Opposition fordert Erhebung zum Sprachstand bei Kindern – Bildungsministerin stimmt zu

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MAGDEBURG. Wenn Kinder nicht richtig sprechen lernen, kann es in der Schule schwierig werden. In Sachsen-Anhalt drängen die oppositionellen Grünen darauf, dass der Sprachstand bei Kindern besser erfasst wird – die CDU-Bildungsministerin stimmt zu.

Dass eine Regierende der Opposition mal zustimmt… (Symbolfoto) Foto: Shutterstock

Die Grünen im Landtag von Sachsen-Anhalt fordern die Einführung einer verpflichtenden, landesweiten Sprachstandserhebung bei Kindern im Alter von viereinhalb Jahren. «Sprache ist entscheidend beim Bildungserwerb», sagte die bildungspolitische Sprecherin Susan Sziborra-Seidlitz. Mögliche Probleme müssten bei den Kindern früher erkannt und Hilfsangebote schon vor dem Schulstart genutzt werden.

«Sachsen-Anhalt ist aktuell eines der letzten Bundesländer ohne ein solches Verfahren», sagte Sziborra-Seidlitz. Die Grünen planen im Landtag einen Antrag einzubringen. Ziel ist die Einrichtung einer interministeriellen Arbeitsgruppe aus Sozial- und Bildungsministerium. Sie soll sich darum kümmern, wie Sprachstandserhebung und Sprachförderung am besten umgesetzt werden können.

Sziborra-Seidlitz hält es für denkbar, dass die Erfassung im Rahmen der Schuleingangsuntersuchungen erfolgt. «Aber oft finden die erst kurz vor Schulstart statt, weil die Gesundheitsämter überlastet sind», sagte sie. Eine andere Möglichkeit wären Entwicklungsbögen in Kitas, die die Erzieher ausfüllen. Bei Auffälligkeiten könnten Kinder zu weiteren Tests vermittelt werden. Dafür müssten Kita-Fachkräfte zur Erkennung von Sprachdefiziten aber weitergebildet werden, so die Abgeordnete.

2013 auf Initiative des Landtags abgeschafft

Ein Sprecher des Sozialministeriums erklärte, die verpflichtende Sprachstandsfeststellung sei 2013 auf Initiative des Landtags aufgehoben worden. «Eine verpflichtende Sprachstandsfeststellung und eine entsprechend daraus abgeleitete Sprachförderung wurde seinerzeit als nicht kompatibel mit der im Bildungsprogramm “Bildung: elementar – Bildung von Anfang an” verankerten alltagsintegrierten Sprachförderung gesehen.»

Die Grünen nehmen mit ihrem Plan besonders Kinder aus sozial benachteiligten Familien und mit Migrationshintergrund in den Blick. Frühzeitige, verpflichtende Förderung sorge für gleiche Startchancen unabhängig vom Elternhaus, sagte Sziborra-Seidlitz. Auch Kinder ohne Kita-Besuch müssten bei der Sprachstandserhebung erfasst werden.

Der Sprachentwicklungsexperte Stephan Sallat begrüßte die Initiative. «Es ist ganz wichtig, rechtzeitig hinzuschauen», sagte Sallat, der an der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg Professor für Pädagogik bei Sprach- und Kommunikationsstörungen ist. Es gebe zu viele Kinder, die Auffälligkeiten beim Schuleintritt zeigten. Sprachentwicklungsstörungen seien die häufigsten Störungen im Kindesalter, so Sallat. Kinder ohne ausreichende sprachliche Kompetenzen seien in Kita und Grundschule benachteiligt. «Das zeigt sich später in geringeren Bildungsabschlüssen.»

Bildungsministerin ist dafür

Das Bildungsministerium antwortete auf die Frage, ob Ministerin Eva Feußner (CDU) offen für verpflichtende Sprachstandserhebungen sei, mit einem deutlichen Ja und verwies auf ein Zitat aus einem Zeitungsinterview vom vergangenen Sommer. «Ich vermisse eine wirksame Einstufung der Sprachkompetenz in der Kita für den Übergang in die Schule. Wir sind mittlerweile das einzige Bundesland, das so etwas nicht macht. Ich verlange, dass Kinder, die den Kindergarten besucht haben, mit guten Voraussetzungen in die Schule eintreten. Bei einer wachsenden Anzahl von Kindern fehlt die Schulfähigkeit.»

Das Sozialministerium, das für die frühkindliche Bildung zuständig ist, erklärte, es sei derzeit im Austausch mit dem Bildungsministerium und den beteiligten Akteuren aus den Jugend- und Gesundheitsämtern. «Gemeinsames Ziel ist – ohne großen bürokratischen Aufwand – Förderbedarfe zu identifizieren und diese gemeinsam mit Kitas, Schulen und Eltern gezielt bearbeiten zu können.» Es werde derzeit erörtert, ob und wie die Schuleingangsuntersuchung dafür noch besser genutzt werden kann. «Ansinnen des Sozialministeriums ist – im Rahmen des Bildungsprogramms “Bildung: elementar” und der gesetzlichen Verankerung der Sprachförderfachkräfte – die sprachliche Bildung im frühkindlichen Bereich zu stärken.»

Die Schuleingangsuntersuchungen beinhalteten neben der körperlichen Untersuchung der Mädchen und Jungen ein landesweit standardisiertes Entwicklungsscreening. Das Screening enthalte unter anderem Untertests zu den Bereichen Artikulation und Grammatik, um möglichst frühzeitig Sprachdefizite zu identifizieren und notwendige Therapien beziehungsweise Fördermaßnahmen zu empfehlen. Bei festgestelltem Förderbedarf werden die Screening-Ergebnisse auch den Eltern und den künftigen Schulen übermittelt. News4teachers / mit Material der dpa

Verpflichtende Sprachtests vor der Einschulung schon ab 2025! Doch wie umsetzen?

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2 Kommentare
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Rainer Zufall
3 Tage zuvor

Das Bild passt auch ganz gut zur teilweise gering ausgeprägten Mundmotorik.
Macht Sprachkitas zur Regel!

A. M.
1 Tag zuvor

Da ich mir nicht mehr sicher war, ob Sachsen oder Sachsen-Anhalt den für NRW entwickelten Test übernommen hat, habe ich mal gegoogelt https://de.wikipedia.org/wiki/Delfin_4 und gestaunt, wie verhalten Kritik an dem ungeliebten und von Anfang bis zu seiner Abschaffung für nicht überzeugend gehaltenen Test namens “Delfin 4” geübt wurde. Schön, dass Sachsen-Anhalt schneller als NRW auf diesen Test verzichtet hat.

Ob sich die Geldausgabe für das Testverfahren auch noch in Sachsen-Anhalt amortisieren musste? In NRW wird (sofern sich nicht auf wundersame Weie was geändert hat) dieser Test weiterhin Kindern zugemutet, deren Eltern kein Einvertändnis zur Führung einer schriftlichen Bildungsdokumentation erteilen. Dazu wären manche Eltern nach einer erfolgreichen Eingewöhnung durchaus bereit, weil sie möchten, dass die ErzieherInnen möglichst viel Zeit mit den Kindern verbringen können. Doch vor pragmatischen Entscheidungen zum Kindeswohl hat die Landesregierung die Testverpflichtung gesetzt, wenn der Dokumentation nicht zugestimmt wurde…

Man stelle sich mal vor, ganz viele Eltern würden ihre Unterschrift nicht geben, dann müssten am Ende die 1789 Fragen zur Rezertifizierung der Kitas ebenfalls überarbeitet werden… Und wenn dann endlich ein Dominoeffekt zur Entlastung von bürokratischen Verpflichtungen einsetzten würde… Dann könnte einiges an entbehrlichen Ausgaben eingespart werden.
(Übrigens habe ich volles Verständnis dafür, dass Eltern ihrem Kind ersparen wollen, dass sein erster Besuch seiner späteren Schule mit einem Test verbunden ist.)
Leider findet man bei Wikipedia keine lange Liste mit Links mehr mit Kommentaren zum Test. So können junge Erwachsene, die jetzt den Erzieherberuf lernen oder auf Lehramt studieren nicht mühelos abrufen, wie sie in ihrer Vorschulzeit getestet wurden.

Zum wiederholen: “Der grüne Stuhl hüpft fröhlich über die kalte Sonne.”