
In der Debatte um die Zukunft der Sozialkunde an Thüringer Schulen hat Bildungsminister Helmut Holter (Linke) betont, dass politische Bildung für Schüler aus seiner Sicht nicht nur in diesem Fach stattfindet. Über die Wurzeln des Rechtsextremismus beispielsweise würden Schüler im Geschichtsunterricht viel lernen, sagte Holter am Mittwoch in Erfurt während einer Landtagsdebatte. Über Rassismus würden sie vor allem in Biologie wichtige Dinge lernen, über den Klimawandel in Physik. Das Fach Sozialkunde sei für die politische Bildung von Jugendlichen deshalb zwar zweifellos wichtig. «Aber es ist eben nicht das alleinige Fach.»
Tatsächlich sei es sein Ziel, die politische Bildung an den Schulen insgesamt zu stärken, sagte Holter. Dies sei eine Querschnittsaufgabe, bei der man nicht nur auf ein einzelnes Fach schauen dürfe. Wie diese Aufgabe am besten zu erledigen sei, dazu werde aktuell in seinem Haus ein umfassender Vorschlag erarbeitet. Es sei zu früh, einzelne Arbeitstände dieses Vorschlags mit Blick auf ein einzelnes Fach zu bewerten.
Die CDU-Landtagsfraktion hatte zuvor kritisiert, das Bildungsministerium plane, die politische Bildung an den Schulen im Freistaat deutlich zu reduzieren. Es gebe dort Pläne, über die Stundentafel bald weniger Zeit für den Sozialkunde-Unterricht zur Verfügung zu stellen. Damit klafften bei Rot-Rot-Grün Anspruch und Wirklichkeit weit auseinander, sagte der bildungspolitische Sprecher der Union, Christian Tischner. Immerhin beteuerten Vertreter von Linke, SPD und Grünen regelmäßig, wie wichtig politische Bildung sei.
Wie Holter betonten auch mehrere Vertreter der rot-rot-grünen Landtagsfraktionen, die Überlegungen zur zukünftigen Gestaltung der Stundentafel seien noch im Entwurfsstadium. Erst wenn es ein konkretes Konzept gebe, lasse sich fundiert darüber beraten. «Wir werden uns im Bildungsausschuss wieder sprechen», sagte der Linken-Bildungspolitiker Torsten Wolf.
Die FDP-Abgeordnete Franziska Baum mahnte, es greife ohnehin zu kurz, regelmäßig darüber zu streiten, welche Fächer mit wie vielen Stunden in welcher Klassenstufe unterrichtet werden solle. Die entscheidenden Fragen seien andere, zum Beispiel: «Hast Du in zehn Jahren Schulbildung verstanden, wie das politische System der Bundesrepublik Deutschland funktioniert?» News4teachers / mit Material der dpa
Wie wird Demokratie vermittelt? In der Familie, durch Vorleben.
Demokratiebildung gehört zu den Kernaufgaben von Schule, festgelegt in den Schulgesetzen der Bundesländer. Heißt: Es liegt im Verantwortungsbereich der Kultusminister, für ausreichende Ressourcen dafür zu sorgen. Herzliche Grüße Die Redaktion
Die Frage ist trotzdem:
Kann die Schule gegensteuern, wenn in der Familie – immer öfter – Tendenzen und Gewohnheiten vorgelebt werden, die dem widersprechen?
Es braucht schon ganz viel demokratisch positiv erfahrene Schulsituazionen, um dagegen anzuleben.
Trotzdem, es ist wichtig, also nicht nachlassen.
Kann die Schule gegensteuern, wenn in der Familie – immer öfter – Tendenzen und Gewohnheiten vorgelebt werden, die dem widersprechen?
Vielleicht nicht. Es gibt aber auch viele Schülerinnen und Schüler, denen zu Hause wenig vorgelebt wird. Denen demokratische Teilhabe als attraktives Gesellschaftsmodell zu vermitteln, sollte schon drin sein. Darüber hinaus trägt die Schule durchaus zum gesellschaftlichen Klima bei. Es macht schon einen Unterschied, ob z. B. eine Schulleitung – wie aktuell in Brandenburg – Rechtsradikalismus unter Schülerinnen und Schülern verharmlost (gerne hier nachlesen: https://www.news4teachers.de/2023/05/mutige-lehrkraefte-die-sich-gegen-rechtsextreme-schueler-und-eltern-wehren-muessen-mit-morddrohungen-rechnen/). Oder ob sie hart durchgreift – und Konsequenzen für die ganze Schule folgen lässt: https://www.news4teachers.de/2023/05/happy-birthday-mein-fuehrer-wie-eine-schule-nach-einem-nazi-eklat-aufraeumt/
Herzliche Grüße
Die Redaktion
Da aber schulische Demokratiebildung gescheitert ist, wird das nichts, obgleich „Schule […] die einzige gesellschaftliche Institution [ist], die alle jungen Menschen erreicht – und die einen Bildungsauftrag hat, der sich wiederum aus der Schulpflicht ergibt. Wer also sollte sonst für Demokratiebildung sorgen?“
https://www.news4teachers.de/2023/05/warum-ist-erdogan-auch-unter-jungen-tuerkischstaemmigen-so-beliebt-oezdemir-sieht-die-schulen-in-der-pflicht/#comments
Wie kann Schule die Demokratie als attraktiveres Modell präsentieren? Mitsprachemöglichkeiten gibt es kaum, In vielen Fällen gibt es vom deutschen Staat nichts positives (Hartz IV mit allen Konsequenzen zum Beispiel).
Da sind wir absolut d’accord.
Demokratiebildung kann man nicht „vermitteln“, man kann anbahnen, Kompetenz oder Urteilsbildung ermöglichen etc.
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