Zurück zum dreigliedrigen Schulsystem? Riesenkrach in der grün-schwarzen Koaltion um Aussagen von Eisenmann

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STUTTGART. Der grün-schwarze Haussegen hängt in der Bildungspolitik schief. Die Grünen sehen die CDU-Kultusministerin in die falsche Richtung abdriften. Sie müsse sich mehr an den Koalitionsvertrag halten, schreibt ihr Grünen-Fraktionschef Schwarz ins Stammbuch. Tatsächlich ist das nicht der erste Krach, den Eisenmann auslöst. Unlängst hatte sie mit Aussagen zur Inklusion für Aufregung gesorgt.

Baden-Württembergs Kultusministerin Susanne Eisenmann eckt beim Koalitionspartner an. Foto: Kultusministerium Baden-Württemberg
Baden-Württembergs Kultusministerin Susanne Eisenmann eckt beim Koalitionspartner an. Foto: Kultusministerium Baden-Württemberg

Die Grünen im Landtag mahnen beim CDU-geführten Kultusministerium eine verlässliche und koalitionsgetreue Bildungspolitik an. In einem Brief an Ressortchefin Susanne Eisenmann (CDU) schreibt Grünen-Fraktionschef Andreas Schwarz: «Unseres Erachtens ist es von entscheidender Bedeutung, dass Sie gegenüber allen Akteuren in der Bildungspolitik die in der Koalition abgestimmte Grundhaltung vertreten und jenen dadurch Planungssicherheit und Verlässlichkeit von Seiten der Landesregierung zusichern.»

Irritiert zeigt sich der Grünen-Politiker in dem Schreiben unter anderem darüber, dass Eisenmann den weiterführenden Schulen offenbar erlauben wolle, potenzielle Fünftklässler unter bestimmten Umständen abzulehnen. Sie habe sich bei einer Veranstaltung wie folgt geäußert: Wenn eine Grundschulempfehlung fehle, sollten Eltern und Lehrer eine Einschätzung abgeben, auf deren Grundlage die weiterführende Schule das Kind auch ablehnen könne. Derzeit haben die Eltern noch das letzte Wort, auf welche Schule ihr Kind nach der Grundschule wechselt. Das solle so bleiben, unterstrich Schwarz.

Informatikunterricht nur am Gymnasium?

Auch der nur auf Gymnasien beschränkte geplante Ausbau des Informatikunterrichts, über den bereits «Mannheimer Morgen» und «Heilbronner Stimme» berichtet hatten, sei nicht im Sinne der Grünen. Laut Koalitionsvertrag soll die Informatik in den Schulen unter anderem mit dem «Aufbaukurs Informatik» in Klasse 7 aller weiterführenden Schulen vorangetrieben werden. Schwarz betonte, diese Vereinbarung müsse genau so umgesetzt werden. Eisenmann begründete in den Blättern ihren Kurs damit, dass sie in den Haushaltsberatungen statt der beantragten 180 nur 60 Lehrerstellen bekommen habe. Zuvor hatte Eisenmann aufgrund von fehlenden Lehrerstellen die Inklusion infrage gestellt.

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Von der Opposition kam herbe Kritik. Der bildungspolitische Sprecher der FDP-Fraktion, Timm Kern, sagte: «Damit wird Baden-Württemberg endgültig zur digitalen Bildungs-Diaspora.» Der SPD-Bildungsexperte Stefan Fulst-Blei verwies laut den Zeitungsberichten auf die am Dienstag im Ministerrat beschlossenen Eckpunkte für eine ressortübergreifende Digitalisierungsstrategie: «Es ist hanebüchen, eine Digitalisierungsoffensive auszurufen und gleichzeitig den Informatikunterricht zusammenzustreichen.»

Die Grünen als Anhänger der Gemeinschaftsschule zeigten sich auch verärgert über die bekanntgewordene Aussage Eisenmanns bei einer CDU-Versammlung, man wolle in Baden-Württemberg zum dreigliedrigen Schulsystem – Haupt-, Realschule und Gymnasium – zurückkehren. Diese Äußerungen verunsicherten Lehrer, Eltern, Schüler sowie Wirtschaft und Kommunen. Schwarz schreibt Eisenmann ins Stammbuch: «Ziel der Landesregierung muss es sein, für Ordnung, Klarheit und Verlässlichkeit an unseren Schulen zu sorgen. Auch darum bitten wir Sie.» Die Lehrer bräuchten Ruhe, um sich um die Qualität des Unterrichts zu kümmern.

Mittlerweile haben beiden Seiten versucht, die Wogen zu glätten, unter anderem durch ein Telefonat zwischen Schwarz und Eisenmann.

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