Berlin Institut: Wirkung von Sprachförderung zweifelhaft

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BERLIN. Ob Kinder in Kindergärten mit Hilfe von Sprachförderprogrammen tatsächlich Deutsch lernen, zweifelt das Berlin Institut für Bevölkerung und Entwicklung an.

Jedes zweite bis dritte Kind mit Migrationshintergrund, aber auch jedes zehnte Kind, das mit Deutsch als Muttersprache aufwächst, weise heute Sprachdefizite auf. An Programmen, die dies beheben sollen, herrsche kein Mangel, aber der Nachweis ihrer Wirksamkeit sei bisher nicht erbracht worden, sagen die Wissenschaftler des Instituts.

Kinder brauchen es, jeden Tag in der Sprache zu baden, um sie richtig zu lernen (Foto: Wodleywonderworks/Flickr CC BY-NC 2.0)
Kinder brauchen es, jeden Tag in der Sprache zu baden, um sie richtig zu lernen (Foto: Wodleywonderworks/Flickr CC BY-NC 2.0)

Als einen wesentlichen Grund für die Sprachdefizite der Kinder machen die Wissenschaftler das fehlende sogenannte Sprachbad aus. So bezeichnen sie den täglichen Umgang mit der Sprache, der für einen mühelosen Erwerb des Deutschen nötig sei. Das sei im Leben vieler Kinder keine Selbstverständlichkeit. So gehe ein Drittel der nicht-deutschsprachigen Kinder in eine Kita, in der die Mehrheit der anderen Kinder ebenfalls nicht mit Deutsch als Muttersprache aufwächst. Es sei daher entscheidend, dass das Personal in den Kindergärten für das Thema sensibilisiert und darin geschult werde, wie es die Sprachkompetenz ihrer Schützlinge fördern kann. Die Förderung sei oft zu kurz und die Kursleiter seien nicht ausreichend auf ihre Aufgabe vorbereitet. Einzelne Sprachkurse könnten die Sprachförderung im Alltag nicht ersetzen, sondern bestenfalls ergänzen.

Die Kritik beruht auf der Analyse von demografischen Daten, der gängigen Praxis zur Sprachstandserhebung und sprachwissenschaftlichen Ansätzen zum frühkindlichen Spracherwerb. Beleuchtet wurden dabei vor allem die Situation von Kindern bildungsferner Schichten sowie die von Kindern mit Migrationshintergrund.

Aufbauend auf der Analyse haben die Wissenschaftler jetzt zusammen mit der Siemens Stiftung ein Diskussionspapier unter dem Titel „dem Nachwuchs eine Sprache geben – was frühkindliche Sprachförderung leisten kann“ veröffentlicht. Die Forscher stellen darin neun Kriterien auf, die für eine gelungene Sprachförderung von zentraler Bedeutung sind. Dazu gehören unter anderem der systematische Einbezug der Erstsprache des Kindes, die kontinuierliche Schärfung des Sprachbewusstseins der Erzieherinnen und Erzieher sowie die individuelle Förderung der Kinder entsprechend ihres Sprachentwicklungsstandes. Und ausreichend Zeit, um die Sprache zu lernen. (nin)

Hier geht es zum Diskussionspapier

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