht geneigt, die Beteiligung der Kleinen im Sachunterricht der Grundschule oder im ersten Jahr des Geschichtsunterrichts mit tief verwurzeltem Interesse zu verwechsel. Andererseits spielt die Antike in der außerschulischen Lektüre der Jugendlichen durchaus eine Rolle, wenn auch nicht im Bereich des Jugendbuches. So erlebt die Perry-Rhodan-Serie der 60er und 70er Jahre heute in Sammelbänden eine Renaissance und wird in großem Umfang von Jugendlichen rezipiert. Hier erscheint die Alte Geschichte in einer ganz seltsamen Brechung:[38]

Stadt und Umland waren zu einem Heerlager geworden. Die Spione und die Händlerkarawanen auf der Königsstraße hatten berichtet, daß auch Darius sein Heer zusammenfaßte und wohl nach Noden ziehen würde, den Makedonen entgegen. Wir ritten zur Seite und warteten. Auf den Feldern arbeiteten Bauern und ihre Sklaven. Ein Stadion, hundertneunzig große Schritte, trennten uns von der Gruppe um Alexander. Bisher hatten wir ihn undeutlich auf Bildschirmen gesehen. Er löste sich aus dem Keil seiner Begleiter und ritt in hartem Galopp auf uns zu. Dicht vor uns parierte er seinen Bukephalos, ein ungewöhnlich großes Tier.
Ich erschrak, von Erinnerungen gepeinigt. Weißblondes, lockiges Haar! Ein scharf geschnittenes Gesicht, das keine Ähnlichkeit mit den Gesichtern der Barbaren hatte … Ich blickte in große braune Augen … der Logiksektor wisperte: Er kann es nicht ahnen, daß er – wenn auch mit sehr geringer Wahrscheinlichkeit! – einige deiner Erbanlagen trägt …

Hier wird die Alte Geschichte zum Versatzstück der Science-Fiction- bzw. der Fantasy-Literatur mit Bildschirmen und Logiksektoren. (Der Held der Geschichte gibt übrigens wenig später Alexander den Tip, was er mit dem gordischen Knoten tun soll.)
[…]

[38] Hans Kneifel: Perry Rhodan – Altan: Wolken des Todes, Moewig-Verlag, Rastatt, 1995, S.297f.
====================

Sporack
4 Tage zuvor
Antwortet  potschemutschka

… alles ist Schall und Rauch ?

potschemutschka
3 Tage zuvor
Antwortet  Sporack

🙂

dickebank
3 Tage zuvor
Antwortet  Sporack

Aber ist das nicht eher Deutschunterricht?

potschemutschka
3 Tage zuvor
Antwortet  dickebank

Goethe ist doch so was von out.

dickebank
2 Tage zuvor
Antwortet  potschemutschka

Fuck you Goethe – eben

Marion
1 Tag zuvor
Antwortet  dickebank

Das heißt Fack ju Göhte.
Jetzt muss ich den faul…..äh, Lehrern, auch noch Rechtschreibung beibringen.
Dabei hab ich nicht mal Abitur.
So weit sind wir schon…..

vhh
4 Tage zuvor

Ich hätte da eine Idee für Gamification im Deutschunterricht: wir nähern uns einem Text nur noch durch szenisches Spiel. Jeder produziert sich doch gerne vor anderen, oder? Wer sich in Gruppen unwohl fühlt, muss sich eben anpassen (der Anteil mehr oder weniger introvertierter Menschen wird auf mindestens 30% geschätzt). Ab und zu Gruppenarbeit, damit können die meisten leben, aber ob diese 30% auf einmal ‘Spass an Physik’ entdecken, wenn alles Game und Quest ist? Meist mochten sie MINT schon vorher, weil es das eben nicht war…
Hat der Neuerfinder des Physikunterrichts einmal eine typische Schülergruppe und deren Ausdauer und Kreativität bei neuen Aufgaben beobachtet? Funktioniert super? Dann war die Gruppe nicht typisch. Inwieweit deckt dieser Ansatz denn die nach Lehrplan erwartete Tiefe, den theoretischen Background ab? Wie erfolgt die Bewertung der Gruppen in rechtssicherer Weise? Schüler wechseln übrigens mehr als ungern die Gruppe, da ist ‘bei engagierten SuS wird jede ihrer Gruppen besser’ nicht ganz einfach. Auch hier, je introvertierter, je leistungsschwächer, desto wichtiger ist eine bekannte Gruppe. Wie setzt sich das im Spiel erreichte Interesse am Problem Strömungsgeschwindigkeit fort, wenn es um ‘die physikalische Größe v’ geht? Ein- und Überholprobleme? Beschleunigte Bewegung? Einfach mehr und andere Spielansätze? Dieser Ansatz konzentriert sich auf den einfachsten Teil, den experimentellen. Dass der schwierige Schritt zur Abstraktion dort irgendwo gamifiziert wird, sehe ich nicht, vielleicht wird er nur abgeschafft. Singuläre Lösungen für singuläre Probleme, bitte als nächstes Problem Windgeschwindigkeit mit Blättern?
Wenn ich sehr sehr viel Zeit habe, etwa die Hälfte der Unterrichtsstunden, bitte noch die Anzahl der Teilnehmer begrenzt auf maximal 10, entwickle ich gerne einen Escape Room zum Thema elektrische Schaltungen. Die anderen 20 warten dann, während zwei Gruppen spielen.
Oder ich zeige ein Kurzvideo mit Türöffnung per Relaisschaltung und gebe 6 Gruppen eine Kiste möglicher Bauteile, lasse sie die experimentelle Vereinfachung Lämpchen statt Tür selber finden und spiele vorne mit einem Elektromagneten. Das heißt dann aber nicht mehr Gamification sondern Experimentalunterricht, bzw. forschend-entdeckender/entwickelnder Unterricht, gibt es schon und das macht es leider völlig unzureichend.
Scrum beruht auf Teamarbeit von Erwachsenen mit ähnlichem Hintergrundwissen, während normal langer Arbeitstage, mit Projektzyklen von mehreren Wochen und verschiedenen anderen Phasen. Eine recht brauchbare Form der Form des agile Management, die, wie der Name schon sagt, von allen Flexibilität verlangt. Physikunterricht findet ein- bis zweimal pro Woche statt, mit extrem heterogenen Gruppen, für maximal 90 Minuten. Es gab einmal die These ‘Schüler brauchen Kontinuität’, sie haben auch nicht nur ein Fach, in das sie alle Kreativität und Flexibilität investieren. Nicht alles was watschelt ist eine Ente, manchmal ist es auch ein (Pleite)geier.

Unfassbar
4 Tage zuvor
Antwortet  vhh

Eine Schülergruppe, in der Gamification funktioniert, kann aber den klassischen Physikunterricht auch — und zwar auf einem Niveau, bei dem der offizielle Lehrplan in der halben Zeit fertig ist und man sich noch interessanten Dingen widmen kann.

Sporack
4 Tage zuvor
Antwortet  vhh

Duck typing … es quackt wie eine Ente, dann ist es eine Ente.

Apropos Duck typing …
Spielerisch Physik lernen mit Elektrotechnik :
Geht entweder “schnell” oder es wird “spannend”. Wobei ersteres wäre ja Mechanik 🙂

=> Schöne Versuchssammlung für eine AG : https://praktische-elektronik.dr-k.de/Praktikum/Digital-oder-Analog.html

Hans Malz
4 Tage zuvor
Antwortet  Sporack

Oder “Erste Hilfe” in der Praxis. sollen die Kinder doch auch lernen.

dickebank
4 Tage zuvor
Antwortet  vhh

Jau, aber wer will dann die maria Steward darstellen?
Dann doch besser Mutter Courage, bei den vielen Schlachten, die an Schulen ohnehin geschlagen werden. Im Zuge der Individualisierung auch “Warten auf Godot” oder als Überarbeitung “Warten auf die nächste Bildungsschnapsidee”, da kommt auch mehr als bei dem Becket-Stück.

Kleopas
4 Tage zuvor
Antwortet  dickebank

Meinen Sie vielleicht Maria Stuart?

dickebank
4 Tage zuvor
Antwortet  Kleopas

Ja klar, Rechtschreibfehler bzw. automatische Textergänzung macht’s möglich.

Hans Malz
4 Tage zuvor

“Dann wird das Schiff zu einem Escape Room umgebaut, betreut von Studierenden, unterstützt von einer KI. Ich selbst trete darin als „Non-Player Character“ auf – als alter Kapitän, der Stöcke schnitzt.”

ich geh morgen mal in den Physikraum und suche das Schiff und die Studenten.

Ach ne, da steht es ja:
“Gamification ist keine Frage der Technik, sondern der Haltung.”

Na gut, damit ist dann ja alles geklärt. ich suche morgen mal nach meiner Haltung.

Und dann kommen die jungen Menschen aus der Uni und wundern sich im Referendariat, dass die Uhren anders ticken…

447
3 Tage zuvor
Antwortet  Hans Malz

Möchten Sie eine [Haltung] bestellen ?

Andere Kunden kauften auch: Studien, Konzepte, Laminiergeräte.

Oft zusammen gekauft mit:
[Realitätsverlust]

Sepp
4 Tage zuvor

Zu Herrrn Prof. Bresges kann ich nichts sagen, aber wir haben zumindest mit ein paar Chemie-Didaktiken schöne Sachen zusammen gemacht. Das geht aber nur vernünftig, wenn sich beide Seiten aufeinander einlassen und man Zeit und Arbeit in solche Projekte steckt

Ein Besuch im Schülerlabor oder in einem Escape Room in einer ökologischen Station ist natürlich für Schüler viel aufregender als Unterricht an der eigenen Schule. Alleine schon, weil man mal “etwas Besonderes” macht, die Schule verlässt, einen Ausflug macht usw.

Es reicht, mit dem zu arbeiten, was da ist – und es zu gamifizieren.

Da würde ich mir wünschen, dass die Fachdidaktiken sowas erstellen und kostenlos an Lehrkräfte weitergeben. Denn natürlich hat ein Doktorand in drei Jahren viel mehr Zeit und Ressourcen, Einheiten zu planen und zu optimieren, als wenn wir das neben dem regulären Unterricht auch noch machen…

Realist
3 Tage zuvor
Antwortet  Sepp

Da wird doch nur die neueste “Didaktik-Sau” durchs Dorf getrieben, mit der man seine eigene Stelle und Forschungsgelder rechtfertigt. In der Praxis hat niemand die Räumlichkeiten (“Escape-Room”), das Personal (“Studierende”) oder die Zeit dazu…

Wenn die “Haltung” für so etwas reicht, dann machen wir einfach alle im Unterricht die Augen zu, gehen auf “Traumreise” und stellen uns einfach vor, dass wir Gamification auf dem Escape-Room-Schiff machen, wo uns das Bordpersonal zur Entsprannung noch ein paar Drinks serviert, während wir über physikalische Probleme nachdenken und uns die Lösungen einfach erträumen. “Haltung” ist ja alles!

Sporack
4 Tage zuvor

Ich fürchte, Gamification ist eine Haltung basierend auf vorherigem Wissen…

  • Klassengröße (im Vergleich zum GeoPhysik-Feld-Praktikum waren 5 Studis auf dem Feld: 1 Physiker, 2 Geologen, 1 Umwelt-Ing., 1 Informatiker … wir haben dass “spielend” gelernt. Wenn wir falsch gemessen haben, mussten wir noch mal in den Regen.)
  • Thema: Man kann natürlich Geschichten erzählen, am besten welche, die man erlebt hat. Aber manchmal ist vorgegebener Stoff auch eben nur vorgegeben, und den möchte/kann man evtl auch garnicht näher untersuchen oder “bespielen”.
Sporack
4 Tage zuvor

“Schülerinnen und Schüler planen ihre Experimente in Sprints, schätzen den Aufwand, setzen sich Ziele, reflektieren Ergebnisse – genau wie Entwicklerteams.”

Das ist u.U. im Leistungskursbereich der Oberstufe möglich.

Aber interesse müsste man *vor* der Wahl schon in der Grundschule im Sachunterricht wecken. Das interesse in der Unter- und Mittelstufe festigen.
Und überhaupt dafür sorgen, dass die Naturwissenschaften in jedem Schuljahr – zwecks Kontinuität – überhaupt unterrichtet werden …

dickebank
4 Tage zuvor

Schule als Event-Location, ist doch okay. Nur dann bitte aber auch die notwendigen Mittel für Dekoration und Special Effects zur Verfügung stellen.

447
4 Tage zuvor

Dasliesse sich auch im Erdkundeunterricht , GL, Sachkunde, NaWi anwenden:
“Schüler, versammelt euch um die Wärme des klimaneutralen Heizkörpers, ich etzähle ich heute eine Geschichte wo der Schnee herkommt…wenn die Frau Holle…”

Thomas Höhmann
4 Tage zuvor

Diese neue Schul – “Physik” ist toll, ist Spiel, ist pädagogisch. Nur leider: Sie ist eben keine Physik. So eine Haltung hat mich bei Lehrern immer gestört.

447
3 Tage zuvor
Antwortet  Thomas Höhmann

Haben Sie doch bitte Verständnis:
Jeder muss mindestens ‘ne Drei kriegen. Und Sie kommen da mit echter Physik, ja sapperlott, das klingt ja voll autoritär! Ich ziehe mich erstmal in meine offene Lernlandschaft zurück, ich bin für sowas jetzt noch nicht bereit.

GriasDi
3 Tage zuvor

Gamification hat an der RWTH Achen im Studiengang Informatik auch nicht funktioniert. SchülerInnen spielen auch nicht jedes Spiel gleich gerne.

GriasDi
3 Tage zuvor

Zitat:
“Wichtig ist: Produkte statt Noten. Wenn Gruppen erfolgreich arbeiten, bekommen alle Punkte für das Lernprodukt.”

Noten oder Punkte was macht den Unterschied?

Sporack
2 Tage zuvor
Antwortet  GriasDi

Die Wertigkeit 🙂
Bei Noten steigen die Zahlen mit inverser Wertigkeit.
Bei Punkten ist die natürlich steigende Werigkeit vorgesehen.

1+ = 0,7 = 15 (daran sieht man auch Ziffern, Zahlen sind kontextsensitiv)

447
1 Tag zuvor
Antwortet  GriasDi

Plötzlich erscheint ein Schulrecht im Raum: Kollektivnoten sind verboten.

Pffffffffft….da entweicht sie, die heisse Luft aus dem Dampfplauerballon. Physikalisch korrekt, versteht sich.

Freggulus
2 Stunden zuvor

Ich würde so gerne Gamification in meinen Unterricht einbauen, werde dabei aber regelmäßig von der Schulleitung gebremst oder gehindert.
Kerbal Space Program ist genial! Man baut in einer Sandbox Raketen zusammen und versucht selbstgesteckte Ziele zu erreichen (Mondlandung, Marsorbit, Rover etc.). Das Spiel simuliert dabei ziemlich viel und man muss schon tief eintauchen, um es zu meistern. Aber was macht die Schulleitung? Torpediert das ganze Projekt.
E gibt hervorragende Brettspiele, die z.B
naturwissenschaftliche Ideen zur Marsbesiedelung aufgreifen. Aber auch hier blockiert die Schulleitung.