Baden-Württemberg: CDU befürchtet „Zerschlagung“ der Realschule

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STUTTGART. Die Parteien im Baden-Württembergischen Landtag streiten um die Zukunft der Realschule, nachdem die grün-rote Landesregierung angekündigt hatte, langfristig auf ein zwei Säulen Modell aus Gymnasien und Gemeinschaftsschulen zu setzen. Kultusminister Andreas Stoch warnte davor, Schularten gegeneinander auszuspielen.

Die Opposition hat der grün-roten Landesregierung im Landtag vorgeworfen, die Realschulen im Vergleich zu anderen Schularten zu benachteiligen und ganz abschaffen zu wollen. Kultusminister Andreas Stoch (SPD) wies das zurück und erklärte: «Die Realschulen waren und sind eine Stütze des baden-württembergischen Bildungssystems.» Stoch hielt insbesondere der CDU vor, mit ihrer Realschul-Kampagne die Schularten gegeneinander ausspielen sowie Ängste bei Eltern schüren zu wollen.

Andreas Stoch
Sieht in den Realschulen eine Stütze des baden-württembergischen Bildungssystems: Kultusminister Andreas Stoch (SPD). Foto: SPD-Fraktion im Landtag Baden-Württemberg

Der Realschulverband übergab Stoch im Landtag rund 8000 Unterschriften für den Erhalt ihrer Schulart. Damit Schüler dort weiterhin erfolgreich unterrichtet werden könnten, sei eine angemessene Ausstattung mit Personal und Sachmitteln nötig, forderte der Verband. Stoch bekräftigte auch gegenüber Verbandsvertretern, Befürchtungen, die Realschulen würden abgeschafft, seien unbegründet. Jedoch müssten auch die Realschulen weiterentwickelt werden, sagte der Minister auch vor dem Hintergrund zurückgehender Schülerzahlen.

Hintergrund der CDU-Kritik ist die Ankündigung der grün-roten Landesregierung, auf lange Sicht ein Zwei-Säulen-Modell mit Gymnasium und Gemeinschaftsschule zu etablieren, in dem auch die Realschulen freiwillig mehr und mehr zur Gemeinschaftsschule umschwenken. Die CDU befürchtet, dass die Realschule als «Sandwichschule» zwischen Gymnasium und Gemeinschaftsschule zerrieben wird. Die CDU-Kampagne «Pro Realschule» soll über die «Zerschlagung» der aus CDU-Sicht bewährten Schulart informieren. Sie läuft noch bis zum 18. April.

Der CDU-Bildungsexperte Georg Wacker verwies darauf, dass die Zahl der Kinder, die die Realschule als weiterführende Schule besuchten, gestiegen sei und nun bei 38 Prozent liege. Ein deutlicheres Signal der Akzeptanz aus der Elternschaft könne man sich kaum wünschen. «Die Landesregierung hat die verbindliche Grundschulempfehlung abgeschafft, weil die Eltern selbst entscheiden sollen, welche Schule für ihr Kind geeignet ist», sagte der Bildungsexperte. «Nun muss sie entsprechend reagieren und sich auch zu den Realschulen bekennen.» Der FDP-Bildungsexperte Timm Kern warf der Regierung vor, die Realschule durch eine «einseitige Bevorzugung der Gemeinschaftsschule» ins Abseits zu drängen.

Der Parlamentarische Geschäftsführer der SPD-Fraktion, Stefan Fulst-Blei entgegnete, CDU und FDP hätten die Realschulen zu ihren Regierungszeiten vernachlässigt. «Führen Sie sich nicht als Patron einer Schulart aus, die sie jahrelang im Stich gelassen haben.» Auch die Grünen-Abgeordnete Muhterem Aras sagte in Richtung CDU: «Das, was sie machen, ist einfach unehrlich.» Zu Regierungszeiten hätte die CDU genug Zeit gehabt, etwas für die Realschulen zu tun. Stattdessen baue sie nun mit ihrer Kampagne ein «Schreckensszenario» auf, das nicht der Realität entspreche.

Der Baden-Württembergische Industrie- und Handelskammertag erinnerte daran, dass weit mehr als die Hälfte der Azubis, die eine Lehrstelle in einem Industrie-, Handels- oder Dienstleistungsberuf im Südwesten antreten, Realschulabsolventen seien. «Damit stellen die Realschulen des Landes die größte Gruppe der Auszubildenden in IHK-Berufen», hieß es in einer Mitteilung. 2011 seien von rund 35 200 Berufsstartern sogar fast 23 400 aus Realschulen gekommen. Die Kammern setzten sich deshalb für den Erhalt der Realschule ein. (dpa)

(06.03.2013)

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