Revolution mit Bahnsteigkarte

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Ein Kommentar von NINA BRAUN. (Mit Leserkommentar)

Die Bildungsjournalistin Nina Braun. Foto: www.bildungsjournalisten.de
Die Bildungsjournalistin Nina Braun. Foto: www.bildungsjournalisten.de

„Revolution in Deutschland? Das wird nie etwas. Wenn diese Deutschen einen Bahnhof stürmen wollen, kaufen die sich noch eine Bahnsteigkarte!“ Das soll Lenin gesagt haben. Unabhängig von der Urheberschaft des Zitats – etwas ist dran. Jüngstes Beispiel: die Einführung der Gemeinschaftsschule in Baden-Württemberg. Die schulpolitische Revolution im Ländle kommt nämlich äußerst sanft daher. Sie beginnt mit gerade mal 40 Schulen, und auch wenn die Kritiker nicht müde werden zu betonten, dass die Einführung zulasten der traditionellen Schulformen geht, so gilt es erst einmal festzuhalten: Abgeschafft wird zunächst nichts. Mal sehen, wie sich die Schülerzahlen entwickeln. Man muss kein Prophet sein, um vorherzusagen, dass eine integrierte Schulform, die alle Abschlüsse offenhält, gegenüber der sterbenden Hauptschule erfolgreich sein wird.

Das Eingangszitat bitte nicht falsch verstehen: Es ist gut und richtig, Schulreformen nicht mit Gewalt voranzutreiben. „Ermöglichen“, so heißt das neue Zauberwort. Wenn Schulträger und Eltern eine Gesamt- oder Gemeinschaftsschule vor Ort wollen – warum nicht? Und wenn einzelne Hauptschulen sich gegen den Trend zu behaupten vermögen, dann lasst sie doch leben – warum nicht? Die Betroffenen, und dazu zählen selbstverständlich auch die Lehrer, sind es leid, von „oben“ bevormundet zu werden. Bildungspolitik, dies sollte die Lehre aus 40 Jahren Schulkampf um das gegliederte Schulsystem beziehungsweise um die Gesamtschule sein, lässt sich erfolgreich nur in einem breiten Konsens machen. Sozusagen mit Bahnsteigkarte.

Zum Bericht: „Im Südwesten ist das gegliederte Schulsystem jetzt ein Auslaufmodell“

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berteb
11 Jahre zuvor

„Wenn Schulträger und Eltern eine Gesamt- oder Gemeinschaftsschule vor Ort wollen – warum nicht? Und wenn einzelne Hauptschulen sich gegen den Trend zu behaupten vermögen, dann lasst sie doch leben – warum nicht?“
Leider werden den HS und WRS durch die Abschaffung der Verpflichtenden Bildungsempfehlungen die Klassen 5 und 6 wegbrechen. Ab Klasse 7 würden die Klassen zwar durch „Rückläufer“ ( RS-GymVersager, sofern deren Niveau gehalten werden sollte) wieder aufgefült.
Problem: HS und WRS ist dann schon gestorben. Danke für den Todesstoß für eine auf dem Land bewährte Schulform.
Wir sind also gezwungen, eine Gemeinschaftsschule zu beantragen, wohl wissend, dass unsere Kommune finanziell gar nicht in der Lage ist, die erforderlichen Aufwendungen zu leisten. Das Land wird sich ohnehin vornehm zurück halten.
So, jetzt lesen Sie das o.a. Zitat nochmals.
Wie sagte ein Vertreter des KuMis: Die Sache bleibt spannend!