DÜSSELDORF. Werbung und Lobbyismus hat an Schulen nichts zu suchen. Das würde wohl jeder Pädagoge unterschreiben und kann u.a. mit dem “Beutelsbacher Konsens” einfach begründet werden. Umso unverständlicher ist es, dass in vielen Schulgesetzen die Formulierungen zum Thema extrem schwammig sind. So heißt es etwa im NRW Schulgesetz: Schulen dürfen zur Erfüllung ihrer Aufgaben Zuwendungen von Dritten entgegennehmen und auf die Leistungen des Sponsors in geeigneter Weise hinweisen. “Der Werbeeffekt solcher Hinweise soll dabei deutlich hinter dem schulischen Nutzen zurücktreten.”
Dass das keinen ausreichenden Schutz bietet und Unternehmen jedes Einfallstor nutzen, und sei es noch so klein, um die begehrte und beeinflussbare Zielgruppe der Kinder und Jugendlichen zu erreichen, beweisen die folgenden Fakten:
- Binnen zwei Jahren hat sich die Zahl, der von Unternehmen gestellten Unterrichtsmaterialien, verzwanzigfacht. 16 der 20 umsatzstärksten deutschen Unternehmen publizieren laut Augsburger Bildungswissenschaftlern Schulmaterial, in dem sie ihre eigenen Produkte anpreisen. Darunter Ritter Sport, Daimler oder Bayer. Und oftmals ist nicht auf den ersten Blick zu erkennen, welches Unternehmen hinter welcher Publikation steht.
- Nach Informationen von SPIEGEL ONLINE hat das Innenministerium die Verbreitung der bpb-Publikation „Ökonomie undGesellschaft“ vorläufig untersagt, nachdem sich der Arbeitgeberverband BDA darüber beschwert hatte. Nach einer Protestwelle, ist das Buch jezt wieder hier erhältlich.
- Recherchen des gemeinnützigen Vereins “LobbyControl” zeigen, dass der Energiekonzern RWE an Schulen Lobbyarbeit betreibt: Mit Schulkooperationen, Unterrichtsmaterial und Schulsponsoring versucht er, Kindern und Jugendlichen den Nutzen von Braunkohle für die Gesellschaft zu verdeutlichen und den Ruf von RWE zu verbessern.Ein Beispiel: RWE stellt auf seiner Webseite Unterrichtsmaterial mit dem Titel „Braunkohle im rheinischen Revier“ bereit. Wer dort Botschaften von RWE sucht, muss nicht lange blättern: In Material 10 geht es etwa um das Thema Umsiedlung. Nach einer Einleitung, in der Vor- und Nachteile angesprochen wurden, berichtet Julia (14) von der Umsiedlung ihrer Familie: „ […] Erst fanden wir die Umsiedlungspläne ganz schlimm. […] Jetzt haben wir aber gesehen, wie unser neues Haus aussehen wird. Es ist viel schöner und moderner als das alte. Mein Vater sagt, dass es auch energietechnisch natürlich viel besser ist. Und für meine Oma gibt es eine kleine altersgerechte Wohnung; jetzt muss sie nicht mehr die Treppen hochlaufen, die ihr schon längere Zeit Probleme gemacht haben. Ein bisschen freut sie sich deshalb jetzt auch. Und da fast alle Bewohner des Dorfes mit umsiedeln, werde ich auch meine Freunde nicht vermissen. Die neue Sporthalle ist übrigens auch viel besser als die alte, und der Tagebaubetreiber finanziert noch viele weitere tolle Projekte, die unser neues Dorf schöner machen sollen. Natürlich finde ich es noch immer traurig, dass es unsere alte Heimat bald nicht mehr geben wird, aber auch das neue Dorf hat viele Vorteile“
- In Kooperationsverträgen, die RWE mit Schulen geschlossen hat, heißt es: Schülerinnen und Schülern „soll die Bedeutung und der Nutzen dieser Industrie [Braunkohle] für die Gesellschaft, besonders auch für die Region, verdeutlicht werden.“
Ohne Zweifel, Kooperationen mit Unternehmen können gut und sinnvoll sein. Schulen haben jedoch die Aufgabe, Einmischung in ihre inneren Angelegenheiten abzuwehren. “Kaum ein Unternehmen würde dulden, was manche Schulen in dieser Hinsicht zulassen”, sagt der Schulsponsoringbeauftragte des Landes NRW Helmut Schorlemmer. Sponsoring ist nur erlaubt, wenn es sich mit dem Bildungs- und Erziehungsauftrag der Schule vereinbaren lässt.
Diese Grenze zu ziehen, scheint immer mehr Schulen schwer zu fallen. Der Lehrergewerkschaftschef Udo Beckmann vom VBE NRW erklärt das folgendermaßen: „Je weniger die politisch Verantwortlichen den Anspruch an Schule und die notwendige Gestaltung zur Erfüllung dieses Anspruchs in Einklang bringen, umso mehr sind Schulen dafür anfällig, Grenzen des zulässigen Sponsorings zu überschreiten.“
Schulen schließen Kooperationsverträge jedoch nicht allein. Es muss zwingend die Schulafusicht eingebunden sein. Damit Schulen und Unternehmen also zukünftig konstruktiv zusammenarbeiten können, sind, neben einer besseren Ausstattung, die folgenden Dinge nötig: Schulen müssen bei Kooperationen besser von der Schulaufsicht unterstützt und beraten werden. Die Regeln für den Umgang mit Sponsoren sollten so konkret gestaltet sein, dass sie für Schulen einen verlässlichen Rahmen bieten. Werbung und Lobbyismus gehört nicht in Schulmaterialien. Nin
Vorwurf der Lobbyarbeit an Schulen: Ministerium schaltet sich ein
Wenn RWE, Henkel, BMW oder sonst wer 200.000€ für die Neuaustattung der naturwissenschaftlichen Räume spendet, würde ich auch ein großes Schild in die Sammlung hängen: “Ermöglicht durch [Firma XY]”
Vielleicht verwechseln Sie da etwas. Lobbyismus tritt an ganz anderer Stelle auf. Das Medienunternehmen mit Sitz in Gütersloh betreibt überhaupt keine Einflussnahme in den Schulen. Das Unternehmen hat sich schon vor Jahren aus der Leseförderung und der finanziellen Unterstützung der Schulbibliotheken zurückgezogen.
Der Einfluss auf die gesamte Politik und vor allem auf die Bildungspolitik ist nämlich Auf gabe der “unsäglichen” B. Stiftung, die den deutlichen Warnhinweis verdient “Mohn macht dumm.”
Und – wär das schlimm?
Gender-Mainstreaming ist aus meiner Sicht Lobbyismus in Reinkultur. Die Kompetenzorientierung, Schulzeitverkürzung am Gymnasium, die Einführung der GTR (NRW) aus meiner Sicht Lobbyismus der Wirtschaft, der sich früher oder später bitter rächen wird.
Andererseits ist vollständig wertfreies Unterrichtsmaterial schwierig bis unmöglich herzustellen. Schilder mit “Finanziert durch eine Spende von …” haben für mich nichts lobbyistisches, in diversen Zoos wurden Umgestaltungen von Gehegen nur durch solche Spenden möglich und durch entsprechende Schilder oder teilweise Namenssponsoring der Anlage möglich. Letzteres hat aber an Schulen nichts verloren, Realschulen mal ausgenommen, so lange die Realschule nicht umbenannt wird in real,-schule …
alles zu seiner Zeit – hier müssen wir keine GM- oder Schulform-Diskusison aufmachen!