BERLIN. Trauriger Schulalltag in Deutschland: Immer wieder werden Kinder und Jugendliche Opfer von Mobbing. Nach der körperlichen Gewalt kommen die seelischen Wunden, wie ein ARD-Film am Mittwoch zeigt.
Nur häppchenweise treten die Ereignisse ans Licht. Ein Junge wird von seinem Schülern drangsaliert, gedemütigt, geschlagen. Doch auch nachdem einer der Täter zu gemeinnütziger Arbeit verurteilt wird, hört für Nick Neufeld (Ludwig Skuras) das Spießrutenlaufen nicht auf. Zum zweiten Mal wird der 13-Jährige Opfer – sein Leiden ist still, sprachlos. In dem Spielfilm «Neufeld, mitkommen!» zeichnet die ARD an diesem Mittwoch (2. April, 20.15 Uhr) ein Drama über die Mobbing-Folgen nach, eine wahre Geschichte aus dem Alltag an Schulen in Deutschland.
Über Monate war der Junge in einer Kleinstadt von seinem Kameraden gequält worden. Die Journalistin Jana Simon, die zusammen mit Kathi Liers das Drehbuch schrieb, sprach mit den Eltern des Opfers und denen der Täter, mit Lehrern und Mitschülern. «Was mich am meisten an diesem Fall beschäftigt und berührt hat, war, dass anscheinend niemand mit der Familie oder dem Opfer mitfühlen konnte», berichtete die «Zeit»-Journalistin von ihren Recherchen über den authentischen Fall.
Das spüren auch die Neufelds in dem von Regisseur Tim Trageser mit stark pädagogischer Absicht erzählten Film. Ob auf dem Weg zur Schule oder im Supermarkt – beide Seiten begegnen sich in der ländlichen Idylle immer wieder, die Wunden heilen nicht, sondern werden ständig neu aufgerissen. Zwar versucht Nicks Vater Martin (Ole Puppe) nach dem Prozess so schnell wie möglich zur Normalität überzugehen, das Geschehene abzuhaken – doch das gelingt nicht.
Seine Frau Beate (Christina Große) lässt das Schicksal ihres Sohnes nicht in Ruhe. Sie spürt, wie sich Nick einkapselt. Der Junge schwänzt die Schule, er fürchtet sich vor seinen einstigen Peinigern. Nur die Freundschaft zur fast gleichaltrigen Lena (Greta Bohacek) ist ein Lichtblick.
Beate Neufeld hadert mich sich und ihrem Rechtsempfinden. Unversöhnlich will sie den Fall neu aufrollen und auch die Lehrer wegen Verletzung ihrer Dienstpflicht vor Gericht stellen. Sie führt einen Kampf um Anerkennung der Familie, rennt gegen die Scham an, glaubt eben nicht, dass die Zeit alle Wunden heilt. Dabei kommt Nick nicht aus benachteiligten Verhältnissen. «Ich dachte, das passiert nur den Dicken und den Deppen», sagt Martin Neufelds Mutter Hilde (Ursula Karusseit).
Als Beate Neufeld spürt, dass sie mit ihrer Suche nach endgültiger Gerechtigkeit nicht weiterkommt, sucht sie Rat. Ihre Ehe droht zu zerbrechen, Nick entgleitet den Eltern. Erst als es einer Psychologin (Tina Engel) gelingt, Nicks Sprachlosigkeit zu überwinden, tritt die Befreiung ein. Erst dann hört Nick auf, ein zweites Mal das Opfer zu sein. Wer nicht zum zweiten Mal Opfer werden will, muss den Kreislauf aus Schuldzuweisungen und Verdächtigungen aufbrechen.
Doch eine Beunruhigung bleibt. Der Satz «Neufeld, mitkommen», mit der Nicks Peiniger einst ihre Schläge ankündigten, ist nicht vergangen. Nur tritt ein anderer Name und ein weiteres Opfer an die Stelle.
So beginnt am Ende der geheime Kampf vermeintlich Starker gegen Schwache wieder von vorne an. «Alltägliche Abgründe» hatte Jana Simon ihr Reportagebuch über diese und ähnliche Schicksale betitelt. Die Produktion für den ARD-«Filmmittwoch» sollte allerdings als Lehrstunde verstanden werden – ein spannend erzähltes Drama ist sie nicht. Esteban Engel, dpa
Der Film ist bestimmt sehr gut, vorallem wird er den Tätern ihr Verhalten vor Augen führen, aber sie werden weitermachen wie bisher. Der Film sollte als Schulungs-, Unterrichts-, Fort- und Ausbildungsmaterial den Schulen und Universitäten zur Verfügung gestellt werden, da an dem adäquaten Beispiel die Formen den Mobbing und seine Folgen dargestellt werden. So bekommen die Lehrkräfte in Ausbildung frühzeitig mit der Thematik in Kontakt und stehen dem nicht ganz so hilflos und vorallem Blind gegen über, wie es oftmals der Fall ist.
Ich bin sehr gespannt auf den Film. Meine Familie, d.h. meine Enkeltochter steckt mitten in einem Mobbingfall und ist seit dem 17. Februar im Krankenhaus. Sie ist 9 1/2 Jahre alt. Die Mobbing-Geschichte geht schon seit ca. 1 1/2 Jahren. Immer wieder waren wir, die Eltern und auch wir, in der Schule. Haben hinterfragt, ob es Probleme gibt und sonstiges, da sich der Gesundheitszustand meiner Enkeltochter immer mehr verschlechterte. Sie wurde mehrmals von Ärzten untersucht, keiner konnte organische Schäden feststellen. Im Okt.vergang.Jahres kam ein Mitschüler auf uns zu, erzählte, was ihre Mitschülerin so alles mit ihr anstellen würden. Keine Klassenkameradin würde mehr mit ihr reden. Gespräche mit der Schule verliefen so, daß der Klassenlehrer nie etwas festgestellt hätte, aber in Zukunft darauf achten würden. Unserem Kind versicherten wir, daß das nun alles aufhören würde, den der Herr M. würde das in Zukunft nicht mehr zulassen, ihr würde nichts mehr geschehen. Eine ganz kurze Zeit erholte sie sich, dann ging alles von vorne los. Ärzte – Schule und wieder von vorne. Von der Schule wurde alles als i.O. hingestellt. Unsere M. solle einfach nicht so empflindlich sein. Am 16. Febr. ist sie abends zusammengebrochen. Sie hatte sehr stark an Gewicht verloren und konnte die Nahrung nicht mehr schlucken. In der Kinderklinik wurden Hämatome festgestellt. Es stellte sich herraus, dass sie sogar geschlagen usw. wurde, ganz zu schweigen von den Beileidigungen und Demütigungen. Klare Diagnose der Ärzte dort- Krank durch Schulmobbing – . Jetzt befindet sie sich in einer speziellen Klinik. Die Schule jedoch mauert, streitet alles ab, über sogar Einfluss auf die behandelnde Psychologin aus. Den langen Schulausfall kann unsere Große nicht mehr nachholen. Sie war bisher eine sehr gute Schülerin, und die Empfehlung vom Januar war die für ein Gymnasium. Jetzt verweigert ihr die Schule, die 4. Klasse zu wiederholen. Wir sind nur am Kämpfen. Aber die helfen ALLE zusammen. Aber jetzt mußte auch unsere Kleine 71/2 Jahre alt, die Grundschule in Burl. verlassen, weil sie von den gleichen Schülerinnen bedroht wurde. Die Schule konnte sie nicht schützen. Die Schulleiterin hatte nur die eine Idee: “Gehe diesen Kindern doch in Zukunft aus dem Weg, du bist doch ein taffes Mädchen und das schaffst du schon.” Wer hat einen Rat. Wir sind verzweifelt.
Erschütternd! Danke für den anschaulichen Bericht.
Mir fällt auf Anhieb nur ein Schulwechsel ein. Es wäre auch wünschenswert, wenn die mobbende Mädchenclique eines Besseren belehrt würde durch saftige Strafen. Erklärungen nützen da wenig. Dass ihre Grausamkeiten schlimm sind, wissen die Mädchen garantiert selbst.
Welche Disziplinierungsmaßnahmen haben Schulen überhaupt? Das Verhalten der Lehrer signalisiert mir nicht nur erschreckende Tatenlosigkeit, sondern auch Hilflosigkeit durch evtl. gebundene Hände.
Ich finde es unglaublich, dass der Klassenlehrer nichts mitbekommen hat. Als Lehrerin hat man ein Gespür dafür, wie es den Kindern geht und müsste sofort alarmiert sein. Wissen die Eltern der Kinder, die mobben, was los ist? Die müssten mit ins Boot geholt werden und erfahren, was ihre Kinder Furchtbares machen. Und dann muss das Thema offen thematisiert werden, ohne Tabus. Von mir auch eine ganze Unterrichtsreihe zu dem Thema, mit szenischen Spielen, wie sich das anfühlt. Ich wünsche alles Liebe!
Das geht gar nicht! Die Schulleitung und die Klassenleitung evtl. auch noch andere Lehrkräfte sind an Inkompetenz nicht zu überbieten. Vorallem wenn von Seiten der Schulleitung auch noch Druck auf die behandelnden medizinischen Kräfte ausgeübt wird, kann nicht mehr nur von Inkompetenz die Rede sein sondern eher von inkompetenten Überschreitung der amtlichen Kompetenzen. Ein Fall für die Schulaufsichtsbehörde!
Ein solches Verhalten (die mobbenden SchülerInnen) zeigt, dass die Erziehung dieser Kinder auch nicht sonderlich gut gewesen ist oder aber das diese SchülerInnen zu verhätschelt erzogen worden sind. Als Weiteren Punkt lässt sich auch anmerken, dass die Eltern dieser SchülerInnen vermutlich nichts von ihrem “kriminellen” Nachwuchs wissen und er Meinung sind: “Unsere Kinder? Nein, die machen sowas nicht! Die sind doch ganz lieb und artig!”
Bestrafen kann man diese Kinder auch nicht wirklich.
Mein Rat für die Enkelkinder und ihrer Familie wäre ein Gespräch mit den Eltern der RädelsführerInnen, um das Probelm in den Griff zu bekommen.
Einen Erfolg auf Grund des Gespräches kann ich leider nicht versprechen, es ist nur eine Möglichkeit.
@Käser Elisabeth
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Zu dieser Zuspitzung kann es nur kommen, wenn es an einer Schule kein Frühwarnsystem gibt, und die Klassen- inclusive Schulleitung komplett versagt.
Ganz schlimm wird es allerdings, wenn die Schulleitung die Ursache für das Problem ist. Das gilt natürlich auch für eine Klassenleitung.
Vor vielen Jahren erlebte ich als Vertretungskraft eine Schulleitung, die in ihrem Unterricht eine Schülerin ständig abwertete und ausgrenzte. Dadurch ermunterte und bestärkte sie einige Mobber in der Klasse in ihrem aggressiven Auftreten gegenüber dem Mädchen. Da wurde dann ganz schnell das Opfer zum Täter und umgekehrt. In meinem Unterricht (Sport) ließ ich keinerlei Angriffe auf das Mädchen zu, und deshalb wurde ich dann ganz schnell selbst zur Zielscheibe der Schulleitung.
Zu fast jeder Schule gehören heutzutage Beratungs- oder VertrauenslehrerInnen und sozialpädagogisch ausgebildete Fachkräfte. Selbst in Grundschulen gibt es bereits Streitschlichter. Ein gutes Beschwerdekonzept trägt auch dazu bei, Mobbing zu begegnen. Beraten und helfen können auch die externen Schulpsychologen.
Hier der Link zu einer Schule, in der viel zu klappen scheint:
http://realschule-wedemark.de/wp-content/uploads/2012/09/Beschwerdekonzept2012.pdf