Regierungsfraktionen (immer noch) uneins in Sachen Oberstufe an Gemeinschaftsschulen

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STUTTGART. Dem Koalitionsvertrag zwischen Grünen und CDU in Baden-Württemberg wohnt besonders im Bereich Schule und Bildung einige Sprengkraft inne. Das zeigt sich aktuell am Thema Oberstufen an Gemeinschaftsschulen, für die es jetzt die ersten Anträge gibt. Während Grünen-Politiker keine Obergrenzen für deren Einrichtung sehen, betont Kultusministerin Eisenmann (CDU) einen flächendeckenden Ausbau werde es nicht geben. Der Vertrag formuliert unbestimmt.

Die Grünen im Landtag verzeichnen ein großes Interesse der Gemeinschaftsschulen an der Einrichtung von gymnasialen Oberstufen. Ihnen seien derzeit vier Aspiranten bekannt, sagte Sandra Boser, Bildungsexpertin der Grünen. Beim Kultusministerium liegen nach ihrer Auskunft zwei Anträge aus Tübingen und Konstanz vor.

Die Gemeinderäte von Salem und Wutöschingen (Landkreis Waldshut) hätten entschieden, ebenfalls die Erlaubnis für ihre Gemeinschaftsschulen einzuholen. «Wir erwarten, dass die Anträge auch genehmigt werden», betonte Boser. Die Oberstufe an der «Schule für alle» ist umstritten.

Die gymnasiale Oberstufe an Gemeinschaftsschulen haben die Grünen der CDU in den Koalitionsverhandlungen abgetrotzt. Foto: thomas stein /flickr (CC BY-SA 2.0)
Die gymnasiale Oberstufe an Gemeinschaftsschulen haben die Grünen der CDU in den Koalitionsverhandlungen abgetrotzt. Foto: thomas stein /flickr (CC BY-SA 2.0)

Es gebe keine Obergrenze für diese Angebote, sagte sie. Laut grün-schwarzem Koalitionsvertrag soll die Zahl möglichst auf zehn Oberstufen an Gemeinschaftsschulen begrenzt sein. Die CDU wollte sie ursprünglich gar nicht. Boser verwies auf die Formulierung im Koalitionsvertrag, nach der die Koalitionspartner nur «davon ausgehen», dass dieses Limit nicht überschritten wird. «Wir werden alle Interessenten mit realistischen Chancen auf eine Oberstufe unterstützen», sagte die Grüne (Wahlkreis Lahr). Die Gemeinschaftsschulen der ersten Tranche wollen im Schuljahr 2018/19 die Oberstufe einrichten.

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Kultusministerin Susanne Eisenmann (CDU) hält die Einschätzung von bis zu zehn Oberstufen dieser Art weiter für realistisch. Es bestünden klare Kriterien für die Genehmigung. Einen flächendeckenden Ausbau werde es nicht geben, sagte sie. «Wir setzen im Übrigen weiterhin auf die starken beruflichen Gymnasien als Anschluss zum Abitur.» Die Landtags-CDU wurde noch deutlicher: «Aus unserer Sicht gibt es sehr wohl eine klare Obergrenze gemäß unserem Koalitionsvertrag, und wir sind nicht bereit, darüber hinaus zu gehen», sagte der Bildungsexperte Karl-Wilhelm Röhm.

Die FDP im Landtag kritisierte hingegen die Haltung der CDU. «Sie sollte sich langsam mal entscheiden, wie lange sie ihre bildungspolitischen Überzeugungen noch dem Koalitionsfrieden mit den Grünen unterordnen will», sagte Bildungsexperte Timm Kern. Die FDP will ganz auf die Oberstufe an der Gemeinschaftsschule verzichten. Die SPD begrüßte jedoch die grüne Unterstützung für die Schulart.

Das Bekenntnis Eisenmanns zum beruflichen Gymnasium dürfte vor allem die Vertreter des beruflichen Schulwesens freuen, die in der gymnasialen Oberstufe der Gemeinschaftsschule eine Konkurrenz sehen. Boser hingegen hält die Angebote an Gemeinschaftsschulen lediglich für eine Ergänzung. In beiden Schularten ist die Oberstufe auf drei Schuljahre angelegt, anders als in der Mehrheit der allgemeinbildenden Gymnasien.

Für Boser zählt nur, dass die Voraussetzungen erfüllt werden – mindestens 60 prognostizierte Schüler, die in die elfte Klasse wechseln wollen, wobei Zugänge von anderen Schulen einberechnet werden. Zudem muss es ein «öffentliches Bedürfnis» geben. Das ist etwa in Wutöschingen der Fall, wo laut Boser das nächste Gymnasium weit entfernt liegt. (dpa)

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