STUTTGART. Immer weniger Lehrer unterrichten in Werkrealschulen. Andere Schularten hingegen benötigen dringend Verstärkung. Damit Angebot und Nachfrage zusammenpassen, legt das Land Baden-Württemberg jetzt eine Kampagne auf.
Das Kultusministerium reagiert mit einer Qualifizierungskampagne auf das allmähliche Verschwinden von Haupt- und Werkrealschulen im Südwesten. Insgesamt 5000 Lehrer sollen von einer knapp 40 Millionen Euro teuren Fortbildung profitieren können, wie Kultusministerin Susanne Eisenmann (CDU) am Dienstag in Stuttgart erläuterte. «Im Hinblick auf die sich verändernde Schullandschaft ist es entscheidend, Haupt- und Werkrealschullehrkräften Perspektiven für eine Beschäftigung in weiteren Schularten zu eröffnen.» Lehrer werden vor allem für Real-, Gemeinschaftsschulen und Sonderpädagogische Beratungszentren (SBBZ) gebraucht. Die Pädagogen müssen die Qualifizierung zum Teil in der unterrichtsfreien Zeit absolvieren.
Die FDP im Landtag will die Aufstiegsangebote auch auf jene Lehrer, die an einer Haupt-/Werkrealschule bleiben wollen, ausgeweitet sehen. Derzeit lehren noch rund 30.000 Pädagogen an dieser Schulart. Auch der Verband Bildung und Erziehung forderte für diese hoch belastete Gruppe generell eine Höhergruppierung.
Laut Statistischem Landesamt gibt es noch 682 Werkrealschulen im Land. Vor knapp zehn Jahren waren es noch 1200. Drei bis vier dieser Schulen seien jährlich von Schließung bedroht. Eisenmann betonte aber auch: «Das ist kein Auflösungsprogramm für Haupt- und Werkrealschulen.» Die Weiterbildung werde langfristig auch strukturelle Veränderungen im Landeshaushalt nach sich ziehen: Denn mit der Qualifizierung ist auch ein Wechsel der Besoldungsgruppe verbunden. Die Mehrkosten bezifferte Eisenmann grob auf rund 40 bis 42 Millionen Euro jährlich.
Derzeit gibt es zwei Besoldungsgruppen in den Schulen, die etwa in der Gemeinschaftsschule Seite an Seite arbeiten. Bei gleicher Tätigkeit verdienen die dort eingesetzten Gymnasial- und Realschullehrer (A13) um die 600 Euro brutto mehr als die Werkrealschullehrer (A12). Dieses Zwei-Klassen-System soll nun langsam verschwinden. «Wenn Lehrkräfte an einer Schule die gleiche Arbeit machen, müssen sie auch gleich bezahlt werden», betonte Bildungsexperte Gerhard Kleinböck von der SPD-Landtagsfraktion, die die Pläne begrüßte.
Die Grünen im Landtag hatten nach eigenen Angaben in der letzten Legislatur durchgesetzt, dass Lehrkräfte, die ab dem 1. Februar 2016 an Haupt-, Werkreal-, Real- und Gemeinschaftsschulen in den Vorbereitungsdienst einsteigen, einheitlich nach der Besoldungsgruppe A13 bezahlt werden. Damit hätten sie mit dem Eintritt in den Schuldienst in diesem September mehr Geld als ihre erfahrenen Kollegen.
Auch rechtlich sind die Qualifizierungsmöglichkeiten geboten: 2014 bestätigte das Bundesverwaltungsgericht den Anspruch einer bereits an einer Realschule tätigen, aber als Hauptschullehrerin ausgebildeten Lehrkraft in Rheinland-Pfalz auf eine Qualifizierung für eine höhere Besoldung.
Prüfung steht an
Das Ministerium hat die Qualizierung nach Erfahrung und Einsatzort konzipiert. So beginnt im Laufe der zweiten Jahreshäfte eine Qualfizierung für 3200 Lehrkräfte, die schon an Gemeinschaftsschulen eingesetzt sind oder perspektivisch dauerhaft an Realschulen oder an Gemeinschaftsschulen eingesetzt werden. Sie müssen ein sogenanntes fachdidaktisches Kolloquium sowie eine unterrichtspraktische Prüfung bestehen.
800 Lehrkräfte, die bereits an sonderpädagogischen Bildungs- und Beratungszentren (Ehemals Sonderschulen) lehren, können eine einjährige pädagogische Weiterbildung für einen sonderpädagogischen Förderschwerpunkt durchlaufen. Das Lehrpersonal kommt zum Teil von den Pädagogischen Hochschulen. Für bereits an Realschulen eingesetzte Pädagogen wurde schon im November vergangenen Jahres eine Weiterbildung für knapp 300 Lehrer begonnen. Rund 400 Plätze stellt das Ministerium bereit für Haupt -und Werkrealschullehrer, die noch nicht an anderen Schularten unterrichtet haben. Sie werden auf den Unterricht an den sonderpädagogischen Beratungszentren vorbereitet. dpa
Es ist zu hoffen, dass diese Prüfungen eine mehr oder weniger Formsache sind.
Außerdem habe ich meine Zweifel, dass eine einjährige Fortbildung zum Förderschullehrer im Zweifel parallel zum Unterricht ein Hochschulstudium ersetzen kann.