Streit um Kita-Verpflegung in Mecklenburg-Vorpommern geht weiter

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SCHWERIN. Seit Anfang 2015 gilt in den rund 1100 Kitas Mecklenburg-Vorpommerns Teilnahmepflicht an der Vollverpflegung. Das führt in vielen Fällen zu Streit, insbesondere um die Kostenabrechnung. Ungeachtet der fortwährender Kritik an den Regelungen zur Vollverpflegung sieht Sozialministerin Birgit Hesse (SPD) keine Notwendigkeit für Gesetzeskorrekturen.

«In den allermeisten Kitas läuft die Verpflegung unter Mitwirkung der Eltern problemlos. Einzelne Träger nutzen aber die Freiräume, die das Gesetz bewusst lässt, um Kasse zu machen und sie treten dabei die Elternrechte mit Füßen», sagte Hesse bereits letzte Woche im Schweriner Landtag.

Wenn das Schulessen schuld ist an den Massenerkrankungen, wäre das ein Skandal. (Foto: Xavier Echinas/Flickr CC BY-NC 2.0)
Wenn das Schulessen schuld ist an den Massenerkrankungen, wäre das ein Skandal. (Foto: Xavier Echinas/Flickr CC BY-NC 2.0)

Die Linke-Abgeordnete Jacqueline Bernhardt erneuerte ihre Kritik: «Es fehlen klare Regelungen und einheitliche Standards. Wenn Handreichungen die Probleme nicht ausräumen können, muss das Gesetz nachgebessert werden», sagte Bernhardt. Ihren Angaben zufolge besteht bei Eltern und Kita-Trägern noch viel Unsicherheit. Dazu zählten die Fragen, ob auch bei Halbtags- oder Teilzeitplatz der volle Verpflegungssatz zu zahlen ist, und was bei den Kosten angerechnet werden kann. Das Mitspracherecht der Eltern falle vielfach unter den Tisch, sie fühlten sich entmündigt. Der gesetzlich vorgeschriebene Landeselternrat existiere nicht. «Ich fordere die Landesregierung auf, ihrer Pflicht nachzukommen und diesen auf den Weg zu bringen», betonte Bernhardt.

Der CDU-Abgeordnete Detlef Lindner räumte «temporäre Anlaufschwierigkeiten bei der Umsetzung» des Gesetzes ein. Dabei gebe es «Extrembeispiele, wo Eltern unter Druck gesetzt werden und Bedingungen zu Abrechnungen akzeptieren sollen oder sonst die Kündigung für den Kitaplatz erhalten». Die meisten Träger aber würden verantwortungsvoll handeln und die gesetzlichen Neuregelungen gut umgesetzt.

Seit Jahresanfang gilt in den rund 1100 Kitas Mecklenburg-Vorpommerns Teilnahmepflicht an der Vollverpflegung. Über Essensgestaltung und Kostenabrechnung gibt es jedoch häufig Streit. Sozialministerin Hesse hatte auf die anhaltenden Beschwerden über Kostenregelungen zur Kita-Verpflegung mit einem Elternbrief reagiert. Darin verweist sie auf die Pflicht der Kita-Träger, «alle Kosten transparent und nachvollziehbar» zu belegen.

Dennoch hatten betroffene Eltern eine Online-Petition gestartet, die auf eine rasche Änderung des Kita-Gesetzes zielt. Binnen eines Monats schlossen sich rund 3000 Unterstützer an. Nach Angaben der Initiatoren gab es einen ersten Teilerfolg. So habe der Landkreis Vorpommern-Rügen seine einseitige Empfehlung zur Pauschalabrechnung der Essenkosten zurückgenommen. Das lasse darauf hoffen, dass Kita-Träger «ihre Pauschalen überdenken und eine gute Lösung mit den Eltern zusammen finden», erklärte am Freitag Katja Wolter von der Elterninitiative. Ihrer Meinung nach haben handwerkliche Fehler im Gesetz Willkür einzelner Träger begünstigt.

Laut Bernhardt hatten die Kostensteigerungen in einzelnen Kitas bei bis zu 50 Prozent gelegen, ohne dass Eltern sich dagegen wehren konnten. Hesse betonte, dass die Elternräte «ein Recht auf Auskünfte über die Verwendung der Finanzmittel, über die Elternbeiträge und die betriebswirtschaftlichen Verhältnisse einer Einrichtung haben». Zudem könnten sie beratend an den Leistungs- und Entgeltverhandlungen teilnehmen. Angesicht der Vielfalt der Träger habe der Gesetzgeber den Beteiligten vor Ort bewusst Freiräume gelassen. (dpa)

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amaria
8 Jahre zuvor

Schade, dass so viele Zwänge akzeptiert werden!

Als in NRW Kindergärten noch über Mittag geschlossen hatten, wurden nachmittags meist nur noch wenige Kinder gebracht. – Der Aufwand des Bringens und Abholens lohnte sich für Eltern nicht. Aber auch weil viele Kinder nachmittags müde waren, zum Teil wieder Mittagsschlaf gehalten haben, mochten ihre Eltern die Kinder nicht nochmals in die Kita bringen.
Heute sind gerade die Kleinsten um die Mittagszeit herum oft derart erschöpft, dass sie einem nur leid tun können. Weinerliche Kinder aber wären kein präsentabler Anblick für Eltern, die ihr eigenes Kind wegen eines Mittagessens daheim aus der Kita abholen würden.

Eine Pflicht zur Vollverpflegung für Lehrer und Erzieher besteht aber noch nicht, oder?