Grundschule statt Gymnasium: Mit Flexibilität gegen den Lehrermangel

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KIEL. Schleswig-Holstein will die Lehrkräfte im Land flexibler einsetzen. So sollen für das Gymnasium ausgebildete Pädagogen künftig nicht nur befristet in Grundschulen arbeiten dürfen, sondern dauerhaft, so Bildungsministerin Karin Prien (CDU). Dies werde mit Fortbildungsmaßnahmen verbunden, da für den Umgang mit den jüngsten Schülern auch andere Fertigkeiten erforderlich seien. «Das ist ein wichtiger Durchbruch», erklärte Prien. Vorgesehen sei dies auch für Gemeinschaftsschulen. Für die Zukunft hat sie auch ein besonderes Modell aus NRW im Blick.

Gegen den Lehrkräftemangel in bestimmten Fächern und Regionen setzt Schleswig-Holsteins Bildungsministerin Karin Prien auf mehr Flexibilität. Foto: Bildungsministerium Schleswig-Holstein

Im Norden wolle man schauen, so Prien, ob ein Modell aus Nordrhein-Westfalen auch hier angewendet werden könne. Dabei verpflichten sich Lehrkräfte für einen bestimmten Zeitraum zur Arbeit in einer sogenannten Mangelregion, um im Gegenzug danach in ihrer Wunschregion eingesetzt zu werden. Als Mangelregionen gelten zum Beispiel Dithmarschen und Herzogtum Lauenburg.

Pläne für eine bessere Lehrerversorgung

Maßnahmen zur Erhöhung des Studienerfolgs, Weiterbildung und Flexibilisierung nannte Prien als Schlüssel für eine bessere Lehrerversorgung. Um den Studienerfolg in Mathematik zu steigern und die Studienabbrüche zu verringern, wurde ein Konzept zur Einrichtung eines Lernzentrums für dieses Fach an der Kieler Uni entwickelt. In Mathematik und Informatik ist die Abbrecherquote speziell im ersten Studienjahr besonders hoch. Sie beträgt teilweise bis zu 70 Prozent.

Manche Lehramtsstudenten entscheiden sich auch für das falsche Fach oder die falsche Schulart, so Prien. Die Gewinnung von Lehrkräften sei eine der großen nationalen und sogar internationalen Herausforderungen im Bildungsbereich. Das Spektrum reiche von der Berufsorientierung bei den Schülerinnen und Schülern und betreffe alle Phasen der Lehrerbildung: Studium, Vorbereitungsdienst für Lehrkräfte und Weiterbildung nach der Einstellung in den Schuldienst. Erforderlich sei laut Prien mehr Flexibilität bei den Zugangswegen in die verschiedenen Lehrämter. Im Herbst werde es zwei Regionalkonferenzen geben, um explizit die Lehramtsstudierenden zu Wort kommen zu lassen.

Mehr Studienanfänger als vor zehn Jahren, aber weniger im Vergleich zur Vor-Pandemie-Zeit

Im Übrigen seien Erfolge sichtbar, so Prien. Die Zahl der Studienanfänger in den Lehramtsstudiengängen sei binnen zehn Jahren von 1341 auf 1737 (2022/2023) gestiegen und die der Studierenden insgesamt von 4184 auf 7307. Die Absolventenzahl im Lehramt Sonderpädagogik wuchs von 69 im Jahr 2021 auf 122 im Jahr darauf. Das erste Mal seit fünf Jahren gebe es für das kommende Schuljahr ausreichend Bewerbungen für das Referendariat an Grundschulen (153), und auch an Gemeinschaftsschulen einen signifikanten Anstieg auf 84. Zum Beginn des neuen Schuljahres würden an Grund- und Gemeinschaftsschulen keine Quer- und Seiteneinsteiger gebraucht. «Das ist eine wirklich extrem erfreuliche Entwicklung.»

Im Vergleich zur Vor-Pandemie-Zeit ist die Zahl der Studienanfänger im Norden um etwa fünf Prozent gesunken, im Bundesschnitt dagegen um 9,5 Prozent. Intensiviert wurde im Norden die Weiterbildung, an der sich seit dem Schuljahr 2018/2019 insgesamt 1235 Lehrkräfte in unterschiedlichen Mangelfächern beteiligten. Bei der Übernahme von Umzugskosten sollen großzügigere Einzelfallprüfungen zugelassen werden. Beachtlich war die Resonanz auf den Appell an Lehrkräfte in Teilzeit, ihr Deputat aufzustocken. Zu 410 Pädagogen, die das bereits gemacht haben, kamen jetzt noch einmal 73 hinzu.

Prien betont die Schwierigkeiten bei der Bedarfsplanung von Lehrkräften: So werde die Schülerzahl an Grundschulen bis 2027/2028 steigen, danach aber sinken. «Das ist wirklich eine komplexe Steuerungsaufgabe.» In Schleswig-Holstein arbeiten an rund 800 Schulen etwa 28.000 Lehrerinnen und Lehrer. (dpa)

Universitäten schreiben einen Brandbrief: Der Lehrermangel gefährdet die Zukunftsfähigkeit Deutschlands!

 

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PaPo
10 Monate zuvor

… und in Bälde wird aus „dürfen“ ein ‚müssen‘ – ein Mehr von Abordnungen (auch langfristiger, in weitere Ferne etc.), universaler Einsatz an allen Schulformen (auch dauerhaft, ab Dienstbeginn) u.ä.; dass Lehrmatsstudenten sich bewusst für das Studium des Lehramts an einer spezifischen Schulform entscheiden, ja ihre guten Gründe für Dgl. haben, dass die Aussicht, (vorerst) nicht an dieser Schulform eingesetzt zu werden, zum Verfügungsmaterial infolge jahrzehntelanger Fehlplanungen der polit. Verantwortlichen zu verkommen, auch das Lehramt insg. unattraktiver macht (zu all den anderen Aspekten, die nicht laufen, s. https://www.news4teachers.de/2022/12/nie-wieder-burnout-der-lehrerberuf-muss-zurueck-zu-seinen-wurzeln-dem-unterrichten-ein-news4teachers-leser-kommentiert/), realisieren die Verantwortlichen wie immer natürlich nicht… faszinierend.

Last edited 10 Monate zuvor by PaPo
Marc
10 Monate zuvor

Tja da bin ich mal gespannt wie die Kollegen vom Gymnasium an dn Grundschulen besoldet werden. Höherer Dienst? Gehobener Dienst? Haben die in Schleswig-Holstein überhaupt schon A13?

GS in SH
9 Monate zuvor
Antwortet  Marc

SH ist auf dem Weg. Bis ca. 2028 soll A13 dann erreicht sei .

Kanzler27
9 Monate zuvor
Antwortet  GS in SH

Bis 2026.

Nordlehrer
9 Monate zuvor
Antwortet  Marc

Ich weiß nicht, wie es in anderen Bundesländern ist, aber in Schleswig-Holstein wird man nach Ausbildung und nicht nach Schulform besoldet. Ich hüpfe zur Zeit von Schulform zu Schulform und bekomme überall den gleichen Lohn.

Georg
10 Monate zuvor

Mit anderen Worten braucht man jetzt nicht mehr mit dem Lehramtsstudium Primarstufe zu beginnen und sich das mit der weiterführenden Schule auch sehr ernsthaft überlegen, weil dort die Schülerzahlen ab 2031/32 ihr Maximum erreichen, also genau dann, wenn man bei schnellem Studium das Referendariat durch hat. Ausnahme sind die üblichen Mangelfächer wie Mathematik. Allerdings gehen wirklich gute Mathematiker nicht an die Schule.

TheTeacher
9 Monate zuvor
Antwortet  Georg

„Allerdings gehen wirklich gute Mathematiker nicht an die Schule.“
Wir brauchen allerdings auch nicht die besten Mathematiker an der Schule, sondern die Personen, welche die Mathematik am besten vermitteln können.

Canishine
9 Monate zuvor
Antwortet  Georg

Allerdings gehen wirklich gute Mathematiker nicht an die Schule.“
Pssst, nicht so laut! Meine Schüler könnten das hören …

dickebank
9 Monate zuvor

Resterampe für Fächerkombinationen, die es wie Sand am Meer gibt. Oder glaubt wirklich irgendwer, dass der Mathe/Physik-Lehrer oder die Bio/Chemie-Lehrerin keine Planstelle an einem GY findet? Bei Deutsch/Geschichte sieht es hingegen anders aus. Statt Geschichte SoWi studiert und schon wäre der Umweg über die GS nicht mehr nötig.
Btw es gibt einen riesigen Fachkräftemangel an Schulen der Sekundarstufe I!

Nordlehrer
9 Monate zuvor
Antwortet  dickebank

Definitiv glaube ich das.
In Schleswig-Holstein ist Physik kein Mangelfach an Gymnasien mehr. Zumindest nicht in der Realität. In jedem Halbjahr gibt es mehr fertige Referendar:innen in Physik als Stellenausschreibungen. Ich suche seit 3 Jahren meine Planstelle.

Last edited 9 Monate zuvor by Nordlehrer
Achin
9 Monate zuvor

Einem Ministerium kann vielleicht mit „Flexibilisierung“ vorgestanden werden, bei der Erteilung von Anfangsunterricht an den Grundschulen genügt das nicht.

Wie wird diese Maßnahme in der Praxis aussehen? Die studierten Grundschulkolleg*innen werden bei den Eingangsklassen auf Dauer hängen bleiben, während die studierten Gymnasiallehrkräfte in den oberen Jahrgängen die Lücken stopfen.
Didaktik vom Feinsten!

Teacher Sachsen
9 Monate zuvor

Der Lehrermangel macht halt kreativ. Natürlich wird es dazu kommen, dass man als Berufseinsteiger zukünftig mit jeder Schulform rechnen muss. Ein weiterer Baustein, den Beruf unattraktiver zu machen. Mal ganz abgesehen von der Befähigung. Selbst nach über 20 Jahren im Dienst von Hauptschulen und Realschulen hätte ich keine Ahnung, wie ich 6-jährigen das Lesen, Schreiben und Rechnen beibringen soll. Wie sollen das Berufseinsteiger können?

Freiya
9 Monate zuvor
Antwortet  Teacher Sachsen

Sie bekommen doch eine SCHULUNG! ;D
Nee, ich in die Grundschule? Welten würden aufeinander prallen! Das würde einfach nicht gehen. Und mit den GrundschulkinderELTERN schon mal gar nicht!

D. Orie
9 Monate zuvor

Das Problem ist, dass Gymnasiallehrkräfte die Komplexität des Schriftspracherwerbs untgerschätzen bzw. nicht einschätzen können. Da kommt man mit dem „Wissen“: „Im Deutschen gibt es fünf Vokale“, nicht weit (wir haben 16 Vokale und 3 Diphthonge). Maaaaan muuuuuss nuuuuur einmaaaaaal veeeeersuuuuucheeeeeen miiiiit nuuuuur füüüüüünf Voooookaaaaaleeeen zuuuu spreeeeecheeeen.

U.L.I.
9 Monate zuvor
Antwortet  D. Orie

Danke für den Kommentar! Auch an Teacher Sachsen!
Die Gymnasiallehrer und Quereinsteiger, die wir in den letzten Jahren an unserer GS hatten, uns zugewiesen wurden, waren wirklich toll, gut ausgebildet, kompetent in „ihren Fächern“, aber doch latent mit der Tatsache, dass sie mitunter vor 5-6(!)jährigen stehen, überfordert! Nicht alle von ihnen können/konnten ausschließlich zumindest/ausschließlich in Klasse 4 eingesetzt werden…!
Es mag ja für Viele „süß“ bzw. „easy“ klingen, in der GS zu unterrichten (einfache Inhalte, wenig Korrekturaufwand…) – einer unserer Schwerpunkte ist aber das WIE kriege ich die Inhalte so aufbereitet, differenziert…, dass es bei den Schüler*innen ankommt und fruchtet! 😉 Ok, das gilt für alle Schulstufen… aber der Anfangsunterricht bei so kleinen Menschen (in diesem Schuljahr hatte ich einen Schüler in Klasse 1, der erst im September 6 Jahre alt wurde) verlangt nach anderen, besonderen Methoden, Herangehensweisen, Kenntnissen…

Georg
9 Monate zuvor
Antwortet  U.L.I.

Aus dem Grund halte ich den Schulformwechsel in der Form für falsch. Die umgekehrte Richtung, also Grundschule an weiterführende Dchule oder gar Oberstufe halte aus den umgekehrten Gründen, also fachlich und weniger pädagogisch, für genauso falsch.

Nicki
9 Monate zuvor
Antwortet  U.L.I.

Genau das habe ich gemacht. Als Berufseinsteiger LA Gymnasium an die GS gekommen und sofort voll in den Unterricht integriert. Anfangs nicht nach Ausbildung sondern Schulform bezahlt, also A12 statt A13. Das wurde ja in Sachsen inzwischen gottseidank angeglichen. Nach 2 Jahren dann eine zweijährige berufsbegleitende, also immer in den Ferien stattfindende Weiterbildung zum GS-Lehrer. Ich wurde von meiner Schulleitung und den Kollegen sehr unterstützt und das war nicht der Verdienst irgendeiner Behörde sondern reine, individuelle Freundlichkeit meiner Schule. Klar, die wollten gern eine zufriedene und brauchbare Lehrerin für sich haben. Hat geklappt, bin immer noch da und mache es gerne. Aber so geht es halt nicht jedem Kollegen…

Dil Uhlenspiegel
9 Monate zuvor

… arbeiten dürfen
wichtiger Durchbruch
Wunschregion
Flexibilisierung
Studienerfolg
erfreuliche Entwicklung
großzügigere Einzelfallprüfungen …

Hey Frederick, arbeitest du nichts?

Aber nein, sagte er, ich sammle Wörter. Schöne Wörter für den nahen, grauen Winter.

Fräulein Rottenmeier
9 Monate zuvor
Antwortet  Dil Uhlenspiegel

So schön, Dil 🙂

Dil Uhlenspiegel
9 Monate zuvor

:o) Dankeschön

GriasDi
9 Monate zuvor

Zitat:
„Dies werde mit Fortbildungsmaßnahmen verbunden, da für den Umgang mit den jüngsten Schülern auch andere Fertigkeiten erforderlich seien.“

Komisch. Bei Quereinsteigern ist man da kulanter.

Egvina
9 Monate zuvor
Antwortet  GriasDi

Und wundert sich über die Iglu- Ergebnisse…

Ureinwohner Nordost
9 Monate zuvor

Wie war das noch,
Lehrer länger im Job halten?

Ich lache mich schlapp 😉 🙂

SonderBar
9 Monate zuvor

Ab 2027/28 rollt aber auch noch die Pensionierungswelle der starken Jahrgänge, die man zu meiner Zeit zunächst nicht brauchte. Damals gab es zu viele Lehrkräfte und wir wurden mit den abartigsten Verträgen und Gehaltskürzungen bedacht ( auf meiner Abrechnung gab es immer die Klausel „Auslaufdatum der Eingangskürzung“- Anfänger bekamen für mehrere Jahre gezielt Gehaltskürzungen und ich hatte über mehrere Jahre ständig wechselnde Stundenzahlen und alle paar Wochen einen neuen Vertrag, weil ich immer das nehmen musste, was übrig war). Außerdem weiß man doch heute NUR, wie viele Kinder hier geboren wurde. Alle anderen Faktoren, wie z.B. Migration und weitere Flüchtlingswellen kann niemand voraus sehen. Aber immer schön knapp planen. In einer meiner Schulen wurde mal berechnet, dass ab einem bestimmten Jahr nur 6 Kinder eingeschult werden würden, weil man das halt für 6 Jahre im Voraus anhand der Geburten berechnet hatte. Als es soweit war, hatten die Gemeinden mittlerweile neue Baugebiete ausgewiesen und es waren dann genau in dem Jahrgang so viele Kinder da, dass man zu wenig Räume hatte . Aber nicht, dass man dann großzügiger angebaut hätte. Nee, immer nur genau die zwei fehlenden Räume und dann jede s Jahr ein neues Drama. Und neue Gebäude und Lehrkräfte gibt es natürlich nicht dann, wenn sie gerade gebraucht werden. Das konnte man ja alles vorher nicht wissen. Das ist ein ewiges Spiel und keiner der Politiker sitzt an der Basis und kriegt die Dramen mit. Die Schulen dürfen dann wie immer kreative Lösungen finden ( Unterricht im Flur, Fachräume weg, Klassen ins Dorfgemeinschaftshaus auslagern, Huasfrauen machen Unterricht….).

RSDWeng
9 Monate zuvor

Ich war über 40 Jahre in Bayern im Realschuldienst erfolgreich sowie zufrieden tätig und bin seit 4 Jahren in Pension. Noch heute mit 70 Jahren traue ich es mir zu, an jeder Realschule und an jedem Gymnasium meine Fächer in jeder Jahrgangsstufe zu unterrichten. Nur an der Grundschule wäre ich pädagogisch und methodisch überfordert; sie ist auf diesen Gebieten die anspruchsvollste Schulart, und dort sollten nur die Lehrkräfte eingesetzt werden, die die dafür erforderliche Ausbildung erfolgreich abgeschlossen haben. Die Grundschule ist und bleibt die wichtigste Schulart. Paradoxerweise werden die Kolleginnen und Kollegen dort am schlechtesten bezahlt.