Wird „Schreiben nach Gehör“ jetzt doch nicht verboten? Eisenmann deutet Rückzieher an

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STUTTGART. Ist das ein Rückzieher? In einem Brief an die Grundschulen ihres Landes hatte Baden-Württembergs Kultusministerin Susanne Eisenmann noch im Dezember das Aus für die umstrittene Schreiblernmethode „Schreiben nach Gehör“ verkündet – und war dafür massiv unter anderem vom Grundschulverband kritisiert worden. In einem Interview, das jetzt bekannt wurde, rudert die Christdemokratin offenbar zurück: Diese Lehrmethode werde nicht verboten, erklärte die Christdemokratin gegenüber dem „Mannheimer Morgen“ bereits vor vier Wochen.

Verbot - oder kein Verbot? Baden-Württembergs Kultusministerin Susanne Eisenmann (CDU). Foto: Kultusministerium Baden-Württemberg
Verbot – oder kein Verbot? Baden-Württembergs Kultusministerin Susanne Eisenmann (CDU). Foto: Kultusministerium Baden-Württemberg

Laut Pressemitteilung des Kultusministeriums vom 15. Dezember nahm sich Eisenmann, die mittlerweile auch die KMK-Präsidentschaft übernommen hat, die Grundschulen in Sachen Rechtschreibung zur Brust – angesichts  schwacher Ergebnisse beim Ländervergleichs des Instituts für Qualitätsentwicklung im Bildungswesen (IQB) Ende Oktober 2016 sowie Hinweisen aus den VERA-Vergleichsarbeiten. „Richtiges Schreiben ist ebenso wie Lesen und Rechnen eine Schlüsselkompetenz, die wieder gestärkt werden muss“, teilte Eisenmann in ihrem Schreiben mit. Deren Erwerb dürfe weder vernachlässigt noch nebenbei erfolgen. Systematisches (Ein-)üben sei ebenso wichtig wie Kontinuität. „Deshalb ist es wichtig“, sagt die Ministerin, „dass richtiges Schreiben nicht erst zum Ende der zweiten oder in der dritten Klasse, sondern von Beginn der Grundschulzeit an konsequent unterrichtet wird.“

„Zwingend erforderlich“

Sie hob hervor: „Eine Unterrichtsmethodik und -didaktik, die der Rechtschreibung nicht den zentralen Stellenwert gibt oder diese zu spät berücksichtigt, ist wenig hilfreich.“ Das Schreiben von Kindern, das primär von sprachlichen Lautelementen bestimmt sei und die Rechtschreibstrategien und die notwendige Fehlersensibilität vernachlässige, führe zwar eher zum kreativen Schreiben, zöge aber häufig Fehler bei der Rechtschreibung nach sich. So seien eine Vielzahl an „individuellen Schreibungen“ eines Wortes feststellbar, wodurch das Einüben der korrekten Schreibweise erschwert werde. „Deshalb ist es aus meiner Sicht zwingend erforderlich, dass orthografische Fehler von Anfang an konsequent korrigiert werden“, so die Ministerin. An dieser Stelle müsse gegengesteuert und Rechtschreibung von Anfang an gezielt geübt werden. Methoden, bei denen Kinder monate- beziehungsweise jahrelang nicht auf die richtige Rechtschreibung achten müssen, seien nicht mehr zu praktizieren, so heißt es laut Ministerium in ihrem Brief.

Verbot von „Schreiben nach Gehör“ – Grundschulverband fordert Kretschmann auf: Schreiten Sie ein! Stoppen Sie die Kultusministerin!

Das rief den Grundschulverband auf den Plan, der sich noch vor Weihnachten bei Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) beschwerte – und den Regierungschef aufforderte, einzuschreiten und die Anordnung seiner Ministerin rückgängig zu machen.

Und jetzt die Kehrtwende? Eisenmann erklärte einem Bericht von „Mannheimer Morgen“ und „Heilbronner Stimme“ vom 19. Januar zufolge, die Methode „Schreiben nach Gehör“ werde nicht verboten. Allerdings pochte sie den Angaben zufolge darauf, dass „das reine lautorientierte Schreiben nicht ausreicht, um das Ziel der Grundschule im Bereich Rechtschreibung zu erreichen“. Was das konkret bedeutet? Eine Antwort wird wohl erst im Frühjahr 2018 gegeben. Die Kultusministerin kündigte laut der Berichterstattung an, bis dahin ein Konzept mit dem Titel „Bildungsplan 2016 – Schulartübergreifender Rechtschreibrahmen“ vorzulegen. Agentur für Bildungsjournalismus

Die „eiserne Lady“ der Bildungspolitik: Eisenmann ist jetzt Präsidentin der KMK – und stellt als Erstes Englisch in der Grundschule infrage

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Axel von Lintig
7 Jahre zuvor

Die Argumente gegen LdS wurden bereits ausgetauscht. Ebenso gegen den eigeninitiativen, selbstgesteuerten, Material zentrierten Unterricht, welcher sich nicht als individualisierter Unterricht entpuppt.
Viele Eltern wünschen sich eine Abkehr von diesen Methoden.
Auf das Frau Eisenmann genügend Durchhaltevermögen hat, den sektiererischen Reichen-Anhängern stand zu halten.

sofawolf
6 Jahre zuvor
Axel von Lintig
6 Jahre zuvor
Antwortet  sofawolf

Sofawolf
Danke für den Artikel.Und ich garantiere Ihnen, dass derartige im Münsterland das Schreiben und Lesen Lernen erfolgt und diese Methode weit verbreitet ist.Ich werde hier weiter die Eltern über die Methode aufklären.
In meiner Sammlung fehlt mir noch das standardisierter Lese- und Schreiblehrgänge der DDR für Grundschüler.
Ich wäre froh,wenn unser Kultusministerium die fachdidaktischen Hinweise des Landes NRW überarbeiten würde und durch linguistische gestützte Methodenhinweise ersetzen würde.
Die Pädagogik eines Hans Brügelmann,einer Frau Brinkmann und einer Frau Spitta gehört in die Mottenkiste gescheiterter Methoden,ebenso wie die eines Jürgen Reichen.
Alternativ kann man diese kryptischen Schreibweisen bewusst als Mittel der Schriftsprache einsetzen, um die Leser über diese gezielte Irreführung aufzuklären.
Die Hauptvertreter dieser Methodik bestreiten eine häufigere Anwendung als in 3 Prozent der Schulen.
Das ist glatt gelogen und deckt sich auch nicht mit den Schilderungen von Kollegen aus anderen Landesteilen.
Man verbaut vielen Betroffenen eine Schulkarriere,zumindest beeinträchtigt man deren Entwicklung.
Hauptbefürworter ist der Grundschulverband,aber auch der VEB vertritt die selben positionen, wie aus den Kommentaren der Funktionäre ersichtlich ist.
Das Kultusministerium hat die Pflicht gegen diese Methoden vorzugehen.

Axel von Lintig
6 Jahre zuvor
Antwortet  Axel von Lintig

dass durch derartige Methoden im Münsterland,….
Das standardisierter Lese- und Schreiblehrwerk der DDR