GREIFSWALD. Die Universität Greifswald wird jetzt doch weiter den Namen «Ernst Moritz Arndt» tragen. Die Beschlussfassung an der Hochschule verlief nach Einschätzung des Bildungsministeriums nicht rechtskonform.
Seit Januar ziehen sich tiefe Gräben durch die Greifswalder Bevölkerung: Nachdem der erweiterte Senat der Universität beschlossen hatte, den Namen «Ernst Moritz Arndt» abzulegen, spaltete sich die Hansestadt in Arndt-Befürworter und Arndt-Gegner. Nun steht fest: Die Uni darf den umstrittenen Namen nicht ablegen. Das Bildungsministerium in Schwerin stimmte einer entsprechenden Änderung der Grundordnung der Hochschule nicht zu. Das Beschlussverfahren über eine Änderung der Grundordnung sei nicht rechtskonform gelaufen, begründete Ministerin Birgit Hesse (SPD) am Dienstag in Schwerin die Entscheidung. Vor der Beschlussfassung im erweiterten Senat hätte sich der engere Senat der Hochschule mit der Änderung der Grundordnung befassen müssen. Dies sei nicht erfolgt.
Die Universität will den mehrseitigen Entscheid des Ministeriums zunächst studieren und sich erst dann äußern, wie ein Uni-Sprecher sagte. Kritiker der Namens-Ablegung jubelten: «Ich denke, die Universität ist jetzt gut beraten, innezuhalten und nicht sofort einen neuen Beschluss zu fällen», sagte der CDU-Landtagsabgeordnete Egbert Liskow. Die Entscheidung des Ministeriums gebe nun die Chance für ein gemeinsames Vorgehen von Stadt und Universität.
Kritiker wie Liskow oder auch der Linken-Politiker Peter Multhauf hatten moniert, dass die Uni den Beschluss ohne Einbeziehung der Greifswalder Bevölkerung gefasst hatte. Die Hochschule, vornean Rektorin Hannelore Weber, hatte hingegen auf die Autonomie der Hochschule verwiesen.
Der Name des pommerschen Patrioten (1769-1860), der 1933 der Universität durch den damaligen preußischen Ministerpräsidenten Hermann Göring genehmigt war, stand seit der politischen Wende mehrfach auf dem Prüfstand. Am heftigsten wurde in den Jahren 2009 und 2010 über Arndt gestritten. Die Uni hatte damals eine umfangreiche wissenschaftliche Anhörung zu Arndt durchgeführt, die kein einheitliches Bild bot. Eine Ablegung des Namens war nach umfassender Diskussion im Senat gescheitert.
Nach den zermürbenden Diskussionen vor sechs Jahren wollte die Universität das Verfahren vereinfachen. Die erneute Abstimmung im Senat der Uni war im Frühjahr 2016 durch zwölf Senatoren initiiert worden. Die Uni setzte eine Namenskommission ein. Am 11. Januar, eine Woche vor der Entscheidung im erweiterten Senat, dem höchsten Universitätsgremium, hatte es eine hochschulöffentliche Anhörung gegeben. Am 18. Januar folgte dann der Beschluss mit der erforderlichen Zwei-Drittel-Mehrheit. Dies hatte zu Empörung in Teilen der Greifswalder Bevölkerung geführt. Alte und neue Rechte stellten sich auf die Seite der Arndt-Verfechter und nutzten den Streit für nationalistische Töne.
Patriot und Antisemit
Arndt ist eine widersprüchliche Persönlichkeit. Er hatte Anfang des 19. Jahrhunderts gegen Napoleon und die Franzosen polemisiert. Er gilt als Verfechter der deutschen Einheit. Arndt hat auch antisemitische und nationalistische Schriften veröffentlicht. Die Nationalsozialisten sahen in ihm einen Vordenker. Zu DDR-Zeiten wurde hervorgehoben, dass Arndt mit seinen Schriften die Abschaffung der Leibeigenschaft 1806 in Pommern befördert hatte. Umstritten war bei den Arndt-Gegnern vor allem, dass der damalige preußische Ministerpräsident Hermann Göring 1933 der Universität den Namen genehmigt hatte. Bundesweit sind Straßen, Plätze und auch Kasernen nach Arndt benannt.
Dem Ministerium lagen 16 Beschwerden gegen den Beschluss der Universität vor, darunter auch von vier tätigen und emeritierten Professoren. Sie hatten «unheilbare Formfehler bei der Entscheidung» kritisiert. Ministerin Birgit Hesse betonte am Dienstag, dass Hochschulen ihren Namen laut Landeshochschulgesetz selbst festlegen können, solange der jeweilige Sitz der Hochschule Namensbestandteil sei. Die Beschlussfassung müsse jedoch rechtskonform erfolgen. Ob der Uni-Senat nach der Zurechtweisung durch das Ministerium nun einen weiteren Anlauf unternimmt, blieb offen. Martina Rathke, dpa