KASSEL. Schulleiter Pascal Berkenheger bekommt in Kassel, was viele sich wünschen: eine Schule, die Bildung, Architektur und Nachhaltigkeit vereint. Der Neubau der Offenen Schule Waldau wurde entwickelt nach skandinavischen Vorbildern, begleitet von der Montag Stiftung Jugend und Gesellschaft und als Schulbau Open-Source-Projekt ein Beispiel für den Schulbau der Zukunft.

„Beziehung geht vor Erziehung, und Erziehung vor Unterricht.“ Für Pascal Berkenheger, Schulleiter der Offenen Schule Waldau (OSW), ist das kein wohlklingender Spruch – es ist gelebte Haltung. Wer den Schulalltag in Waldau kennt, weiß: Hier steht nicht „teaching for the test“ an erster Stelle, sondern das Miteinander. Kinder sollen gesehen, gehört und ernst genommen werden, wenn sie lernen. Nun bekommt diese pädagogische Idee auch architektonisch ein Zuhause.
„Wir schaffen Räume, in denen Kinder gemeinsam wachsen können und gleichzeitig ihren eigenen Weg finden“, sagt Berkenheger. Er betont, dass die Offene Schule Waldau von Beziehungen lebe – und dass sich genau diese Haltung auch in der Architektur widerspiegeln solle. Offenheit, Durchlässigkeit und Menschlichkeit seien dabei ebenso wichtig wie funktionale Lernräume.
In Kassel entsteht derzeit eine der spannendsten Schularchitekturen Deutschlands. Der Neubau der Offenen Schule Waldau soll 2027 fertiggestellt werden. Er wird eine sechszügige Integrierte Gesamtschule für rund 950 Schülerinnen und Schüler beherbergen – und weit mehr sein als ein Ort des Lernens: ein offenes Stadtteilhaus, das schulische und außerschulische Angebote unter einem Dach vereint.
Eine Schule, die sich zum Stadtteil öffnet
Im Erdgeschoss des Neubaus wird eine zentrale „Schulstraße“ entstehen, die als „Maker Space“ Jugendzentrum, Bibliothek, Musikräume und Werkstätten miteinander verbindet. Hier sollen Kinder, Jugendliche und Erwachsene gleichermaßen lernen, tüfteln und gestalten – die Schule als öffentlicher Raum.
Das Herz des Gebäudes bildet ein großes Atrium mit Freitreppe, das sich über mehrere Etagen erstreckt. Es wird Veranstaltungsort, Lernlandschaft und Begegnungsraum zugleich. Rundherum gruppieren sich Lerncluster, die variabel nutzbar sind: mal offene Gemeinschaftsbereiche, mal Rückzugsräume. Auf den begrünten Dachterrassen wird künftig unter freiem Himmel gelernt, gespielt und diskutiert.
Die neue OSW wird ganz in Holzbauweise errichtet – ein sichtbares Bekenntnis zur Nachhaltigkeit. Das Holz bindet CO₂ dauerhaft, die Schule selbst wird damit zu einer aktiven Klimasenke. „Wenn wir den Raum als dritten Pädagogen ernst nehmen, ist jede Investition in durchdachte Architektur eine Investition in Bildungsgerechtigkeit“, sagt Berkenheger.
International inspiriert
Entworfen wurde die neue Schule vom dänischen Büro C.F. Møller Architects – einem der renommiertesten Architekturbüros Europas. Das Kopenhagener Büro steht für offene, demokratische Lernräume – etwa bei der Copenhagen International School, die als urbane Lernwerkstatt konzipiert ist, oder bei The Heart in Ikast, einem Stadtteilzentrum, das Schule, Sport und Kultur in einem offenen Raumgefüge vereint. In der New Islands Brygge School wiederum wird das Dach selbst zum Lern- und Bewegungsraum – Treppen und Dachterrassen bilden einen Parcours für Bewegung und Begegnung, auch mit dem Quartier.
Die Offene Schule Waldau folgt dieser skandinavischen Tradition: Sie soll wie ein dreidimensionales Dorf wirken – transparent, kommunikativ, einladend. Klassische Schulflure gehören der Vergangenheit an; stattdessen entstehen Lernlandschaften, in denen Kooperation, Kreativität und Verantwortung selbstverständlich werden. So könnte der Neubau zu einem internationalen Referenzprojekt werden.
Die Montag Stiftung Jugend und Gesellschaft: Wissen teilen, um Schule neu zu denken
Damit das Schulbau Open Source Pilotprojekt nicht nur für Kassel, sondern für viele Städte beispielhaft wirken kann, dokumentiert die Stiftung die Entscheidungsprozesse und den Umgang mit Vorgaben und Richtlinien aus diesem und weiteren Projekten auf einer Online-Plattform. Dort sind auch alle Planungsunterlagen sämtlicher Leistungsphasen aller Fachplanungen zugänglich. Die Bonner Stiftung gilt als Pionierin und Think Tank für zukunftsgerichteten Schulbau in Deutschland. Sie hat die Leistungsphasen 2 und 3 des Planungsprozesses begleitet und beraten, um innovative Lösungen zu entwickeln – und macht die Ergebnisse öffentlich zugänglich.
Unter dem Titel „Schulbau Open Source“ (SOS) begleitet die Stiftung Kommunen und Schulen bei der Planung von Schulprojekten, die neue Lösungen für einen finanzierbaren, pädagogisch zukunftsorientierten und qualitätvollen Schulbau umsetzen und dabei Anforderungen einen zukunftsfähigen Pädagogik mit Vorgaben der Unfallkassen und technischen Empfehlungen zusammenbringen. Ziel ist es, innovative öffentliche Schulbauprojekte bis ins Detail nachvollziehbar zu machen, damit andere Kommunen aus gelungenen Beispielen lernen können. „Wir wollen, dass sich das Wissen über gute Schularchitektur nicht in einzelnen Projekten versteckt, sondern geteilt wird und sich so multiplizieren und weiterentwickeln kann“, sagt Stiftungs-Vorständin Barbara Pampe.
Eine Schule mit Geschichte – und Zukunft
Die Offene Schule Waldau ist seit Jahrzehnten ein Ort pädagogischer Innovation. Als Versuchsschule des Landes Hessen verfolgt sie ein reformpädagogisches Konzept: selbstorganisiertes Lernen, Inklusion und soziales Miteinander stehen im Mittelpunkt. 2006 wurde sie mit dem Deutschen Schulpreis ausgezeichnet. Doch das bestehende Gebäude aus den 1970er-Jahren ist längst nicht mehr zeitgemäß und zukunftsfähig. Die Pavillonbauten sind marode, die Räume eng und dunkel.
Der Neubau bietet nun die Chance, die Idee der Offenen Schule räumlich zu verwirklichen – eine Schule, die „Offenheit“ tatsächlich baut. Ende März wurde der Grundstein gelegt – in der darunter vergrabenen Zeitkapsel – neben der obligatorischen Tageszeitung und den Entwürfen der Architekten: ein Brief der Schülervertretung. Die optimistische Botschaft: Hallo, Zukunft, wir kommen! News4teachers
Dieser Beitrag ist ein Nachklapp zum Themenmonat “Schulbau & Schulausstattung” auf News4teachers – hier geht es zu allen weiteren Artikeln.
Die Montag Stiftung Jugend und Gesellschaft hat News4teachers bei der inhaltlichen Gestaltung dieses und weiterer Beiträge des Specials unterstützt.









wenn wir sie modern denken und so wie es bei den Eltern im Arbeitsleben aussieht, ist es
offen und mit Ecken
2 Tage Homeoffice
ab und zu ein paar SuS meetings
Praxisprojekte von außerhalb auch digital
“Beziehung geht vor Erziehung, und Erziehung vor Unterricht.“ Für Pascal Berkenheger, Schulleiter der Offenen Schule Waldau (OSW), ist das kein wohlklingender Spruch – es ist gelebte Haltung.
Ich muss gestehen, ich finde diesen ersten Satz schon sehr unglücklich (Hat Unterricht dort wirklich niedrigste Priorität?) und möchte ja sofort ein paar Euro für das “Phrasen-Schwein” fordern.
Dennoch wundert es mich, wie man bei einem Artikel mit starker Betonung auf Beziehungsarbeit erstmal 2 Tage Homeoffice fordern kann…
Mörder haben auch eine Beziehung zum Opfer.
Wie viele solcher Schulen wird/kann/möchte das Land Hessen noch finanzieren?
Das Land (Hessen) finanziert keine Schulgebäude – das tun die Schulträger. Herzliche Grüße Die Redaktion
Vielen Dank, dass Sie mich auf meine nicht korrekte Formulierung hinweisen. Ein zweiter Versuch:
Wie viele hessischen Städte und Gemeinden folgen dem Beispiel dieser “Versuchsschule des Landes Hessen” und sanieren bestehende bzw. erbauen neue Schulen nach diesem architektonischen Vorbild?
Ich frage für ein engagiertes Kollegium in einer seit langem nur teilsanierten Regelschule in einem Geberland des Länderfinanzausgleiches.
Einige in Deutschland. Und in Zukunft – dank des Investitionspakets des Bundes wohl noch mehr. Gerne die Beiträge unseres Themenmonat dazu lesen: https://www.news4teachers.de/bildung/themenmonate/schulbau_schulausstattung/
Herzliche Grüße
Die Redaktion