JORK. Wie setzt man den Rechtsanspruch auf einen Ganztagsplatz ohne Anbauten um? Die Grundschule „An der Este“ in Jork bei Hamburg zeigt, wie es im Bestand geht: Aus getrennten Systemen werden gemeinsame Räume – mit „Herz für Alle“, Heimaten, Kinderküche und Gartenlabor. Pädagogik, Raum und Organisation greifen ineinander – getragen von einem partizipativen Prozess.

In der Grundschule „An der Este“ im niedersächsischen Jork war der Platz längst knapp geworden, bevor überhaupt jemand von einem Rechtsanspruch auf Ganztagsbetreuung sprach. Vormittags unterrichteten Lehrkräfte in engen Klassenräumen, nachmittags übernahm die Betreuung im benachbarten Hort – zwei Systeme, zwei Teams, zwei Welten. „Wir dachten, wir hätten Berührungspunkte, haben aber nie wirklich zusammengearbeitet, sondern nur nebeneinanderher gelebt!“, sagt Schulleiterin Yvonne Lawes in der Projektdokumentation der Montag Stiftung Jugend und Gesellschaft.
Mit dem Projekt „Ganztag und Raum“ begann in Jork ein Prozess, der das Gebäude, die Organisation und die Pädagogik grundlegend verändert hat. In Workshops mit Lehrkräften, Erzieher:innen, Architekt:innen, Schulträger, Schulaufsicht und Gemeinde wurde überlegt, wie sich Räume gemeinsam nutzen lassen, ohne neu zu bauen – ein komplexer Prozess, der Kreativität und Mut verlangte.
„Ganztägige Bildung funktioniert vielerorts noch immer nach dem Prinzip vormittags Schule, nachmittags Betreuung“
Ausgangspunkt für die Umgestaltung war die bisherige Pausenhalle – sie wurde, wie es in der Projektdokumentation heißt, „zum Herz der Ganztagsschule“. Aus den einst getrennten Horträumen entstanden eine Kinderküche und ein Gartenlabor.
„Anstatt vieler ungenutzter Flure und wegdurchkreuzter Flächen entsteht ein Herz für Alle, und es gibt Heimaten zum ‚zuhause und sicher fühlen‘“, heißt es weiter im Bericht. Durch Öffnungen zwischen Klassenräumen und Fluren entstanden Lernlandschaften, die den ganzen Tag über von allen genutzt werden. In Zukunft sollen alle Flächen vormittags und nachmittags gemeinsam bespielt werden – von multiprofessionellen Teams, die den Ganztag als pädagogische Einheit verstehen.
„Ganztägige Bildung funktioniert vielerorts noch immer nach dem Prinzip vormittags Schule, nachmittags Betreuung“, heißt es im Konzept der Montag Stiftung Jugend und Gesellschaft. Diese Trennung ist sowohl im pädagogisch-didaktischen Handeln als auch in der räumlichen Nutzung sichtbar – und verschenkt viel Potenzial – räumlich und pädagogisch.
Die Stiftung setzt dem eine klare Idee entgegen: Pädagogik, Raum und Organisation müssen gemeinsam entwickelt werden. Ziel ist es, durch eine gemeinsame pädagogische und organisatorische Weiterentwicklung neue Raumnutzungskonzepte umzusetzen. Bei einem ausreichenden Flächenkontingent können viele Standorte ihren wachsenden räumlichen Bedarf an Ganztagsplätzen weitgehend decken, indem Räume den ganzen Tag von allen genutzt und räumliche Potenziale im Quartier mit einbezogen werden.
„Die Flächennutzung aller Gebäude über den ganzen Tag hinweg macht einen Neu- oder Anbau obsolet“
Das bedeutet: Nicht mehr die Tageszeit oder die Personengruppe bestimmt, welcher Raum wofür gedacht ist, sondern die pädagogische Aktivität. Die Nutzung der Flächen richtet sich an pädagogischen Anforderungen und Aktivitäten aus – nicht nach Unterricht oder Betreuung, Fächern oder Zuständigkeiten, heißt es weiter. Eine Schule brauche neben Lernorten auch Teambereiche, Themenräume, Orte für Rückzug, Entspannung sowie für Gruppen- und Projektarbeit. Selbst die Mensa solle nicht nur ein Ort für ein kurzes Zeitfenster um die Mittagszeit sein, sondern über den ganzen Tag Angebote machen.
Im Mittelpunkt steht immer die Kooperation: Das gelingt dann, wenn Schule nicht isoliert, sondern ganzheitlich im Kontext ihres Standorts und Quartiers verstanden wird. Deshalb arbeitet die Stiftung in dem Prozess mit interdisziplinären Teams aus Pädagogik und Architektur – und bindet alle Akteur*innen frühzeitig ein: Lehrkräfte und weitere pädagogische Fachkräfte, Jugendhilfe, Bauamt, Eltern und Kinder. Ein solcher partizipativer Prozess erfordert von allen Beteiligten ein hohes Maß an Engagement und Identifikation, schafft aber auch Nachhaltigkeit, weil er die Umsetzung vor Ort und die Übertragbarkeit auf weitere Standorte sicherstellt.
Das gemeinsam erarbeitete „integrierte Nutzungskonzept“ geht von einem Paradigmenwechsel aus: Qualität entsteht nicht durch Neu- oder Anbau, sondern durch gemeinsame Nutzung und Umgestaltung. Die Flächennutzung aller Gebäude über den ganzen Tag hinweg macht einen Neu- oder Anbau obsolet, heißt es im Fazit. Durch minimale Umbaumaßnahmen, alternative Brandschutzlösungen, Sichtverbindungen und veränderte Möblierung werde ein nachhaltiger Wandel möglich.
Für die Schulen bedeutet das: weniger Kosten, weniger CO₂ – und mehr pädagogische Freiheit. Bei einem ausreichenden Flächenkontingent können viele Standorte ihren Bedarf an Ganztagsplätzen weitgehend im Bestand decken, so das Konzept. Auch das passt zur Jorker Erfahrung: Eine Schule, die früher zwei getrennte Systeme beherbergte, ist heute ein durchlässiger Lern- und Lebensort – mit Herz, Heimaten und gemeinsamem Alltag.
Die Grundschule „An der Este“ ist eine der fünf Pilotschulen im Projekt „Ganztag und Raum“. Ihr Beispiel zeigt, wie sich der Rechtsanspruch auf Ganztagsbetreuung auch ohne millionenschwere Bauprojekte umsetzen lässt – wenn alle Beteiligten bereit sind, Pädagogik, Raum und Organisation als Einheit zu verstehen. „Schule wird so zum Lern- und Lebensort“, heißt es im Fazit der Montag Stiftung Jugend und Gesellschaft. Ganztägige Bildung wird zudem nicht nur quantitativ ausgebaut, sondern auch qualitativ. News4teachers
Hier lässt sich die vollständige Dokumentation des Projekts herunterladen.
Die Montag Stiftung Jugend und Gesellschaft unterstützt News4teachers bei der inhaltlichen Gestaltung dieses und weiterer Beiträge des Themenmonats „Schulbau und Schulausstattung“.
Hier geht es zu allen Beiträgen des Themenmonats “Schulbau & Schulausstattung”.
Und noch ein Rekord… Das neue Redaktionskonzept von News4teachers zieht!









Tja, wir haben leider keine Plätze für alle Kinder in den Essensräumen, eine klitzekleine Küche…..das wird 2026 nichts….daher bekommen wir einen Neubau, aber das wird dauern…..
Da hilft leider auch kein neues Raumkonzept, wie unser Schulraumnutzungsberater schon vor 8 Jahren feststellte…..auch nicht bei ganz gutem Willen….
Sehen Sie einmal wie fürsorglich ihr Schulträger ist. Der hat auf die steigende Zahl von Adipositasdiagnosen bei Kindern schon im Vorfeld reagiert:)
Das “geht” bestimmt vor Ort, im beschaulichen und solventen Jork:
https://www.jork.de/freizeit/tourismus/altlaender-bluetenfest/
Ob das genauso anderen Ortes “geht”, das steht auf einem anderen Blatt. Eine erneute Ohrfeige für zahlreiche engagierte Kollegien und Schulleitungen, in deren Realität es eben so nicht “geht”.
Es wäre ja schon etwas gewonnen, wenn zumindest verbal eine wirkliche Zusammenarbeit zwischen Lehrkräften und Pädagogischen Mitarbeitern bei uns stattgefunden hätte.
Uns PM im Ganztag wurden ohne Vorankündigung für den Ganztag wichtige Räume genommen, O-Ton Lehrkraft zu den verdutzten PM: “Die brauche ich jetzt”. Über vormittags gesundheitlich auffällige SuS wurden wir oft nicht informiert (diverse SuS hingen nachmittags fiebrig im Ganztag oder mussten sich plötzlich übergeben), O-Ton Lehrkraft am nächsten Tag: “Ja, der war gestern früh schon so komisch”, Lehrkräfte erschienen (ohne Info) nicht zur Hausaufgabenbetreuung, sodass man plötzlich 2 Klassen zu beaufsichtigen hatte, nachdem man durch die halbe Schule gelaufen war, um sie ausfindig zu machen, Klassenräume, die wir nutzen durften, wurden uns vermüllt und teilweise dreckig übergeben usw….
Bester Satz ever der Ganztagskoordinatorin zu einer meiner Kolleginnen, die eine Bitte hatte: “Ach, was wollt ihr, ihr seid doch eh nur das fünfte Rad am Wagen.”
Und DAS war nicht verständnisvoll bedauernd gemeint.
Ja, so haben wir anfänglich auch mal gearbeitet, bis wir ganz bewusst (auch konzeptionell) eine Vernetzung angestrebt haben. Diese sahen sowohl eine Doppelnutzung aller Räume vor, sowie auch eine Vernetzung im Unterricht und Nachmittag (PMs auch im Unterricht und LKs im Nachmittag). Dazu gemeinsame Schulregeln, gemeinsame Absprachen, gemeinsame Fobis, gemeinsame Unternehmungen und eine gemeinsame Lounge, wo sich alle aufhalten können….auch auf IServ gibt es einen gemeinsamen Messager, um aktuelle News auszutauschen….
Und das brauchte schon eine Zeit, bis alle begriffen haben, wie wertvoll es ist, Hand in Hand zu arbeiten.
Begriffen hatten es unsere PM schon längst, sie hatten es sogar immer wieder als Wunsch vorgebracht. Der SL kündigte eine Vernetzung auch immer wieder an, sein Lieblingswort lautete “Verzahnung”. Eine Lehrkraft setzte dies auch nach ihren Möglichkeiten um, der Rest des L-Kollegiums bevorzugte eine Art Hierarchie, “wir zuerst”, und dann die PM als Resterampe.
Gemeinsame Absprachen: zu 85% -Fehlanzeige. Die LuL wollten lieber alles wie gehabt, viele waren auch nicht bereit, sich im Nachmittagsbetrieb mehr als minimal einzubringen. Im Lehrerzimmer wollte man die PM nicht sehen – für sie (7 Personen) und ihre DV wurde ein max. 6 qm großer Raum “eingerichtet”.
Die PMs sind auch nicht das Problem, die LuL sind es meist, die vom Wert der PMs meist erst überzeugt werden müssen….und das ist wirklich kein Selbstläufer (sie schrieben es ja bereits).
Eine wirklich gute Verzahnung oder Vernetzung geht nur von oben herab. Es muss gewünscht, initiiert und nachgehalten werden.
Wir sehen das immer hübsch am Schuljahresanfang, wo es eine längere Sitzung gibt, wo sich Klassenteams (also LuL und PMs) zusammensetzen sollen und über bestimmte festgelegte Punkte sprechen und gemeinsame Absprachen treffen sollen. In schöner Regelmäßigkeit mokieren dies immer wieder dieselben Kolleginnen als Zeitverschwendung….(ist es nicht, da jedes Jahr nicht nur der Klassenraum gewechselt wird, sondern auch immer neue Dinge zu den Absprachen hinzukommen)….und behaupten, solche Absprachen seien Unfug, denn es sei ja schließlich ihr Klassenraum (falsch, da der Raum auch in der OGS-Zeit genutzt wird und die PMs auch Platz in den Schränken erhalten sollen).
Genauso wird gerne darüber diskutiert, dass im Vorfeld von Elternberatungstagen, die PMs das Arbeits- und Sozialverhalten mit beurteilen sollen….nicht sehend, dass Dreiviertel unserer Kinder im Ganztag sind und die PMs das genauso gut, wie die LuL beurteilen können…..
Sie sehen, es ist nicht geschmeidig, aber es ist ein riesiger Gewinn, wenn es funktioniert und das wiederum sagen zu 100 % alle Beteiligten…..auch die MeckerLuL….
Ihren letzten Absatz unterschreibe ich!
Die von Ihnen beschriebenen Hindernisse kenne ich aus eigener Erfahrung ebenfalls.
Schön, dass es bei Ihnen offensichtlich doch recht gut klappt.
Denn dann kann es wirklich ein großer Gewinn sein! Für alle!
Kooperation oder Kompromiss?
Klar geht alles ohne Neubau. Aber es ist wieder eine Frage der Prioritätensetzung, wie immer.
Ich kann auch in dreckigen Klassen unterrichten, wenn die Bürgermeisterin die Kosten für die Fachkräfte zum Wischen sparen will.
Darf man sich nur nicht wundern, wenn Kinder und Jugendliche den Eindruck haben, sie hätten keine Lobby….
Schwimmen ohne Wasser geht – im Mittelpunkt steht immer Phantasie!