HANNOVER. Neue Schulformen, der Ausbau des Ganztags, differenzierte Unterrichtsangebote oder mehr Hausaufgabenhilfe, warum die Quote der Schulabbrecher in Niedersachsen sinkt ist umstritten. Insgesamt sehen Ministerium und Gewerkschaften das Land aber einhellig auf einem guten Weg, doch noch seien nicht alle Probleme gelöst.
Die Zahl der Schulabbrecher in Niedersachsen ist weiter zurückgegangen. Nach einer Erhebung für das Jahr 2014, die das Landesamt für Statistik jetzt vorgelegt hat, haben landesweit 4245 Jugendliche die Schulen verlassen, ohne mindestens einen Hauptschulabschluss zu erwerben. Dies entspricht einem Anteil von 4,9 Prozent. In Niedersachsen sinkt die Quote der Schulabbrecher, die um die Jahrtausendwende noch bei rund zehn Prozent gelegen hatte, seit Jahren.
Das Kultusministerium führt dies unter anderem auf den Ausbau der Ganztagsschulen zurück. Nach Ansicht der Bildungsgewerkschaft GEW wirkt sich auch die zunehmende Zahl der integrierten Gesamtschulen positiv aus. Hier müsse aber noch mehr getan werden, sagte die stellvertretende Landesvorsitzende Laura Pooth. Die Schulabbrecherquote sei in Deutschland im Vergleich zu anderen OECD-Staaten nämlich immer hoch. Grundsätzlich sei Niedersachsen aber auf einem guten Weg.
Ganztagsschulen bieten nach Darstellung des Kultusministeriums «große Möglichkeiten, alle Schülerinnen und Schüler zu fördern und bei der Erlangung eines Schulabschlusses zu unterstützen. Ein Beispiel sei die Hausaufgabenhilfe, sagte Sprecherin Tanja Meister.
«Sicherlich hat die Ganztagsschule eine positive Wirkung», sagte auch der Landeschef der Lehrergewerkschaft GEW, Eberhard Brandt. Er kritisierte jedoch die Entwicklung bei anderen Schulformen. «An den Hauptschulen macht ein Zehntel der Schüler keinen Schulabschluss. Hier haben wir noch immer ein großes Problem», teilte er mit. Auch an den Förderschulen mit Schwerpunkt Lernen bekämen jedes Jahr 1500 Schüler keinen Schulabschluss. Nur 1000 von ihnen schafften einen Hauptschulabschluss, sagte Eberhardt.
Im Ländervergleich lag die Schulabbrecherquote in Niedersachsen zuletzt allerdings deutlich unter dem Bundesdurchschnitt von 5,8 Prozent. Die relativ meisten Schulabbrecher gab es dem LSN zufolge in Sachsen-Anhalt (9,7) und Berlin (9,2 Prozent), die wenigsten in Bayern (4,5 Prozent).
Positiv wirkten sich in Niedersachsen vor allem zahlreiche Neugründungen von Ober- und Gesamtschulen aus, sagte Meister. «Die hier sehr ausgeprägten begabungs-, leistungs- und bildungsgangsgerechten Unterrichtsangebote bilden gute Rahmenbedingungen zur Förderung aller Schülerinnen und Schüler.»
Grundsätzlich sei aber nicht die Schulform entscheidend, sondern die bestmögliche Unterstützung der Schülerinnen und Schüler durch entsprechende Konzepte und Förderpläne.
Die Abbrecherquote setzt die Zahlen der Schulabgänger ohne Abschluss ins Verhältnis zur etwa gleichaltrigen Bevölkerung. Dadurch können nach Angaben des LSN demografische Entwicklungen berücksichtigt werden. Zudem seien Vergleiche im Zeitverlauf und zwischen den Bundesländern möglich.
Wie sich die Aufnahme von zusätzlich rund 36 000 Kindern und Jugendlichen während der Flüchtlingskrise in die niedersächsischen Schulen auf die Abbrecherquote auswirken wird, sei noch unklar, sagte die Ministeriumssprecherin. Dazu lägen noch keine Zahlen vor. (dpa)