«Ich habe Spuren hinterlassen» – Hessens Kultusministerin Henzler geht

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WIESBADEN. Dorothea Henzler hat für die hessischen Schulen einiges erreicht. Andere Probleme bleiben. Ihre Kämpfe verlor die Ministerin vor allem in der politischen Arena. Dort soll nun eine Jüngere punkten.

Triitt zurück: : Hessens Kultusministerin Dorothea Henzler. Foto: Hessisches Kultusministerium
Tritt Ende Mai zurück: : Hessens Kultusministerin Dorothea Henzler. Foto: Hessisches Kultusministerium

Es war der Wunschposten der Schulpolitikerin. Drei Jahre und fast vier Monate hat Dorothea Henzler (FDP) als Kultusministerin in Hessen amtiert. Doch auf Druck der Partei muss die 63-Jährige ihr Amt am 31. Mai an die jüngere Nicola Beer (42) abtreten. Zwar lobte Landeschef Jörg-Uwe Hahn überschwänglich, Henzlers Politik habe einen «Quantensprung» für Hessens Schulen bedeutet. Tatsächlich aber hat sie aus Sicht der schwächelnden Liberalen im wichtigsten Ressort des Landes zu wenig politische Dividende erwirtschaftet.

«Ich glaube, ich habe Spuren hinterlassen», sagte Henzler bei ihrer letzten Pressekonferenz als Ministerin. In der notorisch aufgeregten Schulpolitik in Hessen waren ihre Amtsjahre eher ruhig. Die Vereinbarung der CDU/FDP-Koalition, im Lauf der Wahlperiode 2.500 neue Lehrer einzustellen, gab Henzler ein sicheres Polster.

Allerdings begann die Amtszeit mit einer Panne: In den Aufgaben für das Mathe-Zentralabitur 2009 steckten Fehler. Dafür konnte Henzler nichts. Doch die Ministerin und ihr Haus brauchten lange, um für die Öffentlichkeit Klarheit zu schaffen und eine pragmatische Lösung für die betroffenen Schüler zu finden.

Bei der verdrucksten Kommunikation blieb es. Locker war Henzler wohl nur bei Schulbesuchen: Da sprach eine strenge, aber freundliche Großmutter mit den Schülern. Mit den Lehrerverbänden kam sie besser zurecht als einige ihrer Vorgänger. «Wir hatten den Eindruck, dass wir gehört wurden», sagt etwa Knud Dittmann, Landesvorsitzender des Philologenverbandes. Aber in der schulpolitischen Arena im Landtag, in Fraktion oder Koalition wirkte sie oft verkniffen und isoliert.

«Ich habe geliefert», verteidigte sich die 14. hessische Kultusministerin auf einem FDP-Landesparteitag Mitte Mai, als sie schon geschasst war. In ihrer Zeit wurde das hessische Schulgesetz neu geschrieben. Das ohnehin vielgliedrige Schulsystem im Land wurde um die neue Mittelstufenschule bereichert. Kinder ohne legalen Aufenthaltsstatus dürfen nun die Schule besuchen.

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Henzlers Lieblingsvorhaben war die «Selbstständige Schule»: Die Schulen sollen selbst über Finanzen und Personal entscheiden können. Einige Schulen sind begeistert. Andere halten die Neuerung für überschätzt, so auch der Praktiker Dittmann: Die «selbstständige Schule» sei von den Schulleitern her gedacht. Die fordern mehr Verwaltungskräfte, um die neuen Aufgaben bewältigen zu können.

Eine Lehrerversorgung von 105 Prozent hatte Henzler den Schulen bis zum Ende der Wahlperiode 2013 versprochen. Im kommenden Schuljahr werden gerade einmal 101 Prozent erreicht. Die Aussicht auf einen Sprung im Herbst 2013 hält die Opposition für Rechentricks.

Aus Sicht der Opposition ging unter Henzler auch der Ausbau von Ganztagsschulen zu langsam voran. Beim gemeinsamen Unterricht von behinderten und nichtbehinderten Kindern habe sie gebremst. Die Einführung eines islamischen Religionsunterrichts – für Hahn wie für Henzler ein wichtiges Vorhaben – kommt nur in Trippelschritten voran.

Dabei saßen Henzlers Gegner nicht nur in der Opposition, sondern auch im eigenen Lager. Als sie 2011 zum Sparen Referendarsstellen streichen und Schulämter schließen wollte, bremste die CDU-Fraktion – namentlich der einflussreiche schulpolitische Sprecher Hans-Jürgen Irmer. Bei der Neuordnung der Schulämter düpierte der FDP-Abgeordnete Wolfgang Greilich seine Ministerin. Vom Vize-Ministerpräsidenten und Landesparteichef Hahn kam kein stützendes Wort.

Hinter den Kulissen wurde auf Henzler eingeredet, ihren Platz zu räumen. Im April gab sie unter Druck schließlich nach. Nun soll die bisherige Europa-Staatssekretärin Beer liberale Schulpolitik wirksamer in der Öffentlichkeit verkaufen. Doch im Bereich Bildung hat Beer bislang nur mit Hochschulen zu tun gehabt, nicht mit Schulen. Sie wolle Henzlers Linie fortsetzen, kündigte sie an. Dazu werde sie das Gespräch mit Lehrern, Eltern, Schülern und Verbänden pflegen.  FRIEDEMANN KOHLER, dpa

(27.5.2012)

 

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