Lieber Bern als Wetzlar: Gericht verurteilt frühpensionierten Lehrer wegen Betrug

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IMBURG/WETZLAR. Es hätte alles so schön einfach – und einträglich sein können: Ein Lehrer aus Hessen ließ sich hier für dienstunfähig erklären – und nahm dann eine Stelle in der Schweiz an, kassierte aber weiter eine Teilrente aus seinem deutschen Bundesland. Das obskure Schauspiel beschäftigt die Justiz seit Jahren – mit einer heftigen Schlappe für den 61-Jährigen.

Schöner als Wetzlar? Das hübsche schweizer Städtchen Bern. Foto: Martin Abegglen/Flickr (CC BY 2.0)
Schöner als Wetzlar? Das hübsche schweizer Städtchen Bern. Foto: Martin Abegglen/Flickr (CC BY 2.0)

In der Schweiz verdient man mehr – unter besseren Arbeitsbedingungen. Das fand zumindest ein Lehrer aus Hessen. Er entschied sich daher, lieber im Nachbarland an einer Schule zu unterrichten – nachdem er sich in Deutschland für dienstunfähig hatte erklären und in Frührente schicken lassen. Der hessische Verwaltungsgerichtshof entschied allerdings bereits 2009, dass  der Lehrer sei sehr wohl in der Lage sei, seinen Beruf in der Heimat auszuüben. Nun verurteilte ihn das Landgericht Limburg auch noch wegen Betrugs.

Der inzwischen 61-Jährige habe die Schulverhältnisse in der Schweiz gegenüber dem deutschen Schulamt und den Gerichten schöngeredet, sagte ein Sprecher des Landgerichts laut „Spiegel Online“. Außerdem habe er seinen privaten Versicherungsanbieter getäuscht, der ihm daraufhin eine Berufsunfähigkeitsversicherung ausgezahlt habe.

1. Akt: Die Frühpensionierung

Die Geschichte um den falschen Frührentner reicht bereits jahrzehntelang zurück. 1998 hatte das zuständige Schulamt den Lehrer aus Wetzlar wegen einer psychischen Erkrankung in den Ruhestand versetzt. Er war damals 46 Jahre alt. Er sei den Anforderungen des Schulalltags nervlich nicht mehr gewachsen, hieß es damals in der Begründung.

Das Schulamt beantragte eine weitere Untersuchung 2001 – der Arzt attestierte dem Lehrer abermals seine Dienstunfähigkeit. Die hinderte ihn jedoch nicht daran, fünf Monate später eine Stelle an der Wirtschafts- und Kaderschule Bern anzunehmen. Das meldete er der deutschen Besoldungsstelle, die daraufhin seine Pension um 80 Prozent kürzte.

2. Akt: Wiederberufung in den Dienst

Zwei Jahre darauf wurde der Lehrer, der in Deutschland nun keiner, in der Schweiz aber sehr wohl einer war, erneut untersucht. Die routinemäßige Überprüfung einer Dienstunfähigkeit ergab diesmal ein überraschend anderes Ergebnis: Der Lehrer sei sehr wohl arbeitsfähig. Das Schulamt berief ihn wieder in den Dienst, der Lehrer legte Widerspruch ein – mit Erfolg.

Schließlich entschied der Verwaltungsgerichtshof in Kassel 2009 in letzter Instanz: Ende mit der Rente, zurück in den deutschen Schuldienst. Das hessische Schulamt also forderte den neuen alten Lehrer wieder, zurück in ein hessisches Klassenzimmer zu bekommen. Man habe ihn mehrfach schriftlich dazu aufgefordert und ein Disziplinarverfahren eingeleitet, sagte Schulamtssprecher Dirk Fredl laut „Spiegel Online“. Der Lehrer: weigerte sich, wieder in Hessen zu lehren. Das Verwaltungsgericht Kassel muss nun entscheiden, ob ihm die Beamtenpension gestrichen wird.  „Wir schöpfen alle Mittel aus, um dem Recht Geltung zu verschaffen“, sagte Fredl gegenüber der Nachrichtenseite.

3. Akt: Verurteilung wegen Betrugs

Das Landgericht Limburg stellte nun fest, der Lehrer habe betrogen, als er vor neun Jahren Widerspruch einlegte gegen den Wiedereinstellungsbescheid des Schulamts. Darin habe er die Schulverhältnisse in der Schweiz, zum Beispiel die Klassengröße, falsch dargestellt, so die Begründung des Gerichts laut „Spiegel Online“.

Der Lehrer wurde daraufhin in Limburg zu einem Jahr Freiheitsstrafe auf Bewährung verurteilt und muss außerdem 20.000 Euro an gemeinnützige Einrichtungen spenden. Das Urteil ist allerdings noch nicht rechtskräftig – der Fall könnte auf Initiative des Lehrers hin noch vor dem Oberlandesgericht in Frankfurt landen.

(20.12.2012)

Zum Bericht: „Lehrer täuscht Krankheit vor – Bewährungsstrafe bestätigt“

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