FREIBURG. Können Eltern ihre Kinder aus religiösen Gründen vom Schwimmunterricht befreien lassen? Nein, sagt das Verwaltungsgericht Freiburg – und weist die Klage eines Paares ab, das sich auf strenge Glaubens- und strikte Kleidungsregeln beruft. Das Urteil stärkt die Schulpflicht.

Angehörige einer kleinen christlichen Glaubensgemeinschaft sind vor einem Freiburger Gericht mit ihrem Vorstoß gescheitert, ihre Kinder vom schulischen Schwimmunterricht zu befreien. Die Klage habe keinen Erfolg gehabt, sagte eine Sprecherin des örtlichen Verwaltungsgerichts.
Die Kläger hatten bei der Verhandlung am Dienstag religiöse Gründe geltend gemacht. «Ich würde schon beim Betreten des Schwimmbades eine Todsünde begehen», sagte die 36 Jahre alte Mutter. Sie wies auf strikte Kleidungsregeln der Palmarianischen Kirche hin, die im südspanischen Palmar de Troya ihren Mittelpunkt hat.
Land sieht sich bestätigt
Die Klage richtete sich gegen das Land Baden-Württemberg. Wie das Regierungspräsidium Freiburg mitteilte, wird die Auffassung des Landes bestätigt, wonach das staatliche Bestimmungsrecht im Schul- und Bildungswesen in diesem Fall nicht hinter dem religiösen Erziehungsrecht der Eltern zurücktreten müsse. «Allerdings liegen uns die Gründe bisher nicht vor, sodass wir das Urteil noch nicht weiter auswerten konnten», sagte eine Sprecherin auf Anfrage.
Das Gericht wird die Gründe erst mitteilen, wenn das Urteil schriftlich vorliegt. «Das wird mindestens noch zwei Wochen dauern», sagte die Sprecherin. Die Kläger – ein Ehepaar – haben dann eine Frist von einem Monat, um mögliche Rechtsmittel einzulegen. Falls sie den Weg gehen, würde der Fall zum Verwaltungsgerichtshof (VGH) Baden-Württemberg in Mannheim gehen.
Splittergruppe hat eigenen «Papst»
Die Palmarianische Kirche wird in einigen Medien als Sekte bezeichnet. Einem Bericht des Portals «katholisch.de» zufolge handelt es sich um eine traditionalistische Splittergruppe, die einen eigenen «Papst» und «Vatikan» hat. Die Gruppe behaupte sich schon seit mehreren Jahrzehnten. In Palmar de Troya bei Sevilla entstand demnach eine große Kathedrale als sogenannter Papstsitz. Nach ergänzenden Angaben gibt es zwischen dieser Gruppe und der römisch-katholischen Kirche weder einen Dialog noch Kontakte.
In dem Fall ging es ursprünglich um drei Kinder des Ehepaars. Der Streit mit einer Grund- und Werkrealschule im Kreis Tuttlingen um den Schwimmunterricht begann bereits 2021. In der Verhandlung stellte sich heraus, dass zwei Kinder gar nicht mehr auf der Schule sind, diese Fälle hätten sich also de facto erledigt, wie das Gericht feststellte.
Kinder nehmen am normalen Schulunterricht teil
Die Mutter und ihr Mann (33) schilderten vor Gericht, dass ihre Kinder am übrigen Schulunterricht teilnehmen, auch beim Sport. Außerhalb der Schule dürften die Kinder jedoch nur mit Gleichaltrigen umgehen, die den Vorschriften der Glaubensgemeinschaft entsprechen. Das bedeutet etwa ein Rock für Mädchen sowie langärmelige und hochgeschlossene Kleidung. Die Vorsitzende Richterin Gabriele Kraft-Lange machte deutlich, dass es um einen schwierigen Fall geht: «Hier treffen Grundrechte aufeinander», sagte sie.
Wie das Regierungspräsidium Freiburg weiter mitteilte, gehört der Schwimmunterricht zum Bildungsplan des Landes. «Eltern haben nach dem Schulgesetz dafür Sorge zu tragen, dass ihre Kinder am Unterricht und den sonstigen verbindlichen schulischen Veranstaltungen teilnehmen.» Andererseits haben Eltern das verfassungsrechtlich abgesicherte Erziehungsrecht für ihre Kinder, wie die Sprecherin berichtete. Darunter falle auch das religiöse Erziehungsrecht. News4teachers / mit Material der dpa
Kaum Probleme: Konflikte mit Muslimen ums Schulschwimmen können meist geklärt werden
Was es alles so für angebliche “Todsünden” gibt … Die vielen Götter, die alle die Welt erschaffen haben, scheinen sich da auch nicht einig zu sein … Oder es gibt nur einen Gott, und der erzählt den einen dies und den anderen was anderes … seltsam …
Ernste Frage: ein Schwimmanzug bedeckt den gesamten Körper. Wie kann das im Vergleich zum regulären Sportunterricht ein Problem darstellen? Und nochmals: das ist eine ernst gemeinte Verständnisfrage.
Bei der Religion sind enganliegende Kleidungsstücke verboten. Der Burkini, mit dem streng gläubige Muslime behelfen können, ist nicht zugelassen.
Danke, aber ich komm da nicht dahinter. Burkini und dann ein Schwimmkleid drüber. Ich frage mich, wie sonst der Sportunterricht abläuft. Und nein, ich bin nicht gegen andere Religionen, ein Burkini im Schwimmbad stört mich so etwas von nicht. Aber ich möchte gern vestehen, wie hier die andere Seite denkt.
In der Regel wird sich auch gemeinschaftlich umgezogen. Nacktheit und so…
Das ist kein Grund, man kann sich auch in der Toilette umziehen, wenn es in dem jeweiligen Schwimmbad keine Einzelkabinen gibt.
Wenn sich das mit den örtlichen und faktischen Gegebenheiten mit der Aufsichtspflicht und mit dem Kinderschutz vereinbaren lässt.
Es ist ein Grund aus der Sicht derer, denen das wichtig ist und nach deren Sicht wurde hier “ernst gefragt”.
Mal wieder ein Beispiel für einen Fall, dass zu strenge Religionsausle(g/b)ung zu Problemen führt.
Als würden Menschen keinen anderen Grund finden, einander zu hassen, unterdrücken und umzubringen.
Ich schreibe es mal so: Wenn wir das nicht lösen können, bekommen wir alles andere auch nicht hin 😉
Wie kommen Sie bei dem Fall auf Hass, Unterdrückung und Mord? Die Familie wirkt abgesehen von den auf uns eigenartig wirkenden, aber sich selbst auferlegten Einschränkungen, völlig harmlos.
Vielleicht habe ich Sie da missverstanden.
Was ist Ihr Wunsch bezüglich einer strengen Religionsausübung?
Im Privaten belassen, ohne Missionierung, ohne Einschränkung von andersgläubigen Mitmenschen usw. Das christliche Menschenbild, auf das sich die Verfassungen und vermutlich auch der Wohlstand und leider auch der Niedergang der westlichen Welt stützen, sollte aber bitte trotzdem beibehalten werden.
Strenge Religionsausübung korreliert oft mit Intoleranz, veralteten Vorschriften, Homophobie und Verklemmtheit. Siehe den Jungfräulichkeitswahn, der so gar nicht zum Regenbogen passen will.
“Im Privaten belassen”
Die Studie würde dem entgegenen, dass das Gemeinsame hier einen effektiveren Ansatz bieten würde.
Ihre persönliche Meinung, das christliche Menschenbild würde den Niedergang herbeiführen, wäre vielleicht ein wenig offener, wenn Sie in Ihrem Umfeld einen Austaustausch auf Augenhöhe mit anderen Religionen hätten 😉
Müssen? Dürfen!
Erstmal eine gute Nachricht, wobei die Größe der Gruppe hier meiner Meinung nach keinen Einfluss haben sollte.
Jetzt fehlen nur noch besuchbare Schwimmbäder, Personal und ein verlässlicher Rechtsrahmen für den Schwimmunterricht :/
Ein eigenes Schwimmbad für solche Unterrichtszwecke dürften die wenigsten Schulen in der Bundesrepublik haben. Zumal auch die Unterhaltung einer solchen Sportstätte nicht ganz günstig sein dürfte.
Eben. Plus der Verfall bestehender Schwimmbäder. Die werden garantiert durch die Merzmilliarden gerettet 😉
Es ist traurig, aber Schwimm-, besonders Freibäder – Meilensteine des hesellschaftlichen Zusammenseins – sind gefährdet und seitens von Bund und Ländern traurig vernachlässigt. Da haben so manche Abgeordnetenfamilien wohl einen Pool auf dem Grundstück oder das Flugticket für die Sommerzeit -__-
Was soll dieser Ablenkungsversuch?
Es geht ja nur um Fälle, in denen Schwimmbäder aufgesucht werden können, dieses aber für einzelne S*S nicht gewünscht wird.
In meinem Bundesland wird auch das in den Handlungsleitlinien “Religion – Islamismus – Salafismus in Schulen” geregelt:
Alle Kids müssen teilnehmen.
“Was soll dieser Ablenkungsversuch?”
“Ist eine Subdiskussion” (Papo) XD
Es geht nur um diese Fälle, ja.
Zudem halte ich es für sinnvoll, dass es Orte gibt, an denen diese und alle anderen Kinder auch tatsächlich schwimmen können.
https://www.spiegel.de/panorama/gesellschaft/oberfranken-in-kasendorf-schwimmen-schueler-bald-in-diesem-container-a-543e6708-d290-4007-81d8-0d6284da2334
Inwiefern ich da von einem erfolgten Urteil ablenken soll – zumal wir da wohl die gleiche Meinung haben – müssen Sie bitte erklären
Wir haben in der Ortenau ein Schwimmbad gefunden, dass 3 Schwimmschulen beheimatet. 2 der Schwimmlehrerinnen sind Selbstständig (mit Versicherung usw). Diese würden sich über die jede GS freuen, die Schwimmkurse anfrägt. Abrechnung wäre sogar über das Land möglich. Für uns Lehrer auch “entspannter” weil eben eine offizielle Schwimmschule dahinter steht. Nachfrage am Vormittag: nahezu Null.
Vermutlich zu teuer…
Ne, da das ganze über das Land abgerechnet wird sind die Kosten für die Schulen/KiTas gleich Null. Nur der Transport (da bin ich mir aber nicht sicher) wäre relevant und eine Lehrkraft vor Ort.
Schnell weg vom Thema Rainer. Das passt nicht ins Weltbild.
(augenroll)
Ich BEGRÜẞE das Urteil und fordere darüber hinaus die Strukturen, dieses bei (allen) Kindern auch tatsächlich umzusetzen.
Wo passt dies nicht in Ihr Weltbild?
Scheint eher eine Irritationen bei AfD-Wähler*innen, die hin- und hergerissen sind zwischen dem Wunsch, andere zu befehligen und die Leichen ertrunkener Kinder am Strand zu feiern…
Sinnvoll wäre in diesem Fall, das Kind in seiner unbescholtenen Alltagskleidung übers Wasser laufen zu lassen, wie Jesus es vorgemacht hat. Kann das Kind trotz seiner strengen christlichen Glaubensrichtung nicht über das Wasser laufen, muss es stattdessen in den Schwimmunterricht. Man kann nicht immer damit rechnen, dass Jesus untergehende Jünger am Kragen wieder aus dem Wasser fischt mit den Worten „warum hast du gezweifelt?“
Prüde Vorstellungen von Todsünden sollten nicht über der lebensrettenden Fähigkeit, schwimmen zu können, stehen.
Wo ist das Problem?
In diesen Fälle gilt der Text des alten Kirchenliedes “Näher mein Gott zu dir!” …
Ich kann bei diesen unleidigen Debatten um “nicht-diskutierbare Religionsprinzipien” nur noch zynisch werden.
Sorry
Da stimme ich Ihnen voll zu! Und danke für den passenden Ohrwurm zum Karfreitag.
Frohe Ostern und möge das Auge des Jugendamtes auf der klagenden Familie ruhen, damit das Kind auch geistig gesund aufwachsen kann, woran ich zweifle.
Man kann nicht jedes gelebte und als Religion getarnte Hinterwäldlertum mit juristischer Extrawurst belegen. Daher ist das Urteil nachvollziehbar.