Baden-Württemberg: Rechtsstreit um Anerkennung von Privatschulen

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STUTTGART. Das Verwaltungsgericht Stuttgart muss entscheiden: Wie viele Lehrer mit zweitem Staatsexamen braucht es, damit private Schulen staatlich anerkannt werden? 

Drei private berufliche Schulen wollen auch Zeugnisse ausstellen und klagen deshalb vor dem Verwaltungsgericht Stuttgart. Die beiden Träger der Einrichtungen aus Stuttgart, Aalen und Böblingen fordern die staatliche Anerkennung ihrer Privatschulen. Konterpart ist das Land Baden-Württemberg, vertreten durch das Regierungspräsidium Stuttgart. Dieses hatte die Anerkennung mit der Begründung abgelehnt, dass weniger als die geforderten zwei Drittel der eingesetzten Lehrer die Voraussetzungen für das entsprechende Lehramt an öffentlichen Schulen besitzen. Die Kläger sehen in dieser Zwei-Drittel-Vorgabe einen Verstoß gegen die verfassungsrechtlich garantierte Privatschulfreiheit. (Az.: 12 K 713/12, 793/12 und 2217/12)

«Die Vermutung ist schon da, dass die Politik eingreift und uns da zur Seite schiebt», sagte Christian Engel, Geschäftsführer des Gemeinnützigen Instituts für Berufsbildung. Die Lehrerquote sei neu und stelle ihre Schulen angesichts des leer gefegten Berufsschullehrer-Marktes vor eine unlösbare Aufgabe, sagten die Kläger. Eine solche Regelung dürfe man nicht «von heute auf morgen ändern». Bislang sei es üblich gewesen, dass die genehmigten privaten Schulen nach einer maximal dreijährigen «Bewährungszeit» quasi automatisch anerkannt worden seien. Wenn die Schule selbst Zeugnisse ausstellen darf, müssen die Schüler nicht zur Fremdenprüfung an andere Schulen fahren.

Unzulässige Gleichmacherei oder wichtiges Qualitätskriterium?

Das Regierungspräsidium verteidigte die Zwei-Drittel-Regelung. Wer die staatliche Aufgabe wahrnehmen wolle, brauche gleich gut ausgebildete Lehrer. In den öffentlichen Schulen des Landes hätten nur maximal 16 Prozent der Lehrer kein zweites Staatsexamen. Die Quote von zwei Dritteln beamtendienstfähiger Lehrer für Privatschulen diene der Qualität und müsse eingehalten werden.

Die Träger sehen in der neuen Regelung dagegen eine unzulässige Gleichmacherei, die zu einem erheblichen Wettbewerbsnachteil führe. Dass auch öffentliche Berufsschulen Lehrer ohne zweites Staatsexamen beschäftigten, zeige, dass diese durchaus «anstellungsfähig» seien. Zudem würden ihre eigenen Lehrer von einem Fachberater unter anderem auf ihre pädagogischen Fähigkeiten hin geprüft und bewertet. Fast alle bekämen auf Anhieb die Genehmigung, die sich an den Standards für staatliche Schulen orientiere und von den gleichen Prüfern abgenommen werde.

Öffentliche Schulen könnten Lehrer mit einer Verbeamtung locken. Dem hätten die Privaten nichts entgegenzusetzen. Die Quote schränke ihre Personalwahl unzumutbar ein, beklagten die Träger. Wegen des Lehrermangels seien sie letztlich gezwungen, selbst die Bewerber mit den schlechtesten Zweitexamen einzustellen. «Und sie sollen besser sein als die, die vom Fachberater eine eins bekommen haben?» Die Entscheidung in dem Rechtsstreit wird für Donnerstag erwartet. dpa

(24.10.2012)

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