Vergebene Liebesmüh? Worauf es beim Rechtschreibtraining für Klasse 5 bis 13 ankommt

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MÜNSTER/BODNEGG. Rechtschreibfehler wachsen sich leider nicht aus. Andersherum ist aber eine Verbesserung der Rechtschreibkompetenz auch nach der Grundschule jederzeit möglich. Vorausgesetzt die Kinder und Jugendlichen erhalten neben einer fundierten Diagnose auch eine Förderung mit altersgerechtem Material, das ihre individuellen Wissenslücken gezielt schließt. Lehrerin Nicola Schoberth erklärt im Interview, warum und wie sie deshalb das Diagnose- und Fördertool „Lernserver“ nutzt.

Rechtschreibförderung kann für alle Beteilgiten frustrierend sein, wenn sich keine Verbesserung einstellt. Altersgerechte und präzise individualisierte Materialien helfen sowohl Schülern als auch Lehrkräften. Das Lernserver-Angebot umfasst dazu ein wissenschaftlich fundiertes und praxisbewährtes Diagnose-Tool. Foto: Shutterstock

Frau Schoberth, Sie sind Deutschlehrerin am Bildungszentrum Bodnegg bei Ravensburg und Lehrbeauftragte für das Fach Deutsch am Seminar für Ausbildung und Fortbildung der Lehrkräfte (GWHRS) in Weingarten. Seit drei Monaten arbeiten Sie aktiv mit Ihren Neuntklässler:innen mit den Lernserver-Fördermaterialien. Wie ist es dazu gekommen?

Nicola Schoberth: Da ich in der Lehrkräftebildung arbeite, bin ich fachdidaktisch immer an Neuerungen interessiert mit dem Ziel, meinen Deutschunterricht modern und adäquat zu gestalten. In den letzten Jahren habe ich zunehmend feststellen müssen, dass die Rechtschreibübungen, die ich mit meinen Schüler:innen mache, irgendwie nicht richtig greifen. Die Leistungen wurden nicht wirklich besser.

Als dann über unser Kreismedienzentrum das Angebot zur Nutzung des Lernservers kam, dachte ich sofort: Super, das probiere ich aus! So habe ich mit meinen jetzigen Neuntklässlern aus dem Hauptschul-Zweig Ende der achten Klasse die Lernserver-Diagnose durchgeführt. Das war das Lücken-Diktat 7+, ein Test für alle, die die Jahrgangsstufe sieben schon vollendet haben und auch für Erwachsene einsetzbar. Die Auswertung erfolgt auf Basis der Münsteraner Rechtschreibanalyse automatisiert. Dahinter liegt eine riesige Datenbank, die auf die sprachwissenschaftliche Analyse von Fehlschreibungen von mehr als 600.000 Kindern und Jugendlichen zugreifen kann. Neu auftauchende Schreibungen werden von Lerntherapeuten und Sprachwissenschaftlern überprüft und händisch den entsprechenden Fehlerkategorien zugeordnet. Das finde ich sehr überzeugend.

Was ist der Lernserver?
 

Der „Lernserver“ ist ein aus analogen und digitalen Elementen bestehendes, wissenschaftlich abgesichertes Rundum-Angebot zur individuellen Förderung von Rechtschreibkompetenzen. In der Praxis hat sich das an der Universität Münster entwickelte Format vielfach bewährt: Bereits seit vielen Jahren setzen Schulen sowie Förder- und Therapieeinrichtungen die Lernmaterialien des Lernservers erfolgreich ein – als regelmäßigen Unterrichtsbestandteil, um Lernlücken zu schließen oder zur Unterstützung der Therapie bei einer Lese-Rechtschreib-Schwäche (LRS). Unzählige Schülerinnen und Schüler aller Schulformen, von der 1. bis zur 13. Klasse, haben so bereits ihre Rechtschreibung verbessern können.

Im Wesentlichen besteht die Lernserver-Förderdiagnostik aus zwei Schritten: Auf eine einfach durchzuführende Testung folgt eine ausführliche Fehleranalyse und die Ermittlung des Förderbedarfs. Daraus erstellt das System, begleitet und überwacht von Sprachwissenschaftlern und Lerntherapeuten, individuelle Förderpläne mit konkreten Materialien, die Lehrkräfte und Förderpädagog*innen, aber auch Nachhilfekräfte und Eltern dann gemeinsam mit den Kindern und Jugendlichen umsetzen können.

Weitere Infos unter www.lernserver.de.

Von meinen 15 Schülern produzierten tatsächlich fünf derartige kreative Neu-Schreibungen, sodass ihre Analysen händisch vom Lernserver-Team nachjustiert wurden. Die Fehlschreibungen der Schüler:innen muss man online auf der Lernserver-Plattform eingeben. Das kann bei vielen Fehlschreibungen zunächst etwas aufwendig sein. Aber es hat sich gelohnt, denn nach der Auswertung kann man für jeden Schüler einen Einzelförderplan anfordern und auch eine Gruppenförderung.

Wie stand es denn um die Rechtschreibkompetenz Ihrer Schützlinge?

Nicola Schoberth: Bei der Einzelanalyse kam heraus, was mich nicht erstaunt hat, dass ganz viele von meinen jetzigen Neuntklässlern Probleme im grundlegenden Bereich haben. Das heißt, die akustische Durchgliederung und Differenzierung, die korrekte Phonem-Graphem-Zuordnung, die normalerweise im Grundschulbereich geübt, gelernt, gefestigt werden muss, die ist nicht mehr im erforderlichen Maß vorhanden. Das ist eine Entwicklung, die mir in meiner Tätigkeit als Lehrbeauftragte der Sekundarstufe 1 auch an anderen Schulen ab Klasse fünf begegnet. Bisher gingen wir in der Lehrerausbildung hier immer von gewissen Grundkenntnissen aus. Ich merke aber immer mehr, dass dem nicht mehr so ist. Die Schüler:innen bringen zum Beispiel kein gefestigtes Wissen über die Silbenstruktur mehr mit, was aber elementar wichtige Voraussetzung für das Erlernen der Rechtschreibfähigkeit ist. Wenn diese Basics fehlen, ist es natürlich kein Wunder, wenn ich die Schüler mit meinen Materialien zum Vertiefen der Regeln nicht abholen kann. Es hilft also nichts, so weiterzumachen wie bisher. Wir müssen bei der Förderung in den Grundschulbereich zurück und dort ansetzen.

„Das ist der Mehrwert, den ich bisher noch bei keinem anderen Tool gefunden habe.“

Der Lernserver bietet jetzt den Vorteil, dass ich auswählen kann, ob ich die Schüler und Schülerinnen in Kleingruppen nach ihren Defiziten im grundlegenden Bereich oder im Regelbereich zusammenstellen möchte. Weil natürlich meine Schüler, mit wenigen Ausnahmen, hauptsächlich im grundlegenden Bereich starke Schwierigkeiten haben, habe ich die Gruppenzusammenstellung für diesen Bereich gewählt und mich dabei für eine Zusammenstellung von Vierergruppen entschieden. So habe ich jetzt von jedem eine Einzeldiagnose und kann mir gleichzeitig auch die Gruppendiagnose anschauen und beides miteinander abgleichen.

Die differenzierte Analyse und das genau abgestimmte Förderprogramm, das eben auch den grundlegenden Bereich einschließt, war für mich das Ausschlaggebende, den Lernserver zu nutzen. Das ist der Mehrwert, den ich bisher noch bei keinem anderen Tool gefunden habe.

Wie ging es nach der Diagnose weiter?

Nicola Schoberth: Das Lernserver-Förderprogramm bietet Materialien mit Lösungen und Hinweisen, mit denen die Schüler ein ganzes Schuljahr lang arbeiten können. Ich kann als Lehrperson sowohl die Materialien für die Gruppenförderung als auch für die Einzelförderung einsetzen. Bei uns sieht das praktisch so aus: Wir haben am Bildungszentrum Bodnegg ein bis zwei sogenannte „Lernbandstunden“ pro Hauptfach und Woche, in denen die Schüler lernen sollen, selbständig zu arbeiten. Mit den Schüler:innen habe ich abgesprochen, dass wir eine dieser Stunden für die Arbeit mit den Lernserver-Materialien nutzen. Die Schüler arbeiten eigenständig in ihren Gruppen am Fördermaterial. Jede Gruppe hat einen Ordner mit den Arbeitsblättern, die das Lernserver-System speziell für sie zusammengestellt hat. Entsprechend arbeitet jede Gruppe im eigenen Tempo. Zusätzlich kann ich auf die Einzelanalyse schauen und für einzelne Schüler Übungen hinzunehmen oder weglassen.

„Die Rechtschreibung ist deutlich besser geworden.“

Wie hoch ist denn die Motivation der Jugendlichen, an ihrer Rechtschreibung zu arbeiten? Nehmen sie das Lernserver-Angebot an?

Nicola Schoberth: Ich war selber sehr gespannt, wie sie damit zurechtkommen. Ich kenne grundlegendes RS-Fördermaterial bislang nur aus dem Grundschulbereich, für den es natürlich kindgemäß aufbereitet ist und dadurch eben überhaupt nicht ansprechend für Teenies. Die Lernserver-Materialien werden hingegen von den 15- und 16-Jährigen gut angenommen: Sie sind nicht überladen, sondern sehr übersichtlich, auch bildgestützt, aber eben altersadäquat. Ich muss sagen, das ist ein ganz wichtiger Punkt. Dass das Material passgenau aufbereitet ist, höre ich auch von meinen Referendar:innen, die das Lernserver-Angebot bislang in fünften und siebten Klassen einsetzen. Wichtig ist auch, dass das Material selbsterklärend ist und genau beim aktuellen Wissensstand ansetzt. Die Schüler müssen sich also nicht dauernd melden und Fragen stellen, sondern kommen selbstständig zurecht. Das ist für uns Lehrkräfte entlastend und für die Schüler motivierend. Ich habe zum Beispiel die Lösungen auf unsere Lernplattform gestellt. Wenn die Schüler mit einem Kapitel fertig sind, können sie auf den Schul-iPads oder zu Hause nachschauen und ihre Lösungen farbig abhaken oder korrigieren, so dass ich beim Durchschauen der Ordner sehen kann, ob es noch irgendwo hapert.

Die Schüler haben jetzt schon einige Monate mit dem Lernserver gearbeitet. Haben Sie schon ein erstes Fazit? 

Nicola Schoberth: Ja, sie haben ziemlich gut und motiviert drei Monate daran gearbeitet. Es gibt im nächsten Schritt die Möglichkeit einen B-Test zu machen und die Ergebnisse mit der ersten Diagnose zu vergleichen. Das habe ich noch vor. Was ich aber tatsächlich in den letzten Klassenarbeiten zum Thema Argumentation gemerkt habe, ist, dass die Rechtschreibung jetzt schon besser geworden ist. Erstaunlicherweise wirklich deutlich besser. Ich glaube, die Schüler:innen sind zum einen mehr sensibilisiert, weil wir einmal die Woche trainieren, und motiviert, weil sie einen Erfolg sehen. Denn diese Übungen gehen wirklich von der Basis aus, sind gut aufbereitet und überfordern nicht. Ich habe gemerkt, das ist nicht irgendwas Draufgesetztes, sondern das passt tatsächlich zu dem, was die Schüler brauchen. Das hatte ich vorher nie. Ähnliches haben mir auch die Referendare zurückgemeldet.

Zur Person:

Nicola Schoberth ist Lehrbeauftragte für Deutsch am Seminar für Ausbildung und Fortbildung der Lehrkräfte Weingarten (Grundschule und Werkreal-, Haupt- und Realschule) in Baden-Württemberg.

Außerdem unterrichtet sie Deutsch am Bildungszentrum Bodnegg, einer Verbundschule mit etwa 700 Schülerinnen und Schülern. Grundschule, Werkrealschule und Realschule bilden hier über die einzelnen Schularten hinweg eine Gemeinschaft mit gemeinsamen Unterrichtsräumen, Freizeitangeboten an den Nachmittagen und Projekten. Am BZ Bodnegg unterrichten ca. 70 Lehrkräfte unter der Leitung eines 3-köpfigen Schulleitungsteams, zwei Schulsozialarbeiterinnen sowie zahlreiche Bildungspartner unterstützen das breite Angebot des „Schulzentrums im Grünen“.

Dies ist eine Pressemeldung des Lernserver-Instituts, Verlag für Bildungsmedien GmbH.

 

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Lehrer_x
11 Monate zuvor

Ach ja… So gut es ist an dem Iststand anzusetzen, so wenig habe ich Lust NOCH mehr Binnendifferenzierung zu leisten. Schafft wieder homogenere Klassen und es wird für ALLE Beteiligten leichter. -_-

Chorleiterin
5 Monate zuvor

Richtig, sehe ich auch so. Diese überbordende Individualisierung ist nicht durchgängig leistbar bei den wachsenden Schülerzahlen und Lehrermangel.Für mich ist das Absinken der Rechtschreibleistungen auch eine Folge der sinkenden Leistungsbereitschaft allgemein und immer mehr nachlassender häuslicher Unterstützung.Ich habe auch festgestellt, dass viel zu wenig Fehleranalyse betrieben wird und eine Atmosphäre, in der Fehler gemacht werden dürfen, die dann gemeinsam regelbasierend berichtigt werden, oft nicht geschaffen wird.
Auch müssen Regeln einfach mal GELERNT werden, ja, und auch abgefragt, damit ein anwendungsfähiges Grundwissen entstehen kann. Häufig werden beim Lern- und Übungsprozess zu viele Probleme auf einmal aufgemacht, schlecht passende Übungstexte in den Muttersprachbüchern inbegriffen, die nicht didaktisch gut aufbereitet sind.
Man sollte mal eine Analyse machen, welche Methoden und Materialien sich am besten bewährt haben und diese dann auch wirklich in der Breite anwenden.

Freiya
5 Monate zuvor
Antwortet  Chorleiterin

Lernen? Und gar ÜBEN? Wie altmodisch!

Natürlich! Ohne Üben geht es nicht!

potschemutschka
5 Monate zuvor
Antwortet  Chorleiterin

…“nachlassende häusliche Unterstützung“ – da kommt sicher wieder der Aufschrei: „Aber die Eltern müssen/sollen/wollen doch arbeiten. Da haben sie keine Zeit/Lust dazu …“ Meiner Meinung nach heißt aber häusliche Unterstützung nicht, dass die Eltern mit den Kindern die Schulaufgaben machen, sondern, dass sie ihre Kinder zu weitgehender Selbständigkeit und Anstrengungsbereitschaft von klein an erziehen und ihnen den Wert von Bildung und Fleiß vermitteln und vorleben. So kenne ich es von meinen Eltern (beide voll berufstätig), von meinen Großeltern und so habe ich meine Kinder erzogen und so läuft das bei meinen Enkeln. Warum klappt das bei so vielen heute nicht mehr?