Lehrerverbände wünschen sich zu Weihnachten Altersteilzeit und eine Lehrerreserve

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STUTTGART/MAGDEBURG. „Nicht nur unverbesserliche Idealisten werden Lehrer, die wenigsten sind jam­mernde Weltverbesserer“, behauptet Gerhard Brand, Vorsitzender des Verbandes Bildung und Erziehung (VBE) Baden-Württemberg, der sich von der Politik eine deutlich verlässlichere Unterstützung der Schulen wünscht. Brand wörtlich: „Leh­rer fühlen sich bei ihrer für die Gesellschaft so wichtigen pädagogischen Arbeit immer mehr allein gelassen.“ So werde deren Weihnachtswunschzettel zur Verbes­serung der Arbeitsbedingungen an den Schulen zwangsläufig immer länger.

Optimal ist eine Schulkultur, die bei Schülern das soziale Lernen in den Vordergrund stellt und das Positive hervorhebt. Dabei sollten nicht nur leistungsstarke Kinder und Jugendliche gefördert werden, sondern gerade auch die Schwachen, Unsicheren und Be­nachteiligten. Die gehen im Klassenzimmer gerne unter, auch wenn heute schon bei­nahe inflationär vom „individuellen Lernen“ gesprochen wird. Die politische Unterstüt­zung der Schulen durch entsprechende Arbeitsbedingungen ist bei allem Bemühen der Pädagogen um ihre Schüler unverzichtbar. „Daran mangelt es zurzeit“, urteilt Brand.

Das sind Deutschlands Lehrer des Jahres - und ein paar Honoratioren (wie Nordrhein-Westfalens Schulministerin Sylvia Löhrmann, untere Reihe, dritte von rechts). Foto: Deutscher Lehrerpreis
Das sind Deutschlands Lehrer des Jahres – und ein paar Honoratioren (wie Nordrhein-Westfalens Schulministerin Sylvia Löhrmann, untere Reihe, dritte von rechts). Foto: Deutscher Lehrerpreis

Der VBE-Vorsitzende spricht Klartext, wie er sich diese notwendige Unterstützung für die Schulen vorstellt: Durch eine spürbare Senkung des Klassenteilers, der mit 30 Schülern in der Sekundarstufe und mit 28 in den Grund- und Gemeinschaftsschulen noch immer viel zu hoch ist; durch die Sicherstellung dringend benötigter Stütz- und Fördermaßnahmen; durch eine ausreichende Anzahl motivierender AG-Stunden für alle Schularten; durch eine verlässliche Lehrerreserve gegen zu viel Unterrichtsausfall; durch mehr Sozialarbeiter an den Schulen und nicht zuletzt durch die Schaffung von Planstellen für junge Pädagogen sowie die Möglichkeit für ältere Lehrer, in Würde den Dienst beenden zu dürfen, etwa durch die Einführung einer von der Landesre­gierung noch nicht einmal angedachten Altersteilzeit für alle Lehrkräfte.

Das seien Wünsche, so der VBE-Chef, die nicht nur, weil Weihnachten vor der Tür stehe, in Erfüllung gehen sollten, sondern weil deren Verwirklichung eine echte Hilfe für die Schulen des Landes wäre – im Interesse der Schüler, der Eltern und der Lehrer. Leider würden alle Maßnahmen Geld kosten, und so werde an den Schulen auch von der grün-roten Landesregierung, die mit großen Visionen angetreten war, mehr der Rotstift angesetzt, als in die bildungspolitische Zukunft der Gesellschaft investiert.

In Sachsen-Anhalt herrscht Lehrermangel

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Auch in Sachsen-Anhalt sind die Gewerkschafter nicht zufrieden. Unterrichtsausfall, kaum Vertretungsreserven und keine Zeit für Fortbildung: Wenn nicht mehr junge Lehrer kommen, drohe eine systematische Unterversorgung .

Die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) hat von der Landesregierung gefordert, dringend ihre Einstellungspolitik für den Schuldienst zu ändern. Ausnahmslos alle aus dem Dienst ausscheidenden Lehrkräfte müssten durch neue Kollegen ersetzt werden, sagte der GEW-Landesvorsitzende Thomas Lippmann am Sonntag in Magdeburg. Konkret gehe es um 600 bis 800 Lehrer pro Jahr, das Land setze nur etwas mehr als 200 junge Lehrer dagegen. «Der Einstellungskorridor reicht unter keinen Umständen mehr aus, um die Unterrichtsversorgung auf dem bisherigen Niveau zu halten», sagte Lippmann. «Dadurch könnte sogar die Schulpflicht infrage gestellt werden.» Viele Lehrer seien bereits jetzt überlastet.

   Die GEW wirft der Politik vor, immer größere Lücken im schulischen Angebot zu provozieren, weil nicht angemessen auf steigende Schülerzahlen reagiert werde. Durch den Lehrermangel komme es immer öfter zu Unterrichtsausfällen. Vertretungsreserven für Krankheits- oder Urlaubsfälle seien kaum noch vorhanden, und es fehle die Zeit für Fortbildungen und besondere schulische Aufgaben. «Es kann eben immer nur soviel Unterricht organisiert werden, wie Lehrkräfte vorhanden sind», sagte Lippmann.

   In Sachsen-Anhalt gibt es derzeit nach Angaben des Kultusministeriums etwa 15 700 Lehrer an den allgemeinbildenden Schulen. Ihr Durchschnittsalter liegt laut Bildungsgewerkschaft bei mehr als 50 Jahren. Nur etwa 1000 Lehrer seien jünger als 40. nin mit dpa 

 

 

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