Philologenverband fordert: Wahlfreiheit zwischen G8 und G9

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STUTTGART. Anlässlich der persönlichen Übergabe von 14.607 Unterschriften für Wahlfreiheit zwischen G8 und G9 in Baden-Württemberg an Kultusministerin Susanne Eisenmann  hat der Philologenverband Baden-Württemberg (PhV BW) seinen Appell, dem Begehren zu entsprechen, in einer Pressemitteilung wiederholt. Darin heißt es:

„Cord Santelmann, der Initiator der Online-Petition, dankte der Kultusministerin, dass sie sich nun doch Zeit genommen hat, die Unterschriftenlisten der Online-Petition ‚Wahlfreiheit zwischen G8 / G9 in BW zulassen!‘ persönlich entgegen zu nehmen. ‚Die vielen Tausend Unterschriften zeigen, dass das Anliegen der Online-Petition von weiten Kreisen der Bevölkerung geteilt wird. Die Ministerin ist nun aufgefordert, sich über die vielleicht vorschnell und unbedacht getroffenen Festlegungen des Koalitionsvertrags hinweg gesprächsbereit zu erweisen, die zahlreichen Sachargumente und Kommentare der Unterstützerinnen und Unterstützer im Interesse der Schülerschaft gründlich zu prüfen und sich wirksam für eine Ausweitung der G9-Standorte einzusetzen‘, so Cord Santelmann.

Bernd Saur, der Landesvorsitzende des PhV BW, sieht die Rückkehr zum neunjährigen Gymnasium bzw. die Wahlfreiheit zwischen G8 und G9 als einen bundesweiten Trend, den Baden-Württemberg nicht ignorieren könne: Niedersachen ist flächendeckend zu G9 zurückgekehrt, in NRW steht ein Volksbegehren zu G9 an, in Hessen wurde Wahlfreiheit zwischen G8 und G9 gewährt, was die Rückkehr der meisten Gymnasien zu G9 bewirkt hat, und erst dieser Tage wurden auch in Bayern die Weichen in Richtung Parallelführung gestellt. ‚Wir verkennen nicht, dass immer wieder Anstrengungen unternommen wurden, das G8 verträglicher zu gestalten. Die Frage bleibt jedoch, ob sich all diese Verbesserungsversuche letztendlich als geeignet erweisen, den Wegfall eines ganzen Schuljahres zu kompensieren. Dies bleibt die Kernfrage. G8 ist ein gutes Angebot für sehr leistungsstarke Schülerinnen und Schüler, aber viele Gymnasiasten würden von einem Jahr mehr Zeit für vertieftes schulisches Lernen und ihre Persönlichkeitsentwicklung, von mehr Gestaltungsspielraum am Nachmittag für sportliches, musisches oder ehrenamtliches Engagement enorm profitieren‘, so Bernd Saur.

Der faule grün-rote Kompromiss der viel zu wenigen 44 G9-Standorte, der von der grün-schwarzen Regierung fortgeführt wird, führt zu enormen Verwerfungen. Stefanie Wölz, Mitglied des PhV-Bezirksvorstands Nordbaden und Lehrerin am Wilhelmi-Gymnasium Sinsheim, bestätigt aus eigener Erfahrung: „An Schulstandorten, an denen die Eltern die Wahlfreiheit zwischen G8 und G9 haben, erfolgt eine Abstimmung mit den Füßen. G8-Gymnasien im Einzugsbereich von G9 Gymnasien bluten aus, während die G9-Standorte aus allen Nähten platzen. In Pforzheim musste ein G9-Gymnasium aufgrund des Schüleransturms sogar Räumlichkeiten in einem nahen Supermarkt für Unterrichtszwecke anmieten.“

Der überaus große Zuspruch zu den Petitions-Zielen wurde bei den parallel zur Laufzeit veranstalteten landesweiten Aktionstagen ‚G9? Klingt gut!‘ des PhV BW mit Unterschriftensammlung und Straßenmusik deutlich. Sogar der Tonkünstlerverband Baden-Württemberg (DTKV), der Bundesverband des DTKV und der Landesmusikrat Baden-Württemberg hatten zur Unterstützung der G8/G9-Online-Petition aufgerufen, denn bei Musikpädagogen, Musikschulen und Musikvereinen fand die Petition besonders große Zustimmung. Der de facto Ganztagsbetrieb des G8 macht es nämlich vielen Schülerinnen und Schülern ab der Mittelstufe sehr schwer, sich am Nachmittag weiterhin dem Erlernen eines Instruments oder dem Musizieren in Chor oder Orchester zu widmen. In Musikerkreisen macht deshalb schon Galgenhumor die Runde: ‚Jetzt muss man Jugend musiziert in Kinder musizieren umbenennen, denn Jugendliche haben wegen G8 ja kaum noch Zeit fürs Musizieren‘.“

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