Übergewicht verändert das Gehirn

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LEIPZIG. Forscher vermuten dauerhafte Entzündungen im Gehirn – ausgelöst durch Übergewicht. 

Was war das nur? Vergessen fühlt sich zwar selten gut an, ist aber eine sinnvolle Maßnahme des Gehirns. Foto: Okko Pyykkö/Flickrs (CC BY 2.0)
Übergewicht ist gefährlich – nach neuesten Erkenntnissen auch für das Gehirn. Foto: Okko Pyykkö/Flickrs (CC BY 2.0)

«Es gibt bei dicken Menschen eine Entzündung in der Steuerungszentrale des Gehirns», sagte der Neuroimmunologe Ingo Bechmann von der Universität Leipzig. Mit seinem Forscherteam will der Leipziger Professor nun herausfinden, ob diese Schäden auch bei Gewichtsverlust dauerhaft bestehen bleiben. Bechmanns Team beteiligt sich an dem internationalen Forschungsprojekt ICEMED – mit 30 Millionen Euro Volumen eines der weltweit größten in der Biomedizin.

Nach Auffassung des Wissenschaftlers könnten diese Entzündungen im Gehirn auch das Verhalten eines Menschen beeinflussen. «Dadurch könnte sich der Umgang mit dem eigenen Hungergefühl verändern», vermutet Bechmann. In den nächsten Jahren erwarten die Forscher nähere Ergebnisse dazu.

Entzüngen in Gehirn und Fettgewebe

Entzündungen haben die Leipziger Wissenschaftler nicht nur im Gehirn, sondern auch im Fettgewebe selbst entdeckt. «Die Entzündungsreaktionen im Fettgewebe von dicken Menschen lassen Botenstoffe entstehen, die wir besser nicht in unserem Körper haben sollten», sagte Bechmann. Was genau diese Stoffe anrichten, ist aber noch nicht vollständig geklärt.

Allerdings gibt es große Unterschiede – je nach dem, wo sich das Fett am Körper befindet. «Es gibt Menschen, die sind ziemlich dick und werden uralt und es gibt Menschen, die sind dick und sterben an den typischen Folgeerkrankungen des Übergewichts», sagte Bechmann. Fettgewebe am Bauch gilt als besonders gefährlich für die Gesundheit.

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Forschungsansatz ist weltweit einzigartig

Ihre Ergebnisse haben die Leipziger Wissenschaftler mit Hilfe von Gehirnproben gestorbener Menschen sowie mit Fettgewebe von Versuchsmäusen erhalten. Nach Angaben Bechmanns ist dabei der Ansatz, Immunzellen direkt im Fett lebender Mäuse unter einem Mikroskop zu betrachten, weltweit einzigartig.

Mit den neuen Studien erhofft sich Bechmann auch neue gesellschaftliche Impulse, stärker gegen Übergewicht zu kämpfen. «Wenn wir der Gesellschaft sagen: So und so viele Jahre Übergewicht verändern etwas dauerhaft in deinem Gehirn, dann könnte das eine Motivation sein, über Ernährung anders nachzudenken.»

Das Großforschungsprojekt, an dem neben der Leipziger Universitätsmedizin noch andere Forschungseinrichtungen aus Deutschland, den USA und Großbritannien beteiligt sind, ist für fünf Jahre angelegt. Bechmann ist Neuroimmunologe und Direktor des Instituts für Anatomie an der Universität Leipzig. Er beschäftigt sich unter anderem mit Multipler Sklerose, der Alzheimer-Krankheit und den neurologischen Folgen von Übergewicht. Stefan Hantzschmann

(03.03.2013)

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