Bleibt Lehrkräften überhaupt noch Zeit, sich um Demokratiebildung zu kümmern? Teilnehmer für Umfrage gesucht

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GÜTERSLOH. Schule, heißt es, hat die Grundlagen von Demokratie zu vermitteln. „Die Jugend soll erzogen werden im Geist der Menschlichkeit, der Demokratie und der Freiheit“, so steht beispielsweise im Schulgesetz von Nordrhein-Westfalen, Paragraph 2, in dem es um den Erziehungs- und Bildungsauftrag der Schule geht. Nur: Kann die Schule das überhaupt? Verfügen die aktuell durch Inklusion, Integration von Flüchtlingskindern und Lehrermangel stark belasteten Lehrkräfte noch über genügend Zeit und pädagogische Freiheit, um sich wie gefordert der Demokratie-Bildung zu widmen? Sigrid Meinhold-Henschel, Wissenschaftlerin und Projektleiterin bei der Bertelsmann Stiftung, hegt daran Zweifel – und hat deshalb nun eine Umfrage unter Lehrerinnen und Lehrern der Sekundarstufen I und II initiiert, die die Situation beleuchten soll.

Hier geht es zu der Umfrage.

"Dem deutschen Volke": Giebel des Reichstags. Foto: Mcschreck / Wikimedia Commons
„Dem deutschen Volke“: Giebel des Reichstags. Foto: Mcschreck / Wikimedia Commons

„Demokraten fallen nicht vom Himmel“ – so zitiert Sigrid Meinhold-Henschel den Politikwissenschaftler Theodor Eschenburg und ergänzt: „Jede Generation muss für die Demokratie neu gewonnen werden.“ Keine leichte Aufgabe, wie die Wissenschaftlerin weiß. Vor allem keine, die in der Schule mal eben nebenbei zu erledigen wäre. Denn zunächst ist dafür Wissen notwendig, über den Rechtsstaat, über das Grundgesetz, über die Funktionsweise eines demokratischen Gemeinwesens, aber auch über die deutsche Geschichte.

„Wissen ist aber nicht hinreichend“, betont Sigrid Meinhold-Henschel – denn Demokratie müsse auch aktiv eingeübt werden. Welche Interessen stehen sich gegenüber? Was bedeutet es, einen Kompromiss zu schließen? Wie sieht es aus mit dem Minderheitenschutz? „Letztendlich geht es darum zu lernen, wie man sich einbringt“, sagt die Projektleiterin. Und dafür sollte Schule einen passenden Rahmen setzen, der weit über die formale Schülermitbestimmung hinausgeht und von Medienkompetenz (der Fähigkeit also, zum Beispiel Fake-News als solche zu erkennen) bis hin zu sozialem Engagement reicht.

Nicht nur Defizite

Ziel der Umfrage ist es nicht, lediglich Defizite aufzuzeigen. „Wir wollen klären, wie die Rahmenbedingungen verändert werden müssen, um eine umfassende Demokratiebildung möglich zu machen“, sagt Sigrid Meinhold-Henschel. Unter wissenschaftlicher Federführung von Professor Dr. Dr. Helmut Schneider vom Berliner Institut für Gesellschaftsforschung sei ein Befragungskonzept entwickelt worden, das sich an Lehrkräfte aller Fächer richtet. „Folgenden Fragen gehen wir nach: Inwieweit wird das Thema der Demokratiebildung im Rahmen von Aus-, Fort- und Weiterbildung der Lehrkräfte aufgegriffen? Welche Freiheitsgrade haben Lehrerinnen und Lehrer im Hinblick auf die Gestaltung demokratierelevanter Inhalte innerhalb und außerhalb des Unterrichts? Inwieweit ist die Schulkultur – auch im Verhältnis zwischen Kollegium und Schulleitung – demokratisch geprägt? Welchen Stellenwert haben demokratiebildende Formate, zum Beispiel der Klassenrat, in der Schule?“, erklärt Sigrid Meinhold-Henschel.

Alle Antworten werden vollkommen anonym ausgewertet; es erfolgt keine Speicherung persönlicher Daten und keine Auswertung auf der Ebene einzelner Schulen oder Regionen. Für die Beantwortung des Fragebogens werden rund zwölf Minuten benötigt – Zeit, die laut Sigrid Meinhold-Henschel gut investiert ist: „Bitte unterstützen Sie uns, damit mehr Rückenwind für die Demokratiebildung in deutschen Schulen entsteht.“

Die Umfrage findet statt im Rahmen des Projektes „jungbewegt – Für Engagement und Demokratie“, dem – neben der Bertelsmann Stiftung – UNICEF, das Deutsche Kinderhilfswerk, die Bundeszentrale für politische Bildung, die Deutsche Gesellschaft für Demokratiepädagogik sowie das Bundesnetzwerk Bürgerschaftliches Engagement angehören. Das Projekt fördert Engagement, Partizipation und Demokratiebildung in Kitas, Schulen und Jugendeinrichtungen.

Hier gibt es weitere Informationen zur Umfrage.

Hier geht es direkt zu der Umfrage.

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