Demo gegen Bildungsnotstand! GEW-Chefin fordert 100 Milliarden für Kitas und Schulen

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KÖLN. Insgesamt rund 25.000 Menschen haben nach Veranstalterangaben gestern in 29 Städten bundesweit unter dem Motto „Bildungswende jetzt!“ gegen den Bildungsnotstand demonstriert (News4teachers berichtete), rund 3.000 davon in Köln. Dort trat unter anderem die GEW-Bundesvorsitzende Maike Finnern auf. Wir haben Statements gesammelt.

Präsent waren in Köln unter anderem:

Ayla Çelik, Landesvorsitzende der Bildungsgewerkschaft GEW NRW:

„Unser Bildungssystem ist am Limit und in unseren Bildungseinrichtungen wird der Mangel verwaltet. Der Mangel an Fachkräften, an Räumen und entsprechenden Ressourcen bedeutet nicht nur eine immense Belastung der Beschäftigten, sondern auch eine Minderung der Zukunftschancen unserer Kinder. Die soziale Ungleichheit nimmt zu und verschärft die vorhandene Chancenungleichheit. Bildungschancen entscheiden aber über Lebenschancen unserer Kinder, diese dürfen nicht ungleich verteilt sein und erst recht, dulden sie keinen Aufschub. Die Missstände sind offensichtlich. Es ist höchste Zeit, zu handeln. Die Missachtung des Rechts auf gute Bildung dürfen wir nicht fortschreiben, deshalb muss eine echte Bildungswende her- und zwar jetzt!“

Maike Finnern, Bundesvorsitzende der Bildungsgewerkschaft GEW:

„Das Bündnis ‚Bildungswende jetzt!‘ schlägt vor, mindestens 100 Milliarden Euro als Anschubfinanzierung für ein Bündel bildungspolitischer Maßnahmen zu investieren und dafür auf Bundesebene ein Sondervermögen aufzulegen. Die zusätzlichen Gelder sollen beispielsweise in den Ausbau des inklusiven Ganztags an Grundschulen fließen. Das ist ein zentrales gesellschafts- und bildungspolitisches Projekt der Ampelregierung, das gelingen muss. Zudem ist dringend notwendig, den quantitativen und qualitativen Ausbau der Kitas weiter voranzutreiben. Beide Maßnahmen sorgen für mehr Chancengleichheit, insbesondere für Kinder aus armen und bildungsfernen Familien.“

Anke Unger, stellvertretende Vorsitzende des DGB NRW:

„Unser Bildungssystem geht auf dem Zahnfleisch, es muss deutlich mehr in Kitas, Schulen und Hochschulen investiert werden. Marode Gebäude, eine schlechte Ausstattung und zu wenig Personal können wir uns nicht länger leisten. Um endlich die Bildungswende zu schaffen, reicht es nicht, mit dem Finger nach Berlin zu zeigen. Auch die Landesregierung muss ihre Hausaufgaben machen und mehr Geld für Personal und Infrastruktur zur Verfügung stellen. Wir brauchen Zukunftsgestaltung statt Mangelverwaltung!“

Tjark Sauer, ver.di NRW:

„Für ein Land gibt es keine Investition in die Zukunft, die mehr Rendite verspricht, als die Investition in frühe Bildung. Jeder Euro, der heute investiert wird, führt zu einem gesellschaftlichen Mehrwert von 4 Euro. Diese ökonomische Erkenntnis ist bereits Jahrzehnte alt. Sie hat nicht zum Handeln geführt, weil die Folgen immer erst zeitversetzt spürbar sind. Lange Zeit haben die Kolleginnen und Kollegen im Bildungssystem die Mängel aufgefangen, oft zu Lasten ihrer eigenen Gesundheit, doch jetzt ist der Kipppunkt erreicht. Wenn nicht schnell gehandelt wird, kollabiert das System. Mit unmittelbaren Folgen für unser Zusammenleben und die Wirtschaft, aber noch dramatischeren Wirkungen in die Zukunft. Deshalb senden wir heute als breites Bündnis ein Signal an die politisch verantwortlichen in Land, Bund und Kommunen: Ein „Weiter so“ darf es nicht geben. Wir brauchen endlich ein Sondervermögen für Bildung. Aber auch deutlich höhere regelmäßige Ausgaben für ein Bildungssystem, das Inklusion, Chancengleichheit und hochwertige Bildung für alle, bei guten Arbeitsbedingungen für die Beschäftigten, sichern kann!“

Stefan Schoo, Sprecher des NRW-Bündnisses, Teachers for Future Germany e.V.

„Bildung für nachhaltige Entwicklung ist zentral, um den Herausforderungen des 21. Jahrhunderts, insbesondere der Klimakrise, zu begegnen. Zukunftsfähige Bildung braucht neben finanziellen und personellen Ressourcen neue Lernformate, die Kinder und Jugendliche befähigen, sich aktiv für eine nachhaltige Gesellschaft einzusetzen.“

Christian Beckmann, Sprecher des NRW-Bündnisses, Vorsitzender der LEK NRW:

„Die Bildung unserer Kinder – unserer Zukunft – darf nicht (noch weiter) vor die Wand gefahren werden. Wir brauchen einen größeren Fokus auf den Bildungssektor, und weniger leere Versprechen. Bereits 2008, beim Dresdner Qualitätsgipfel, wurden seitens der Politik 10% vom BIP für Bildung und Wissenschaft zugesagt, das wurde nie auch nur ansatzweise erreicht. Daher dürfen wir uns jetzt, bei einem bundesweiten Investitionsstau von 47 Mrd. €, auch nicht über marode oder fehlende Schulen bzw. zu große Klassen wundern. Darum muss es jetzt heißen: Bildung in den Mittelpunkt!“

Heute in Köln demonstrieren für eine Schule der Zukunft, die anders geht und alle Schüler*innen mitnimmt.
Jetzt schon machbar mit mehr multiprofessionellen Teams, mehr Geld und mehr Zeit für die Kinder.

#inklusion #Bildungswendejetzt #Köln pic.twitter.com/9TSAGtGw4K

— Nancy Meyer📯🇪🇺🇺🇦 (@NancyMeyer_Volt) September 23, 2023

Olaf Wittrock, Sprecher der Kölner Initiative „Die Abgelehnten“ und des Orga-Teams für den Kölner Protesttag im Bündnis „Bildungswende jetzt!“:

„In Köln als größter Stadt in NRW kann man die Folgen der jahrelangen Versäumnisse in der Bildungspolitik wie im Brennglas beobachten. Bildungskrise ist ja nicht abstrakt, sondern trifft uns alle ganz konkret. Es gibt viel zu wenige Kita- und Schulplätze, so dass die Platzvergabe zum Glücksspiel verkommen. Die Stadt lässt Schulgebäude verrotten. Mehr als 100 Schulen im Regierungsbezirk sind inzwischen ohne Leitung, weil sich offenbar niemand mehr findet, der den Job noch machen will. Die Verwaltung ist zerstritten, die Politik uneins, die Eltern ziehen weg – und die Stadtspitze sieht tatenlos zu. So spitzt sich die Lage hier von Jahr zu Jahr zu. Bildung ist in Köln längst kein Standortfaktor mehr, sondern ein Standortrisiko. Das muss sich sofort ändern. Auch deshalb organisieren wir den Bildungsprotest.“ News4teachers

„Schule wie vor 100 Jahren“: Was ein Elternvertreter auf der Bildungsdemo der Politik ins Stammbuch schrieb

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2 Kommentare
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Meinetwegen
7 Monate zuvor

Es waren überall erschreckend wenige, die sich an den Protesten beteiligten. Vielleicht wird eine neue Berufsorganisation gebraucht, die mehr Leute mobilisieren kann.

Egvina
7 Monate zuvor
Antwortet  Meinetwegen

Ja, gerne eine, die sich tatsächlich und ausschließlich für die Belange der Beschäftigten einsetzt. In den jetzigen finde ich mich in keiner wieder.