Pensionskosten geben Privatschulen Kröten zu schlucken

0

STUTTGART. Die Zuschüsse des Landes Baden-Württemberg an Privatschulen sollen bald auf 80 Prozent der Kosten für einen Schüler an öffentlichen Schulen steigen. Durch die Neuregelung zu den Pension freigestellter Beamter droht jedoch vielen Schulen ein Zuschussgeschäft.

Das Land und die Privatschulen steuern nach jahrelangem Tauziehen auf eine neue Zuschussregelung zu. Kultusminister Andreas Stoch (SPD) kündigte am Freitag an, die Abstimmung über eine Vereinbarung mit den Privatschulträgern stehe bevor. Nachdem es die alte Landesregierung nicht geschafft habe, die Zuschüsse für die Privatschulen wie versprochen zu erhöhen, sei die Koalition jetzt auf einem guten Weg, betonte er in Stuttgart.

Eine Kröte im Sand
Mit der Aufstockung der Förderung kommt das Land einer langjährigen Forderung des Privatschulverbands nach. Die damit verbundene Neuregelung bei den Pensionen gibt vielen Schulen aber eine bittere Kröte zu schlucken. Foto: Ulrich Wieber / pixelio.de

Dagegen sieht der Privatschulverband noch Gräben und meldete «deutlichen Gesprächsbedarf» beim nächsten Treffen am 10. Oktober an. Landesgeschäftsführer Jan Schlimgen befürchtet, dass «Teile der Schullandschaft» die im grün-roten Koalitionsvertrag versprochene Anpassung der Finanzhilfe gegenfinanzieren müssen. Die «Schwäbische Zeitung» hatte von der bevorstehenden Einigung berichtet.

Der schulpolitische Sprecher der FDP-Landtagsfraktion, Timm Kern, meinte: Es sei zu befürchten, dass die freien Schulen durch «diesen grün-roten Taschenspielertrick nicht nur unterm Strich weniger Geld zur Verfügung haben, sondern auch manchen von ihnen finanziell das Genick gebrochen wird».

Hintergrund ist das jahrelange Tauziehen zwischen Land und Privatschulen über den angemessenen Ausgleich für deren Lehrtätigkeit. Ziel des Verbandes ist, dass die Förderung der Privatschulen auf 80 Prozent der Kosten eines Schülers an öffentlichen Schulen heraufgesetzt wird. Für eine von Grün-Rot in Aussicht gestellte Aufstockung sollten die Privatschulen aber im Gegenzug 20 Prozent des Monatsgehalts eines verbeamteten Lehrers für dessen Pensionierung abführen, erläuterte Schlimgen. Im Schnitt handele es sich um einen Betrag von 11 000 pro Kopf und Jahr, der ans Land gehen müsse.

Insbesondere Privatgymnasien drohe bei der Neuregelung ein Zuschussgeschäft. Denn sie beschäftigten bis zu 60 Prozent verbeamtete an die Privatschulen beurlaubte Lehrer. Auch kirchliche Schulen seien besonders betroffen, erläuterte Schlimgen. Besser als bisher würden sich Waldorfschulen stellen, die keine verbeamteten Lehrer anstellen.

Mit 14,2 Millionen Euro in diesem und im vergangenen Jahr erhöhten Zuschüssen erreicht der Kostendeckungsgrad nach Ministeriumsangaben derzeit durchschnittlich 75,4 Prozent. Die weitere Erhöhung um 6,7 Millionen Euro für 2014 sei mit der Bedingung verknüpft, dass sich private Schulträger mit einer Versorgungsabgabe für verbeamtete Lehrer an ihren Schulen beteiligen. «Keine völlige Wohltat», resümierte Schlimgen.

Aus Sicht des Ministeriums wurden die Privatschulen bislang ungleich behandelt. Denn beurlaubte verbeamtete Lehrer seien in sehr unterschiedlichem Umfang an Privatschulen eingesetzt, für die das Land in der Vergangenheit die Pensionslasten voll trug. Demgegenüber mussten die Privatschulen ohne verbeamtete Lehrkräfte die Kosten selbst übernehmen. Bereits die alte CDU-geführte Landesregierung habe deshalb 2005 per Ministerratsbeschluss festgelegt, diese Praxis zu beenden.

zum Bericht: Immer mehr Kinder im Südwesten lernen in Privatschulen

zum Bericht: Privatschulen boomen – Kritiker warnen vor sozialer Spaltung

Anzeige


Info bei neuen Kommentaren
Benachrichtige mich bei

0 Kommentare
Inline Feedbacks
View all comments