Prozess um Missbrauch im Internat Kloster Ettal: Mönch weist Vorwürfe zurück

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MÜNCHEN. Er soll Internatsschülern in die Hose gegriffen haben. Die Staatsanwaltschaft sieht darin sexuellen Missbrauch und hat einen Pater von Kloster Ettal angeklagt. Zu Prozessbeginn wies der 44-Jährige alle Vorwürfe zurück. Er habe die Kinder nur gestreichelt.

Trügerisches Idyll: Kirche des Klosters Ettal. Foto: Bjs / Wikimedia Commons (CC BY-SA 3.0)
Trügerisches Idyll: Kirche des Klosters Ettal. Foto: Bjs / Wikimedia Commons (CC BY-SA 3.0)

Ein wegen sexuellen Missbrauchs von Kindern angeklagter Pater des oberbayerischen Klosters Ettal hat sämtliche Vorwürfe gegen ihn zurückgewiesen. «Alle mir zur Last gelegten Vorwürfe sind unzutreffend», sagte der 44-Jährige zu Beginn seines Prozesses am Donnerstag vor dem Landgericht München. Die Staatsanwaltschaft wirft dem Ordensgeistlichen sexuellen Missbrauch von zwei Internatsschülern und versuchten sexuellen Missbrauch von zwei weiteren Jungen vor. Der Priester soll zwischen 2001 und 2005 wiederholt Schülern in die Unterhose gefasst haben.

Der 44-Jährige räumte vor der Jugendkammer lediglich ein, Kinder an Bauch und Rücken gestreichelt zu haben. «Ich habe es in vielen Fällen an der notwendigen Distanz zu Schülern fehlen lassen», sagte der Angeklagte mehrmals in seiner rund zweieinhalbstündigen Erklärung. Dies sei unprofessionell gewesen. «Zu keinem Zeitpunkt aber habe ich mich Schülern in sexuell motivierter Absicht genähert.» Schüler hätten vielmehr Trost bei ihm gesucht. «Ich war in dieser Zeit Vater- und Mutterersatz», sagte der Mönch aus.

Der Angeklagte war 1995 ins Kloster eingetreten. Seit dem Schuljahr 2001/2002 beschäftigte ihn die Ordensgemeinschaft als Präfekt, wie die Erzieher in Internaten auch heißen. Er war damit auch Anlaufstelle bei persönlichen Problemen von Kindern. Diese Vertrauensposition nutzte der Pater nach Überzeugung der Anklage schamlos aus. In seinem Präfektenzimmer und im Schlafraum einer Berghütte soll er einen 13-Jährigen im Herbst 2001 minutenlang unter der Unterhose gestreichelt haben. Das Opfer soll sich schlafend gestellt haben.

Im Schuljahr 2004/2005 soll der Angeklagte das freundschaftliche Verhältnis zu einem Schüler der 7. Klasse ausgenutzt haben, um sich mindestens 20 Mal an dem 14-Jährigen zu vergreifen. Der Ordensmann habe den Jugendlichen unter dem Vorwand, Bilder auf dem Computer anzuschauen, auf seinen Schoß gezogen. Nach den Ermittlungen befummelte er auch dieses Opfer jeweils minutenlang unter der Unterhose und erregte sich dabei sexuell – das Ganze immer in der Mönchskutte. Mehrmals die Woche soll er den Schüler auf diese Weise sexuell gepeinigt haben.

Auch zwei weiteren Schülern – einer gerade einmal zwölf Jahre alt – kam der Pater angeblich zu nahe. Als laut Anklage seine Hand auch bei ihnen Richtung Unterhose wanderte, wehrten sich die Schüler jedoch, der Geistliche soll von ihnen abgelassen haben. Die Staatsanwaltschaft spricht von sexuell motivierten Übergriffen, sieht in den beiden Fällen aber nur versuchten sexuellen Missbrauch.

Das Erzbistum München-Freising hatte nach Bekanntwerden von jahrzehntelangem sexuellem Missbrauch und Misshandlungen im Kloster Ettal 2010 einen Sonderermittler eingesetzt. Der Anwalt listete Verfehlungen von rund 15 Mönchen an mehr als 100 Schülern auf. Das Kloster räumte ein, dass Schläge im Internat bis in die 1990er Jahre an der Tagesordnung waren. «Es herrschte damals der absolute Terror», schrieb ein Schüler dem Sonderermittler.

Die meisten Fälle waren aber bereits verjährt. Zwei Ordensleute kamen mit Bewährungsstrafen davon. Das Kloster entschädigte 70 Opfer mit insgesamt 700.000 Euro. Der Mindestbetrag lag bei 5000 Euro, in Einzelfällen wurden bis zu 20.000 Euro gezahlt. Für den Prozess sind sieben Verhandlungstage angesetzt, an denen zahlreiche Zeugen und Sachverständige gehört werden. Auch mindestens eines der mutmaßlichen Opfer soll aussagen. Das Urteil wird Ende März erwartet. dpa

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