Studie: Gute Note in einem Fach kann zu Abwertungen anderer Fächer führen

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TÜBINGEN. Wenn Schülerbewertungen des Unterrichts etwa bei Schulevaluationen eine größere Rolle spielen sollen, gilt es genauer hinzuschauen, mahnt eine Studie von Tübinger Bildungsforschern.

Der pädagogischen Psychologie zufolge bewerten Schülerinnen und Schüler ihre Fähigkeiten in einem Bereich, indem sie ihre Leistungen in diesem Bereich mit ihren Leistungen in anderen Bereichen vergleichen. Diese Selbsteinschätzung korrelieren mit ihrem „akademischen Selbstkonzept“ und beeinflussen sowohl Lern- als auch schulisches Wahlverhalten. Dass Schülerinnen und Schüler auch den Unterricht in ihren „guten“ Fächern besser bewerten als in den Fächern, in denen sie sich selbst als schwächer einschätzen, vermuten Lehrerinnen und Lehrer schon lange. Wissenschaftlich untersucht sind die Zusammenhänge allerdings bislang wenig, was angesichts vielfältiger Ansätze, der Beurteilung der Unterrichtsqualität durch Schülerinnen und Schüler bei der Schulentwicklung mehr Gewicht zu verleihen, beinahe verwundern mag.

Die Forscher bestätigen, was Lehrer schon immer ahnen, aber die Zusammenhänge sind noch komplexer. Foto: Shutterstock

Bildungsforscherinnen und -forscher der Universität Tübingen haben nun die Zusammenhänge zwischen den Noten der Schülerinnen und Schüler und ihren Bewertungen der Unterrichtsqualität im Mathematik- und Deutschunterricht untersucht. In ihrer Studie fanden sie nicht nur bestätigt, dass Noten die Beurteilung des Unterrichts in dem jeweiligen Fach beeinflussen. Vielmehr können Noten sich auch auf die Bewertung in anderen Fächern auswirken. Konkret heißt das: Vergeben Lehrkräfte überdurchschnittlich gute Noten, kann dies laut der Studie dazu führen, dass ihr eigener Unterricht besser bewertet wird, aber auch ihren Kolleginnen und Kollegen eine etwas schlechtere Unterrichtsbewertung einbringen.

Anhand der Untersuchung des Zusammenhangs der Noten von rund 6.500 Schülerinnen und Schülern der Klassen 5 bis 10 in den Fächern Mathematik und Deutsch mit ihrer Bewertung der Unterrichtsqualität wurde also deutlich: Je besser die Note der Schülerinnen und Schüler in einem Fach, desto besser bewerteten sie dort den Unterricht.

Gleichzeitig zeigte sich aber auch, dass eine bessere Note in einem Fach mit einer schlechteren Beurteilung des jeweils anderen Fachs einhergeht – unabhängig davon, welche Note, aber auch welche tatsächliche Leistung dort erzielt wurde. Dieses vergleichende Bewertungsmuster hätten sie dabei nicht nur bei einzelnen Schülerinnen und Schüler festgestellt, so die Forscherinnen und Forscher, sondern es galt für ganze Klassen.

Das Schülerinnen und Schüler die Unterrichtsqualität in einem Fach bewerten, beeinflusst von den Noten, die sie in einem anderen Fach erhalten, berge, so Ann-Kathrin Jaekel einige Implikationen. „Dieses Phänomen sollte besonders berücksichtigt werden, wenn Schülerbewertungen für die Beurteilung von Lehrkräften im Rahmen der Unterrichtsevaluation herangezogen werden“, betont sie. „Mit ihren Ergebnissen liefert uns die Studie ein wichtiges Puzzlestück, um die Frage zu beantworten, welchen Nutzen Schülerurteile für die Schulpraxis haben und welche Einschränkungen dabei zu berücksichtigen sind.“, ergänzt Co-Autor Richard Göllner. In weiteren Studien soll nun untersucht werden, wie solche Beurteilungseffekte bei der Verwendung von Schülerurteilen in der Praxis bestmöglich vermieden werden können. (zab, pm)

Die Studie ist im Journal of Educational Psychology veröffentlicht (Bezahlschranke)

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5 Kommentare
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Georg
2 Jahre zuvor

Haben die Autoren gerade für das Fach Mathematik das gesellschaftlich akzeptierte negative Ansehen herausgerechnet?

Dil Uhlenspiegel
2 Jahre zuvor

Schöne Studie, schönes Ergebnis … da werd ich fast neidisch

Klugscheisser
2 Jahre zuvor

Das Schülerinnen und Schüler die Unterrichtsqualität in einem Fach bewerten,

Besser
Dass Schülerinnen und Schüler… ?

Carsten60
2 Jahre zuvor

Das zeigt doch einfach, dass das ganze Geschwafel von „Unterrichtsqualität“, die man nur durch Umfragen unter Schülern, aber nicht anhand objektiver Kriterien messen möchte, höchst fragwürdig ist. In Berichten zur Ganztags- oder Gemeinschaftsschule heißt es regelmäßig: „Ganztags- bzw. Gemeinschaftsschulen sind bei guter Schulqualität gut.“ Das soll wohl suggerieren, dass die anderen Schulen auch bei guter Schulqualität schlecht sind. Und die Schulqualität wird dann oft genug anhand der Übereinstimmung mit den politischen Zielen der Landesregierung gemessen, aber nicht daran, was die Kinder tatsächlich lernen.

Riesenzwerg
2 Jahre zuvor

Leistungsbewertungen stehen meinen Kollegen zu – wenn ich sie darum bitte.

Leistungsbewertungengen stehen der Schulleitung zu.

Leidtungsbewertungen stehen dem Schulamt zu.

Leistungsbewertungen stehen sonst niemandem zu.

Schon gar niemandem, der Lehramt nicht studiert hat!

Somit sind alle KuMis raus!