Deutscher Schulleiterkongress: Peter Maffay erklärt Schulleitern den „guten Ton“

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DÜSSELDORF. Ungewohntes Terrain für Sänger Peter Maffay: In schwarzer Rocker-Montur – sein Gepäck ist nicht angekommen – steht der 64-Jährige auf der Bühne. «Kribbeln im Bauch» habe er, gesteht Maffay vor Hunderten von Lehrern. Zweimal war das rumänische Auswandererkind auf dem Gymnasium sitzengeblieben und musste es schließlich verlassen. Jetzt erklärt er Schulleitern, was für Kinder wichtig ist – als einer der Referenten beim Deutschen Schulleiterkongress in Düsseldorf.

Peter Maffay auf dem Deutschen Schulleiterkongress. Foto: Susanne Schnabel
Peter Maffay auf dem Deutschen Schulleiterkongress. Foto: Susanne Schnabel

Maffay gehört – wie die Fernseh-Moderatorin Nina Ruge, der Musiker und Extremsporter Joey Kelly oder der Unternehmer Claus Hipp – zu einer ganzen Riege von Prominenten, denen die professionellen «Oberlehrer» in Düsseldorf gerne lauschen. «Ich habe von Pädagogik ehrlich gesagt nicht viel Ahnung, aber ich erlebe viele Kinder», erklärt der Sänger, der im Jahr 2000 eine Stiftung für benachteiligte und traumatisierte Kinder gegründet hat (was der Grund dafür ist, heute hier aufzutreten).

«Es gibt die Theorie, dass die Tonleiter neun Töne besitzt», sagt Maffay in Anspielung auf sein Buch «Der 9. Ton». «Der neunte Ton ist der gute Ton und der ist unverzichtbar.» Dazu gehörten Respekt, Dialog auf Augenhöhe, sein Gegenüber zu akzeptieren und Kompromisse «nicht nur zu suchen, sondern zu ermöglichen», schreibt Maffay den Schulleitern ins Stammbuch. Sie müssten an ihren Schulen «Schutzräume» für Kinder schaffen.

Wie und wo Schulleiter weltweit Kinder zum Erfolg führen, erklärt Bildungsforscher Andreas Schleicher. Vor allem in Asien und in den nordischen Ländern kann Deutschland sich demnach viel abgucken. Zum Beispiel systematische Beobachtung des Unterrichts – auch mit 360-Grad-Kameras im Klassenzimmer – mit anschließender Diskussion im Kollegium. Voneinander lernen – das sei ein entscheidender Erfolgsfaktor für Schulen, berichtet «Mr. Pisa», der für die OECD die internationalen Schulvergleichsstudien koordiniert. «Aber wie soll man Kollegen erreichen, die Angst haben, ihre Tür zu öffnen?», fragt ein Schulleiter. «Da brauchen wir doch einen anderen Zugriff.»

Die Anforderungen werden wachsen, stellt Schleicher nüchtern fest: «In den nächsten Jahren wird ein dramatischer Anstieg an Alleinerziehenden erwartet. Dieser Trend wird auch an Ihren Schultoren Eingang finden.» Gleiches gelte für die anhaltende Migration in die Hochlohnländer.

Gefragt sind aber nicht allein die Pädagogen. Ein interessantes Ergebnis der internationalen Bildungsforschung: «Umso höher die Erwartungshaltung der Eltern und Lehrer, desto höher die Schülerleistung», berichtet Schleicher. In bildungsfernen Schichten werde der Erwartungshorizont oft «nach unten nivelliert» – mit entsprechenden Folgen. Aber lauert dann nicht die Gefahr, Kinder zu überfordern? «Nein», antwortet der Forscher. «Überforderung gibt es nur, wo keine Unterstützung ist.»

Finanziell lohne sich großes Engagement für Schulleiter in Deutschland allerdings nicht, stellt der Vorsitzende des Lehrerverbands Bildung und Erziehung (VBE), Udo Beckmann, fest. Und das Image sei auch mau, hat eine repräsentative Befragung für den VBE ergeben: Nur jeder vierte Bundesbürger stimmt der Aussage zu, dass Schulleiter «ein hohes Ansehen» haben.

Ganz anders in den erfolgreichsten «Pisa-Ländern», weiß Schleicher. «In Finnland haben Lehrer das zweithöchste Ansehen.» In Singapur würden sie «fantastisch bezahlt». Und eine ganz andere Welt tut sich den staunenden deutschen Schulleitern in China auf. «Hier werden die besten Schulleiter gewonnen für die schwierigsten Schulen», erzählt Schleicher. «Wer heute an oberster Stelle steht, hat an einer Migrantenschule oder auf dem Land angefangen.»

Mit hörbarem Frust quittiert das ein Lehrer aus NRW: «Hier werden die Hauptschullehrer am schlechtesten bezahlt und die der Sekundarstufe II am Gymnasium am besten.» Und wie könne er eigentlich testen, ob er ein guter Direktor sei, will ein Anderer wissen. Die Antwort ist für Schleicher einfach: «Das Kriterium für den Erfolg eines Schulleiters sind gute Leistungen seiner Schüler.» BETTINA GRÖNEWALD, dpa

 

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