Die Politiker, die Deutschlands Schulen regieren – Teil drei

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BERLIN. Im vergangenen Jahr gab es wieder viel Fluktuation an den Spitzen der Schulministerien. Anlass genug, um sie alle mal vorzustellen: die Politiker, die Deutschlands Schulen regieren. Teil drei unserer auf vier Folgen angelegten Serie.

Von links: Renate Jürgens-Pieper (SPD), Sylvia Löhrmann (Grüne) und Ludwig Spaenle (CSU). Fotos: Behörde der Senatorin für Bildung, Wissenschaft und Gesundheit Bremen, Wikimedia Commons / (CC BY 2.0), Michael Lucan / Wikimedia Commons (CC BY-SA 3.0)
Von links: Renate Jürgens-Pieper (SPD), Sylvia Löhrmann (Grüne) und Ludwig Spaenle (CSU). Fotos: Behörde der Senatorin für Bildung, Wissenschaft und Gesundheit Bremen, Wikimedia Commons / (CC BY 2.0), Michael Lucan / Wikimedia Commons (CC BY-SA 3.0)

Die Brückenbauerin: Sylvia Löhrmann (Grüne)

Von Rita Süßmuth, der großen alte Dame der CDU, bekam sie die Bestnote: „Eins! Sie hat sehr Gutes geleistet über Jahre.“ Und auch Bundeskanzlerin und CDU-Vorsitzende Angela Merkel war voll des Lobes über Nordrhein-Westfalens Schulministerin Sylvia Löhrmann, als die beiden unlängst bei der Verleihung des Deutschen Lehrerpreises in Berlin zusammenkamen. „Es gibt zum Beispiel in Nordrhein-Westfalen Schulkompromisse, bei denen man sagt: Das ist für eine bestimmte Zeit das, was Eltern sowie Schülerinnen und Schüler erwarten können. Ich halte das für richtig“, sagte die Kanzlerin in Richtung der grünen Spitzenfrau aus NRW. Tatsächlich ist die frühere Deutsch- und Englischlehrerin Löhrmann (54) die Initiatorin des von manchen gar als historisch beschriebenen Schulkonsenses von CDU, SPD und Grünen, der den jahrzehntelangen Streit um die richtige Schulstruktur in Nordrhein-Westfalen beendet hat. Bei so viel Harmonie mochte kaum jemand den Gehalt der Einigung hinterfragen. Statt nämlich angesichts des Schülerschwunds endlich mit der ohnehin schon verwirrenden Fülle von Schulformen aufzuräumen, wird noch eine eingeführt: die Sekundarschule – eine weitere integrierte Schulform neben der ohnehin in NRW schon existierenden Gesamtschule. Was das soll? Verstehen selbst Anhänger der Grünen nicht. Viele von ihnen ärgert aber mächtig, dass sich die CDU (nicht ganz zu Unrecht) als Retterin des gegliederten Schulsystems feiern lässt. So dürfte das viele Lob für Löhrmann noch zum Problem werden – es kommt aus der falschen Richtung.

Der Hyperaktive: Ludwig Spaenle (CSU)

Ludwig Spaenle (CSU) ist überall – ob er bei einer Demonstration gegen die NPD in Landshut, die in einem örtlichen Gymnasium tagen will, mitmarschiert oder das Schulzentrum Schongau besucht, in dem Drohbriefe gegen Lehrer aufgetaucht sind. Jeder Schulleiter in Bayern, über dessen Schule in den Medien berichtet wird, kann sich schon mal auf den Besuch des Ministers einstellen. Selbst wenn der frischgebackene KMK-Präsident Ties Rabe (SPD) ein Interview gibt, kann er sich eines Kommentars aus München sicher sein. Das ist natürlich Taktik: Spaenle (50), ein ehemaliger Redakteur des Bayerischen Rundfunks, kennt die Mediengesetze und will sich als Macher inszenieren, als Mann der Tat, als Problemlöser. Das muss er auch. Denn als Ideengeber hat er nicht viel vorzuweisen – notgedrungen.  Sein Chef, Ministerpräsident Horst Seehofer (CSU), hat die Devise ausgegeben: Weiter so. Nur keine Experimente. So zerschoss er das schöne Konzept von Bundesbildungsministerin Annette Schavan, die CDU möge sich deutschlandweit für ein zweigliedriges Schulsystem einsetzen. Die CSU vertraut weiterhin auf den Nimbus des PISA-Siegers. Ob das allerdings reicht, um die Herausforderungen der Zukunft – Stichworte: Schulsterben, Ganztag, soziale Ungerechtigkeit des Schulsystems – zu lösen, ist mehr als fraglich. Schon die letzte Landtagswahl geriet für die Christsozialen wegen der Schulpolitik, genauer: wegen des Ärgers der Eltern um G8, zum Desaster.

Die Erfahrene: Renate Jürgens-Pieper (SPD)

Es ist keine dankbare Aufgabe, für die Schulen in Bremen verantwortlich zu sein, landet die Hansestadt doch regelmäßig bei PISA und anderen Bildungsrankings am Ende der Tabelle. Der Vergleich ist natürlich ungerecht, profitieren doch die Flächenländer dabei vor allem von ihren weniger problembehafteten ländlichen Gebieten. Würde man nur Städte vergleichen, stünde Bremen höchstwahrscheinlich besser da.  Umso honoriger, wenn sich dann doch jemand der Aufgabe annimmt – noch dazu jemand, der auch schon mal Kultusministerin in einem Flächenland, nämlich Niedersachsen, war:  Renate Jürgens-Pieper (SPD), ehemalige Biologie- und Chemielehrerin, war unter den Ministerpräsidenten Schröder und Gabriel Kultusministerin in Hannover. 2007 wurde die heute 60-Jährige dann von einem beschaulichen Posten als wissenschaftliche Mitarbeiterin bei der Friedrich-Ebert-Stiftung nach Bremen gerufen. Und arbeitet seitdem ruhig – und durchaus erfolgreich. Bei der letzten PISA-Studie lag Bremen zwar immer noch hinten, hatte aber im Leistungsniveau den größten Schritt nach vorne gemacht. Und bei der Inklusion ist der Stadtstaat sogar bundesweit vorn: Ab dem kommenden Schuljahr sollen in Bremen alle Kinder mit und ohne Behinderung oder speziellem Förderbedarf gemeinsam unterrichtet werden. Das gibt es sonst noch nirgends in Deutschland.

Zum zweiten Teil der Reihe

Zum ersten Teil der Reihe

 

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