Nach über 1.000 Jahren: Erstmals Mädchen bei den Regensburger Domspatzen

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REGENSBURG. Nach über 1000jähriger Geschichte dürfen in diesem Schuljahr auch Mädchen das Musikgymnasium und das Internat der Regensburger Domspatzen besuchen. Mit der Öffnung der Schule für Mädchen erhofft sich die Einrichtung auch mehr Nachfrage bei den Jungen.

Der Mädchenchor der Regensburger Domspatzen könnte Anfang 2023 erstmals öffentlich auftreten. Man hoffe auf den ersten Auftritt zu Beginn des kommenden Jahres, sagte Chorleiterin Elena Szuczies, zunächst müsse aber der Klang stimmen. «Wenn die Zeit dazu reif ist, werden wir einen Termin für den ersten Auftritt des Mädchenchors bestimmen.» Man fiebere darauf hin, im Regensburger Dom und auf den Konzertbühnen singen zu dürfen.

Regensburger Domspatzen in rot weißen Gewändern vor einem Alter
Gehört das Bild der Regensburger Domspatzen als reiner Knabenchor bald der Vergangenheit an? Foto: Michael Vogl/Wikimedia Commons (CC BY-SA 3.0)

Vergangene Woche startete das Schuljahr bei den Regensburger Domspatzen erstmals in der mehr als 1000-jährigen Geschichte auch mit Mädchen. 34 Schülerinnen nahm das Gymnasium auf, rund die Hälfte von ihnen geht auch auf das zugehörige Internat. Ebenfalls rund die Hälfte begann mit der fünften Klasse des Gymnasiums, die anderen stiegen in höheren Jahrgangsstufen ein. Mit der Öffnung der Schule für Mädchen erhofft sich die Einrichtung auch mehr Nachfrage bei den Jungen, wie ein Sprecher des Chores mitteilte. Da viele Kinder – Jungen wie Mädchen – gerne auf eine gemischte Schule gehen wollten oder weil dann auch Geschwisterkinder die gleiche Schule besuchen könnten.

«Sie kommen aus ganz Deutschland, die weiteste aus Wilhelmshaven», sagte Szuczies, entsprechend seien alle hoch motiviert und mit ganzem Herzen dabei. Dass auf den Gängen des Gymnasiums erstmals auch Schülerinnen unterwegs waren, war aus Sicht der Chorleiterin kein Problem. «In meiner Wahrnehmung wurden die Mädchen bei den Jungs gut angenommen. Bei sehr vielen war auch eine große Vorfreude spürbar.» Damit der Übergang reibungslos funktioniert, wurde ein eigenes Betreuungsteam geschaffen.

Alle Schülerinnen singen zusammen in einem Mädchenchor. Bei den Jungs gibt es drei Knabenchöre, das hängt aber auch mit dem Stimmbruch zusammen, der bei den Jungen zu größeren Veränderungen führt. «Bei Mädchen ist das etwas einfacher», erläuterte Szuczies. «Wenn sie in der fünften Klasse ihre Alt- oder Sopranstimme lernen, können sie diese in der Regel lückenlos bis zum Abitur singen.» Sollten aber künftig mehr Mädchen auf die Schule gehen, könnte der Chor auch aufgespalten werden.

Die ersten Wochen des neuen Chors will die Leiterin nutzen, «um uns sowohl musikalisch, als auch persönlich kennenzulernen und zu einer Chorgemeinschaft zusammenzuwachsen». Der erste Auftritt soll im Regensburger Dom sein, dort haben die Domspatzen schließlich ihre musikalische Heimat. Aber «Auch auf der Konzertbühne ist ganz klar das Ziel.»

Die 28 Jahre alte Kirchenmusikerin Elena Szuczies kommt aus Düsseldorf. Sie studierte an der Hochschule für Musik und Tanz in Köln Katholische Kirchenmusik und steht kurz vor dem Abschluss eines Masterstudiums im Chordirigieren an der Robert-Schumann Hochschule in Düsseldorf.

Die Domspatzen gelten als ältester Knabenchor der Welt und zählen zu den bekanntesten Chören überhaupt. Bei unzähligen Schallplatten- und CD-Aufnahmen haben sie mitgewirkt, regelmäßig sind sie im Fernsehen zu sehen. Tourneen führen die jungen Sänger auch immer wieder auf andere Kontinente, beispielsweise nach Japan oder in die USA. (dpa)

Missbrauch bei den „Regensburger Domspatzen“ – Ehemalige Schüler erheben neue Vorwürfe

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3 Kommentare
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Carsten60
1 Jahr zuvor

Nicht vergessen: Die Regensburger Domspatzen machten negative Schlagzeilen, weil es brutale Strafen seitens der Betreuer gab und auch sexuellen Missbrauch. Die musikalische Kompetenz war gut, die soziale aber nicht. Es stellt sich die Frage, ob sowas nicht typisch für Internate ist. Da haben Leute uneingeschränkte Herrschaft über Kinder.

Forumsleserin
1 Jahr zuvor

Warum männlichen Traditionen nacheifern, die sich nicht mehr männlich rekrutieren können, da aus der Zeit gefallen?

447
1 Jahr zuvor
Antwortet  Forumsleserin

Keine Ahnung.

Mir wird als Lesevorschlag direkt mal hier auf der Seite ein Artikel über den damaligen Missbrauchsskandal empfohlen… frage mich, wieso da überhaupt Eltern ihre Kinder anmelden…