Gemeinschaftsschule: GEW-Studie mahnt zu Gründlichkeit statt Schnelligkeit

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STUTTGART. Der Tübinger Erziehungswissenschaftler Thorsten Bohl rät der grün-roten Landesregierung den Ausbau der Gemeinschaftsschulen nicht zu schnell voranzutreiben. Die Oppositionsparteien bezweifeln indes Bohls Unabhängigkeit.

Der Ausbau der Gemeinschaftsschule in Baden-Württemberg sollte nach Auffassung des Tübinger Erziehungswissenschaftlers Thorsten Bohl nicht mit allzu viel Tempo erfolgen. «Lieber weniger Gemeinschaftsschulen, die eine gute Qualität haben, als zu viele», sagte Bohl. Er hatte im Auftrag der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) eine Studie erarbeitet. Es müsse klar sein, wohin die Reise gehe. Grundsätzlich hält Bohl die neue Schulform aber für sinnvoll.

Wichtig sei unter anderem die Erstellung eines Schulentwicklungsplans für den Südwesten, der klare Rahmenbedingungen vorgebe, betonte er. Im Südwesten gibt es bereits 42 Gemeinschaftsschulen, weitere 87 wurden genehmigt. Bohl ist auch für die grün-rote Landesregierung tätig. Diese Doppelrolle wurde von den Oppositionsparteien CDU und FDP scharf kritisiert.

GEW-Landeschefin Doro Moritz sagte, die regionale Schulentwicklungsplanung sowie klare Bedingungen für die einzelne Schule seien Grundvoraussetzungen für die Schulart. «Es darf nicht sein, dass jede Kommune vor Ort ihre Politik macht.» In der Gemeinschaftsschule werden Schüler mit der Grundschulempfehlung für das Gymnasium, für die Realschule und für die Haupt- und Werkrealschule in einem Klassenverband unterrichtet werden. Individuelle Förderung wird groß geschrieben.

Kultusminister Andreas Stoch (SPD) fühlte sich durch die Studie in seinem Kurs bestätigt. «Aus dem Gutachten geht hervor, dass die Gemeinschaftsschule pädagogisch eine sehr gute Möglichkeit bietet, die großen Herausforderungen für unser Schulsystem angemessen und wirtschaftlich anzugehen», sagte er. Es sei richtig, den Herausforderungen durch sinkende Schülerzahl auch durch den Aufbau der Gemeinschaftsschulen zu begegnen.

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Bohl wies allerdings darauf hin, dass bei den ersten beiden Antragsrunden vornehmlich Haupt- und Realschulen Interesse gezeigt hätten. Das kritisierte der CDU-Bildungsexperte Georg Wacker. So könne keine funktionierende Gemeinschaftsschule entstehen. «Das belegt unsere Kritik ausdrücklich, dass die vom Kultusminister vorgenommene überhastete, unvorbereitete und unausgegorene Einführung der Gemeinschaftsschule letztlich nur das Auswechseln des Türschildes an den Haupt- und Werkrealschulen ist.»

FDP-Bildungspolitiker Timm Kern sagte: «Grüne und SPD haben bei der Einführung ihrer Gemeinschaftsschule einen schlimmen Fehlstart hingelegt.» Es räche sich, dass die Landesregierung die demografische Not vieler kleiner Haupt- und Werkrealschulen ausgenutzt und ihnen als einzige Alternative zur Schließung eine Gemeinschaftsschule aufgenötigt habe. (dpa)

(08.03.2013)

zum Bericht: Baden-Württemberg: CDU befürchtet „Zerschlagung“ der Realschule

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