Volkshochschulen: Buchhalterin veruntreut 1,4 Millionen Euro

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DÜSSELDORF. Misswirtschaft, Unterschlagung, Führungsversagen – ein Prüfbericht zeigt einen ungeahnten Sumpf beim NRW-Landesverband der Volkshochschulen. Das hat personelle Konsequenzen für die Führung. Auch die Staatsanwaltschaft ermittelt bereits.

Eine Buchhalterin soll beim Landesverband der Volkshochschulen (VHS) seit 2004 über 1,4 Millionen Euro veruntreut haben. Das bestätigte die Vorstandsvorsitzende der VHS NRW, Wittens Bürgermeisterin Sonja Leidemann (SPD).

Darüber hinaus attestiert eine von ihr beauftragte Wuppertaler Wirtschaftsprüfungsgesellschaft der VHS in NRW massives Führungs- und Kontrollversagen. Wie aus dem der dpa vorliegenden Bericht hervorgeht, wurde die Unterschlagung dadurch erst möglich. Grob fahrlässige Pflichtverletzungen sehen die Prüfer beim langjährigen Verbandsdirektor und beim Verwaltungsleiter der VHS NRW.

«Es sind klare Schnitte gezogen worden», sagte Leidemann nach einer Mitgliederversammlung des Landesverbands in Köln. «Es gibt auch einen personellen Neuanfang.» Über Einzelpersonalien wollte sie aber die Öffentlichkeit noch nicht informieren.

Die Staatsanwaltschaft Düsseldorf ermittelt bereits seit September 2013 wegen Verdachts der Untreue gegen die Buchhalterin. Nach dem Prüfbericht muss aber von einem höheren Schaden und einem größeren Ausmaß von Misswirtschaft bei der VHS ausgegangen werden als zunächst angenommen. Der Landesverband, in dem laut Prüfbericht seit Jahren chronische Liquiditätsengpässe kaschiert wurden, ist dadurch auch in eine finanzielle Schieflage geraten. «Wir versuchen, eine Lösung zu finden und den Verband über die Runden zu bringen», sagte Leidemann.

Die Wirtschaftsprüfer gehen nach Sichtung der Konten- und Buchführung davon aus, dass auch Fördermittel aus dem Europäischen Sozialfonds (ESF) zweckentfremdet wurden. Dabei geht es um 188.000 Euro. Die Buchhalterin habe Mitgliedsbeiträge und Zuweisungen aus dem ESF hin und her verschoben, um ihre Unterschlagung zu verschleiern, sagte Leidemann. Letztlich seien den Volkshochschulen aber alle ihnen zustehenden Mittel für Weiterbildungsprojekte ausbezahlt worden.

Der rund 75-seitige Prüfbericht listet eine Kette des Versagens auf: Es habe kein Kontrollsystem und kein Vier-Augen-Prinzip im Zahlungsverkehr gegeben. Die Konten und die Buchhaltung wurden nicht ordentlich geführt und der Vorstand nicht über Unregelmäßigkeiten informiert. Trotzdem habe der damals beschäftigte Wirtschaftsprüfer eine ordnungsgemäße Buchhaltung testiert und damit seine Pflichten verletzt. Die Prüfer sehen Anhaltspunkte für haftungsrechtliche Ansprüche gegen die Buchhalterin, den Verbandsdirektor, den Verwaltungsleiter und die damaligen Prüfer.

Die Buchhalterin konnte laut Prüfbericht allein Finanzbuchungen veranlassen und Gelder auf ihr eigenes Konto schanzen. Niemand außer ihr hatte Zugriff auf die elektronische Buchhaltung – auch nicht der Verwaltungsleiter, der sie hätte kontrollieren sollen. Alle Hinweise auf solche Defizite, Zahlungsrückstände des Verbands oder auf verdächtige Unregelmäßigkeiten seien entweder ignoriert oder Anweisungen für Verbesserungen missachtet worden – ohne Konsequenzen.

Dabei habe es konkrete Verdachtsmomente gegen die Buchhalterin schon früh gegeben, stellten die Prüfer fest. «So wurde beispielsweise nach Bekanntwerden einer möglichen Gehaltspfändung bei der Mitarbeiterin im Jahr 2009 keine weitere Sicherung des Vereinsvermögens vorgenommen.»

Dem Bericht zufolge reagierte die Hausspitze weder auf Zahlungsprobleme des Verbands noch wurden Außenstände eingetrieben oder personelle Konsequenzen gezogen. Dabei seien dem Verwaltungsleiter und dem Verbandsdirektor viele – teils schon für Laien ersichtliche – Defizite seit Jahren bekanntgewesen. Allerdings habe der Direktor auch selbst von fehlender Kontrolle profitiert: seine Dienstreisen konnte er sich selbst genehmigen.

Fazit der Prüfer: «Die Missstände in der Buchhaltung wurden zwar erkannt, Maßnahmen zur Beseitigung jedoch nicht ergriffen.» Das «Kontrollsystem» des Vereins entspreche «in keinster Weise» den Standards. Von Bettina Grönewald, dpa

 

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