„Selfie im Slum“ – Webseite parodiert die (mitunter anzutreffende) Doppelmoral von Freiwilligenarbeit

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DÜSSELDORF. Sich freiwillig in Afrika engagieren? Das ist für einige heldenhafte Hilfsbereitschaft, für andere eine mit guten Taten überschminkte Abenteuerreise und für wieder andere eine neue Art von Kolonialismus. „Voluntourismus“ ist beliebt, versprechen die Programme internationaler Freiwilligenarbeit ein ganzes Paket an Reizen: Helfen, Abenteuer, Reisen und natürlich Persönlichkeitsentwicklung.

Ein neuer, sehr erfolgreicher Instagram-Account hält diesen Helfern auf lustige und bissige Art den Spiegel vor. Die Betreiberinnen haben selbst Erfahrung mit Voluntourisums. Offenbar nicht nur gute. Gegenüber der „Huffington Post“ sagten sie: „Wir haben in unseren Weiße-Retter-Tagen Dinge getan, die wir bereuen.“  Sie wollten mit Barbie-Saviour („Heiland“) darauf aufmerksam machen, dass es manchmal schwer sei, die Ironie im echten Leben zu erkennen, den krass selbstbezogenen Menschen, der sich als aufopferungsvoller Heiliger verkleide. Der alles , was ihn bewegt, sofort im Internet teilen muss.

Auf der Seite findet man Barbiepuppen in Afrikakulissen beim „Welt-Retten“ fotografiert und liest dazu pseudophilosophische und gefühlige Kommentare. So schreibt Barbie, dass Sie zwar bisher noch nicht sehr leiden musste, aber dass sie nicht die Möglichkeit habe, das neueste Beyonce-Album downzuloaden, bringe sie schon an die Grenze der Belastbarkeit.

Schön ist auch der Kommentar zu diesem Bild: Wer braucht schon eine formale Lehrer-Ausbildung in Afrika? Es ist so traurig, dass es hier so wenige gut ausgebildete Lehrer gibt, ich bin es auch nicht, aber ich bin aus dem Westen. Also wird es gut werden.

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Posing à la König der Löwen: Ich habe so viel aus der Pop-Kultur über Afrika gelernt, noch bevor ich überhaupt einen Fuß auf den Kontinent gesetzt habe. Einer der einflussreichsten Filme war der König der Löwen. „Alles ist im Gleichgewicht – von der Ameise bis zur Antilope…“… Der kreis des Lebens hat keine Farbe, es gibt nur Liebe.

Sightseeing vor Wellblechhütten: Ich liebe meine neuen afrikanischen Sachen.

Es kommt mir vor wie eine Ewigkeit, dass ich weg war. Und jetzt kann ich es nicht verhindern, meine Tränen überführen mich. ich habe begonnen, sie zu sammeln. Jede hat eine Bedeutung. … Gott hat mich zu großen Erkenntnissen geführt. ich kann nicht abwarten, sie mit euch zu teilen.

 

 

 

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Jürgen Günther
7 Jahre zuvor

Nachdem mich die neue Sinus-Jugendstudie 2016 in Bezug auf das soziale Gewissen und die sozialpolitische Renidenz unserer Jugend beinahe in Verzweifelung gestürzt hat, stimmt mich „Selfie im Slum“ wieder hoffnungsvoll.

geli
7 Jahre zuvor

Da gehen die Geschmäcker wohl auseinander. Mich stößt die Aktion „Selfie im Slum“ ab wegen der unübersehbaren Selbstdarstellungsinteressen.
Mir geht jede Schaustellerei edler Gesinnung, die einem selbst mehr bringt als den Armen, Schwachen und Notleidenden gegen das Empfinden, also auch diese.
„Tue Gutes und posaune es in die Welt!“ finden vermutlich viele nicht so toll.