Urteil: Gemeinden können Gemeinschaftsschulen nicht gegen die Schulaufsicht errichten

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STUTTGART. Im Streit um die Errichtung von Gemeinschaftsschulen in vier Gemeinden hat das Verwaltungsgericht Stuttgart für das Land entschieden. Die Abgewiesenen kündigten schon an in Berufung gehen zu wollen.

Kommunen in Baden-Württemberg können nach einem Urteil des Stuttgarter Verwaltungsgericht ihre Schulen nicht auf Biegen und Brechen durch Gründung einer Gemeinschaftsschule retten. Vier Gemeinden, die auf Zulassung der neuen Schule geklagt hatten, erlitten eine juristische Niederlage. Das Gericht wies am Freitag die Klagen der Gemeinden Wäschenbeuren (Kreis Göppingen), Obersontheim (Kreis Schwäbisch Hall), Igersheim (Main-Tauber-Kreis) und Kirchardt (Kreis Heilbronn) gegen das Land Baden-Württemberg ab.

rotes Baustellenlicht
Die Zeichen stehen auf rot, aber der Ausgang ist offen. Wegen der grundsätzlichen Bedeutung des Streits hat das Verwaltungsgericht Stuttgart ausdrücklich Berufung zugelassen. Foto: RainerSturm / pixelio.de

Das Kultusministerium begrüßte das Urteil. Der Bürgermeister von Igersheim, Frank Menikheim (parteilos), kündigte bereits an, seinem Gemeinderat zu empfehlen, gegen das Urteil Berufung einzulegen.

Das Gericht folgte den Argumenten des Landes, die erwarteten Schülerzahlen reichten nicht aus, um eine stabile Zweizügigkeit einer Gemeinschaftsschule zu erreichen. Der Landtag habe eine Mindestschülerzahl von 40 Schülern je Jahrgang für eine Schul- Neugründung vorgegeben, von der die Gemeinden weit entfernt seien. Vor Gericht hatte ein Vertreter des Landes auch geltend gemacht, dass angesichts knapper Kassen, Schüler nicht auf Kleinsteinheiten verteilt werden könnten – sonst werde sich der Schülerrückgang finanziell gar nicht auswirken.

Das Gericht kann auch keinen Ausnahmefall sehen. Denn unweit von allen vier Kommunen gebe es bereits Gemeinschaftsschulen oder sie würden eingerichtet, oder es existierten andere weiterführende Schule.

Die Gemeinden hatten die Prognosen des Regierungspräsidiums Stuttgarts zu Schülerzahlen angezweifelt. Nach ihren Berechnungen würden sie den Klassenteiler von 28 Schülern für Gemeinschaftschulen überspringen und somit eine Zweizügigkeit erreichen. Die Kommunen befürchten, dass sie ihre weiterführenden Schulen – Haupt- oder Werkrealschulen – verlieren, wenn sie keine Gemeinschaftsschulen einrichten können. Damit ginge ihnen auch ein wichtiger Standortvorteil verloren.

Aus Sicht des Kultusministerium stellt die Entscheidung klar, dass die Schulverwaltung ihre Entscheidungen auf der Grundlage von nachvollziehbaren und verantwortungsbewussten Kriterien treffe. Auch der Handwerkspräsident Joachim Möhrle zeigte sich erleichtert. Es müsse gelten: «Gemeinschaftsschule ja, aber nicht um jeden Preis.» Die Schulart dürfe nicht als lebensverlängernde Maßnahme für sterbende Schulstandorte herhalten.

Das Gericht hat die Berufung gegen die Urteile wegen der grundsätzlichen Bedeutung des Streits zugelassen. Die nächste Instanz wäre der Verwaltungsgerichtshof Mannheim. Der Vorsitzende Richter Jan Bergmann hatte in der mündlichen Verhandlung am Donnerstag mit Blick auf 350 existenzbedrohte kleine Haupt- und Werkrealschulen im Südwesten betont, die Fälle hätten exemplarische Bedeutung.(dpa)

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