BLLV: Bayerische Schulen leiden unter dramatischem Personalmangel

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MÜNCHEN. Der Bayerische Lehrer- und Lehrerinnenverband (BLLV) schlägt Alarm, denn nach eigenen Angaben ist der Personalmangel so groß wie seit Jahren nicht. In der Oberpfalz drohe die Situation zu eskalieren.

Die oberpfälzische Bezirksvorsitzende des BLLV, Ursula Schroll, spricht von einem „Notstand“, der seit vielen Wochen an den Schulen herrsche. „Es fehlt an allen Ecken und Enden. Es ist dramatisch.“ Den BLLV erreichen auch Hilferufe aus anderen Bezirken, zum Beispiel aus Ober- und Unterfranken oder aus Niederbayern, so der Verband. Betroffen seien vor allem Grund- und Mittelschulen. In fast allen bayerischen Bezirken seien dem BLLV zufolge die Mobilen Reserven aufgebraucht. Viele Schulleiter wüssten nicht, wie sie die Löcher stopfen sollen. „Die Klagen sind massiv, die Verzweiflung groß“, sagt BLLV-Präsident Klaus Wenzel und fordert für die besonders schlimm betroffenen Bezirke und einzelne Härtefälle Sofortmaßnahmen.

BLLV-Präsident Klaus Wenzel
BLLV-Präsident Klaus Wenzel fordert vom Bayerischen Kultusminister, sich für mehr Lehrerstellen einzusetzen. Foto: BLLV

Reihenweise komme es an den Schulen zu sogenannten „Fremdeinsätzen“. Dabei erfahren Lehrer von einem auf den anderen Tag, dass sie Unterrichtsfächer übernehmen müssen, für die sie nicht ausgebildet sind. Von vielen Lehrkräften werde erwartet, mehrere Klassen gleichzeitig zu führen. In der Statistik des Kultusministeriums zähle diese Art der Klassenführungen aber nicht als Unterrichtsausfall, obwohl die Schüler gerade noch beaufsichtigt werden könnten.

„Wenn eine Fachlehrerin, ausgebildet für Textiles Werken und Gestalten, von einem Tag auf den anderen den Mathematikunterricht einer neunten Klasse übernehmen soll, löst das Stress aus. Wenn Inklusion ohne entsprechendes Personal umgesetzt werden soll, stellt dies Schulleitungen und Lehrkräfte vor unlösbare Aufgaben. Wenn es niemanden mehr gibt, der im Krankheitsfall oder bei Schwangerschaften einspringen kann, bricht die Unterrichtsversorgung zusammen. Unzählige Schulen in Bayern stehen genau an diesem Punkt und wissen nicht mehr weiter“, beschreibt Wenzel die Situation. Dass gleichzeitig Personal eingespart und junge Lehrkräfte nicht eingesetzt würden, in der Öffentlichkeit aber das Bild einer heilen Schulwelt gezeichnet werde, empöre und verbittere tausende Lehrer.

Wegen der personell angespannten Situation werde auch die Umsetzung der Inklusion zum Belastungsfaktor. Beim BLLV mehrten sich Fälle von Lehrkräften, die sich überfordert fühlen oder ihre Sorge darüber äußern, bei den gegebenen Voraussetzungen weder dem behinderten Kind noch den anderen Mitschülern gerecht werden zu können. Zahlreiche Lehrkräfte hätten sich bereits in verzweifelten Briefen und Mails an die BLLV Rechtsabteilung gewandt und um Hilfe gebeten. „Die Dimension der Problematik ist manchmal erschütternd. Uns sind Fälle bekannt, wo in Regelklassen mehrere stark behinderte Kinder inkludiert werden und die Lehrkraft nach kurzer Zeit am Ende ihrer Kräfte ist, weil sie die Belastung unter den aktuellen Voraussetzungen gar nicht bewältigen kann“, so Wenzel. Die Inklusion werde dadurch zu einem Belastungsfaktor, der nicht mehr zu vertreten sei.

Der BLLV-Präsident fordert sofortige Abhilfe: „Ich kann nicht nachvollziehen, dass der Kultusminister nicht wie ein Löwe für mehr Stellen kämpft. Er weiß, dass wir deutlich mehr Personal brauchen, um den Unterrichtsausfall zu reduzieren. Ganz zu schweigen von den anspruchsvollen schulpolitischen Zielen der Staatsregierung.“

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