SCHWERIN. Keine Schule in Deutschland kommt heute mehr daran vorbei, sich mit dem Thema Handynutzung auseinanderzusetzen. Die Spanne reicht dabei vom generellen Verbot, bis zum Einsatz von Smartphones als Werkzeug im Unterricht. Einige Schulen bevorzugen differenzierte Regeln, viele haben dabei Einiges ausprobiert. Beispiele aus Mecklenburg-Vorpommern:
Wenn im Unterricht ein Handy schrillt, gibt es Ärger für den Besitzer – und mancherorts Kuchen für den Rest der Klasse. Von solch einer Strafe berichteten Rostocker Schüler in einer unter einigen der über 600 Schulen in Mecklenburg-Vorpommern. Zur Nutzung von Mobiltelefonen an Schulen existieren keine einheitlichen Regelungen. Fachleute diskutieren das Thema kontrovers. Unter älteren Schülern ist zehn Jahre nach der Markteinführung der Smartphones fast keiner mehr ohne.
Jede Schule entscheidet selbst, wie sie den Handy-Gebrauch regelt, sagte ein Sprecher des Bildungsministerium in Schwerin. Riesige Unterschiede gibt es nicht, auch wenn die Bestimmungen vom kompletten Verbot der Handynutzung im Schulgebäude bis dahin reichen, dass die Geräte stummgeschaltet auf dem Tisch liegen dürfen. Vermeiden wollen die Schulen unbedingt, dass die Mobiltelefone den Unterricht stören. Passiert das, sei das vorübergehende Einziehen des Geräts durch die Lehrkraft ausdrücklich als Erziehungsmaßnahme möglich, hieß es aus dem Ministerium. Das sei auch noch an der Beruflichen Schule Ecolea der Fall, bestätigt Schulleiterin Jana Pamperin in Schwerin.
Das Mitbringen von Handys ist in allen befragten Schulen erlaubt. An der Regionalen Schule «Ehm Welk» in Ueckermünde sind Smartphones jedoch nicht erwünscht. Die Schule habe das Filmen und Fotografieren auf dem Schulgelände verboten, sagte Schulleiter Dieter Ewert. Eigentlich sollte ein Notfalltelefon reichen. Im Unterricht müssen die Geräte seit zwei Jahren ausgeschaltet in der Tasche bleiben. Zuvor hätten die Schüler auch schon mal per Kabel Musik gehört.
Der Leiter des Gymnasiums Carolinum in Neustrelitz, Henry Tesch, hält es bei einem Einzugsradius von 60 Kilometern für angemessen, dass die Schüler erreichbar sind oder ihre Familien anrufen können. Ohnehin ist der frühere Bildungsminister den digitalen Medien in der Schule gegenüber sehr aufgeschlossen. Er sitzt im Expertenrat für die Schul-Cloud von Bundesbildungsministerin Johanna Wanka (CDU). Auf die Internetplattform sollen Videofilme, Unterrichtsmaterial, Bilder und Projekte eingestellt werden. Doch Schülerhandys bekommen auch im Carolinum Ruhe verordnet. Sie müssen in Regalen in jedem Unterrichtsraum abgelegt werden – und zwar ausgeschaltet. Ausnahmen bestätigen die Regel: Im Mathe-Unterricht werden bestimmte Apps benutzt und auch in anderen Fächern dürfen Smartphones, iPads und Tablets zur Recherche herangezogen werden.
An der Eva, der evangelischen Schule in Neubrandenburg, sind eingeschaltete Handys im Schulgebäude seit mehr als einem Jahr tabu. «Es sei denn, der Lehrer will sie im Unterricht nutzen», sagte Leiter Karsten Quaschning. Man habe es sich nicht leichtgemacht und zunächst ein sechswöchiges «Handyfasten» ausprobiert. Grund sei die Unzufriedenheit unter den Lehrern gewesen. Die Schüler vor allem der 7. und 8. Klassen hätten in den Pausen bis zur letzten Sekunde gespielt, anstatt an den Unterricht zu denken. Die Kommunikation unter ihnen und zu den Lehrern sei gestört gewesen. Nach der Probezeit sei nochmals diskutiert worden, denn auch unter den Lehrern der integrierten Gesamtschule habe keine Einhelligkeit bestanden. «Mittlerweile ist das Verbot akzeptiert», sagte Quaschning. Die Schule sieht sich in ihrer Entscheidung bestätigt: Die Schüler würden wieder mehr kommunizieren, der Unterricht sei ungestörter. Dass Handys eingezogen werden, passiere noch, habe aber nachgelassen.
An vielen Gymnasien wie dem Innerstädtischen Gymnasium Rostock und dem Gymnasium Reutershagen sind Handys nicht generell verboten, ihre Benutzung außerhalb des Unterrichts ist aber räumlich begrenzt, etwa auf den Pausenhof oder die Cafeteria. Das Goethe-Gymnasium in Schwerin gestattet die Nutzung in den Pausen auch im Schulgebäude. Das Handy-Thema sei nicht das große Problem, sagte die stellvertretende Schulleiterin Gabriele Gründler. An der Ecolea, die in mehreren medizinischen Berufen ausbildet, dürfen die Schüler ihre Handys im Unterricht zum Nachschlagen etwa von Fachbegriffen verwenden. Wer dagegen private Nachrichten tippt, muss das Handy abgeben – so steht es in der Hausordnung, die jeder Berufsschüler unterschreibt. (Birgit Sander, dpa)