Schleswig-Holstein fehlen noch 800 Lehrer für Unterrichtsversorgung von 100 Prozent

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KIEL. Erstmals seit mehr als zehn Jahren gehen die Schülerzahlen in Schleswig-Holstein nicht mehr zurück. Mit rund 380 200 Schülern im neuen Schuljahr werde das Niveau des Vorjahres gehalten, sagte Bildungsministerin Britta Ernst (SPD) am Donnerstag in Kiel. «Der Grund liegt auch im Zuzug vieler Flüchtlingskinder und -jugendlicher.» Mehr als 12 000 Flüchtlinge und damit doppelt so viel wie im vergangenen Jahr gehen in Schleswig-Holstein zur Schule.

Vorrangig ist aus Sicht der Ministerin nun, die Unterrichtsversorgung weiter zu verbessern. «Unser Ziel ist 100 Prozent.» Dieses Ziel lasse sich voraussichtlich in der ersten Hälfte den nächsten Legislaturperiode erreichen, allerdings seien dafür mehrere Hundert Lehrerstellen zusätzlich notwendig. Aus der Opposition wurde von CDU und Piraten Kritik laut, Ernst verfüge über keine genauen Zahlen und blende Probleme aus.

Zugenommen haben die Schülerzahlen insbesondere an berufsbildenden Schulen, Gemeinschaftsschulen und Grundschulen. Am kommenden Montag, dem Schulbeginn, werden 23 000 Erstklässler eingeschult – rund 400 mehr als im Vorjahr.

Rückläufig um 8,5 Prozent auf 76 500 ist die Zahl der Gymnasiasten, Grund ist der Wegfall des doppelten Abiturjahrgangs. An den allgemeinbildenden Schulen (ohne berufliche Schulen) sank die Zahl der Schüler um 1,6 Prozent auf 282 900.

Selbstbewusst präsentierte die Ministerin ein Jahr vor der Landtagswahl die aus ihrer Sicht positive Entwicklung an den Schulen. Die Unterrichtsversorgung sei seit ihrem Amtsantritt von 93 Prozent deutlich gestiegen. Für das Schuljahr 2016/17 liege die Versorgung der Grundschulen bereits bei 100 Prozent, der Gymnasien bei 99 Prozent, der Gemeinschaftsschulen bei 98 Prozent, der Beruflichen Schulen allerdings nur bei 91 Prozent. 200 zusätzliche Lehrerstellen wurden zum 1. August geschaffen, weitere 200 zum 1. Februar 2017.

Die Ministerin sagte, es gebe inzwischen 2000 Lehrerstellen mehr als unter der 2012 abgewählten CDU/FDP-Regierung vorgesehen. Die Zahl der offenen Ganztagsschulen sei auf 507 gestiegen, es gebe Fortschritte beim Inklusionsunterricht und dem Unterricht für Deutsch als Zweitsprache für Flüchtlinge in naturwissenschaftlichen Fächern.

Die Abiturienten im Norden sind nach Ansicht von Ernst dafür gewappnet, dass sie in diesem Schuljahr beim Abitur bundesweit einheitliche Aufgaben in den Kernfächern bekommen. «Das ist ein wichtiger Schritt zur Qualitätssicherung und Vergleichbarkeit des Abiturs in Deutschland», sagte Ernst. Schleswig-Holstein hatte bereits seit 2014 mit Hamburg, Mecklenburg-Vorpommern, Niedersachsen, Bayern und Sachsen Abituraufgaben gemeinsam erarbeitet.

Die Aufgabe, Kinder mit Förderbedarf in normalen Schulen zu unterrichten, wird nach Ansicht von Ernst durch die vor einem Jahr eingeführten Schulassistenten erfolgreich mitgeleistet. Parallel dazu gebe es weiterhin 3000 Schulbegleiter für Kinder. Dass es in etwa 30 bis 80 Fällen Streit gebe, ob die Schulbegleitung weiterhin geleistet werde, sei zwar bedauerlich, aber unter dem Strich eher selten.

Die CDU-Schulexpertin Heike Franzen betonte, der Bildungsministerin fehlten für eine 100-prozentige Unterrichtsversorgung noch über 800 Lehrerstellen. Klagen über Unterrichtsausfall seien immer noch das drängendste Thema: «Ernst ist und bleibt den Nachweis schuldig, dass die Unterrichtsversorgung sich in der Praxis verbessert hat.»

Das an allen Schulen brennende Problem der Inklusion sei mit der Einführung von Schulassistenten verschärft worden. «Hier malt sich die Ministerin die Welt genau so schön, wie mit ihrer wirklich lächerlichen Aussage, dass die Beteiligung von gerade einmal 13 Schulen am Schulfeedback eine gute Nachfrage ist.»

Der Piraten-Landtagsabgeordnete Sven Krumbeck sagte, die Ministerin habe nach eigenen Aussagen durchweg positive Rückmeldungen zu ihrer Politik erhalten. «Uns hingegen erreichen geraden in den Fragen der Schulassistenz und der Unterrichtsversorgung andere Nachrichten.» dpa

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