Debatte über selbstständige Schulen in Hessen

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WIESBADEN. Im hessischen Landtag haben die Fraktionen im Landtag heute über das Konzept der selbstständigen Schule gestritten. Während die Koalition aus FDP und CDU mit der Umsetzung des Konzeptes zufrieden ist, bezeichnet die Opposition dies als „Mogelpackung“ und „Mangelverwaltung“.

„Die Einführung der Selbstständigen Schule eröffnet den Schulen Freiheiten für die schulische Entwicklung, wie sie bundesweit einmalig sind“, sagte Kultusministerin Dorothea Henzler (FDP). Jede Veränderung diene dem Ziel, den individuellen Lernerfolg der Schüler zu steigern und zugleich die Lernbedingungen für Lehrer zu verbessern. Die Schulen vor Ort wüssten selbst am besten, mit welchen Maßnahmen sie ihre Schüler zum Erfolg führen, heißt es in der Pressemitteilung des hessischen Kultusministeriums. Henzler: „Entscheidungen müssen dort gefällt werden, wo ihre Auswirkungen direkt zu spüren sind.“

Die selbstständige Schule ist Bestandteil des neuen Schulgesetzes, das zu Beginn des jetzigen Schuljahres in Kraft getreten ist. Demzufolge sollen die Schulen mehr Freiheiten bekommen, beispielsweise bei der Unterrichtsgestaltung sowie bei Organisations- und Personalfragen. Derzeit erhalten die insgesamt 59 selbstständigen Schulen (35 beruflichen und 24 allgemeinbildende Schulen) dem Kultusministerium zufolge unter anderem eine Lehrerzuweisung von 101,5 Prozent und das „Große Schulbudget“, mit dem sie zum Beispiel über freie Personalmittel eigenverantwortlich verfügen und Personal für erweiterte pädagogische Aufgaben einstellen können.

Hans-Jürgen Irmer, bildungspolitische Sprecher der CDU-Fraktion, sieht die Entwicklung der selbstständigen Schule „auf einem guten Weg“. Für die CDU-Fraktion sei dabei stets das Prinzip der Freiwilligkeit maßgeblich gewesen, das auch im Schulgesetz entsprechend verankert worden sei. Mario Döweling, Schulexperte der FDP, sagte, dass die selbstständige Schule ein Kernanliegen liberaler Bildungspolitik sei und die teilnehmenden Schulen zukünftig noch besser auf die Bedürfnisse und spezifischen Anforderungen an ihrer Schule reagieren könnten. Laut Döweling erhalten sie die Chance, durch eine höhere Eigenständigkeit und Gestaltungsmöglichkeit jedes Kind individuell zu fördern. Döweling: „Allen Unkenrufen zum Trotz, ist die Selbstständige Schule in Hessen nun Realität.“

Opposition: Gute Idee, schlechte Umsetzung

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Kritik an der Einführung der selbstständigen Schulen gab es von der Opposition. Die Landtagsfraktion von Bündnis 90/Die Grünen sieht in der bisherigen Bilanz „keinen Grund zum Jubeln“. Mathias Wagner, bildungspolitischer Sprecher der Grünen, sagte, dass der Landtag vor neun Jahren beschlossen habe, dass die Schulen mehr Selbstständigkeit bekommen sollen. Heute hätten gerade einmal 59 von rund 1.700 Schulen etwas mehr Selbstständigkeit. An einem gemeinsamen Schulbudget von Land und Kommunen fehle es ebenso wie an einer Änderung der Schulverwaltungsstrukturen und 105 Prozent Lehrerversorgung, heißt es in der Pressemitteilung der Landtagsfraktion der Grünen. Der zufolge finden die Grünen die Idee der selbstständigen Schule zwar richtig, aber die Umsetzung durch das Kultusministerium lasse zu wünschen übrig.

Auch Heike Habermann, bildungspolitische Sprecherin der SPD-Landtagsfraktion, kritisierte die Arbeit der Kultusministerin und warf ihr „viel Prosa und wenig Substanz“ vor. Die Einführung der selbstständigen Schule werde zu einer „unendlichen Geschichte“, ohne dass ein Konzept und ausreichend Ressourcen vorhanden wären. Habermann: „Viele Schulen haben in den vergangenen Jahren den Eindruck gewonnen, ihnen werde mit der Eigenverantwortung auch die Mangelverwaltung aufgebürdet.“ Die SPD-Politikerin resümierte, dass die selbstständige Schule weiter einer Wunschvorstellung der Kultusministerin ohne Perspektive auf Umsetzung in der Fläche bleibe.

Barbara Cárdenas, bildungspolitische Sprecherin der Fraktion Die Linke, bezeichnete das Konstrukt der selbstständigen Schule als „Mogelpackung“ und bewertetet die selbstständigen Schulen als „Selbstbeweihräucherung ohne Konzept“. (kö)

(7.3.2012)

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