Vor der 3. Tarifrunde: 60.000 Lehrer, Erzieher und Polizisten streiken

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BERLIN. Zeigt die Warnstreik-Welle doch endlich Wirkung? Der Verhandlungsführer der Länder, Sachsen-Anhalts Finanzminister Jens Bullerjahn (SPD), sieht nach eigenem Bekunden Chancen, in der morgen beginnenden dritten Runde der Tarifverhandlungen Fortschritte zu erzielen. Bislang haben die Arbeitgeber kein Angebot vorgelegt.

Morgen beginnt die dritte Runde der Tarifverhandlungen: Demonstration in Berlin. Foto. GEW Berlin
Morgen beginnt die dritte Runde der Tarifverhandlungen: Demonstration in Berlin. Foto. GEW Berlin

Allerdings hielt sich Bullerjahn auch gestern bedeckt. Die Forderung von 6,5 Prozent mehr Geld lehnte er in einem Radiointerview erneut ab. Immerhin ließ er sich entlocken, er könne sich Stufenmodelle mit einer längeren Laufzeit vorstellen.

Empörung und Frust sind bei den Landesbediensteten groß: Bundesweit beteiligten sich heute mehr als 60.000 Landesbeschäftigte an den ganztägigen Warnstreiks. Zehntausende demonstrierten in zahlreichen Städten für mehr Geld – und erhöhten damit einen Tag vor der nächsten Tarifrunde den Druck auf die Arbeitgeber.

Allein in der Region Berlin Brandenburg gingen nach Angaben der Gewerkschaften und der Polizei knapp 25.000 angestellte Lehrer, Sozialarbeiter, Polizisten und Mitarbeiter vieler Landesbehörden auf die Straße.  Lautstark forderten sie 6,5 Prozent mehr Gehalt, eine bundesweit einheitliche Eingruppierung der Lehrer sowie weiterhin 30 Urlaubstage. Die Arbeitgeber wollen sie auf 26 kürzen.

In Berlin legten rund 12 000 Landesbedienstete ganztägig die Arbeit nieder. Nach Angaben der Bildungsgewerkschaft GEW beteiligten sich rund 7500 angestellte Lehrer und Erzieher an den Protestaktionen. Die Berliner GEW-Vorsitzende Doreen Siebernik wertete die große Beteiligung als klares Signal an die Arbeitgeber, endlich ein Angebot vorzulegen.

In Potsdam – wo morgen die Tarifverhandlungen fortgesetzt werden – zogen ebenfalls mehr als 12.000 Lehrer, Erzieher, Polizisten oder Angestellte aus Bürgerbüros in Sternmärschen durch die Straßen zur zentralen Kundgebung in der Innenstadt. Der Luisenplatz wurde am späten Nachmittag wegen Überfüllung geschlossen.

In Mecklenburg-Vorpommern waren rund 11.000 Landesbedienstete dem Aufruf der Gewerkschaften des öffentlichen Dienstes zu einem landesweiten Warnstreik gefolgt. Die Lehrer waren am stärksten vertreten. Mehr als die Hälfte der Schulen wurden der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft zufolge bestreikt.

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Finanzministerin: „Nicht auf den griechischen Weg bringen“

Landesfinanzministerin Heike Polzin (SPD) rechnete den Teilnehmern einer Kundgebung in Schwerin vor, dass es seit 2010 eine Einkommenserhöhung von 6,0 Prozentpunkten gegeben habe. Sie habe noch von keiner Gewerkschaft gehört, dass in Zeiten von Steuereinbrüchen auch mal Verzicht geübt werde. Damit rief sie den Unmut vor allem der Lehrer hervor, die jahrelang Teilzeit gearbeitet haben, um einen noch größeren Stellenabbau zu vermeiden. «Aufhören, aufhören», verlangten sie lautstark. «Wir sorgen auch in schlechten Zeiten dafür, dass Ihr Gehalt pünktlich und zuverlässig kommt», hielt Polzin dagegen. Der öffentliche Dienst solle sich auf Verhandlungen einrichten, die «uns nicht auf den griechischen Weg bringen», sagte sie.

«6,5 Prozent müssen auf den Tisch», forderte der Verhandlungsführer des Beamtenbundes dbb, Willi Russ, bei einer Kundgebung in Düsseldorf. Den Arbeitgebern warf er eine Blockadehaltung vor, da diese bisher kein Angebot vorgelegt haben. «Wir brauchen Kohle und für die Auszubildenden eine verlässliche Übernahme.» Der öffentliche Dienst drohe sonst zu vergreisen, sagte Russ vor rund 3000 Demonstranten.

Rainer Wendt, Bundeschef der Deutschen Polizeigewerkschaft, betonte in Richtung Arbeitgeber: «Bis jetzt waren wir noch nett, aber wir können auch anders.» Zahlreiche Gewerkschaften hatten zu einem ganztägigen Warnstreik im bevölkerungsreichsten Bundesland und zu zwei zentralen Demonstrationen in Düsseldorf aufgerufen – auf eine gemeinsame Veranstaltung hatten sich die Gewerkschaften nicht einigen können. dpa

(6.3.2013)

Zum Bericht: „Warnstreik-Welle auf dem Höhepunkt – Länder zeigen sich unbeeindruckt“

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