Gewerkschaften: 200-Millionen-Euro-Paket gegen Lehrermangel reicht nicht, wenn der Beruf nicht attraktiver wird

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DRESDEN. Ein Jahr ist es her, dass die sächsische Landesregierung ein mit 200 Millionen Euro finanziertes Programm gegen den Lehrermangel beschlossen hat. Doch nun heißt es nachlegen, meinen die Lehrerverbände GEW und SLV. Für eine echte große Lösung fehle es der Landesregierung immer noch am Willen.

Ein Jahr nach Beschluss des Maßnahmenpakets der Staatsregierung gegen den Lehrermangel sehen die Gewerkschaft GEW und der Lehrerverband weiterhin dringenden Handlungsbedarf. Die in dem Paket enthaltenen Maßnahmen hätten an vielen Stellen zwar Verbesserungen gebracht, sagte Sachsens GEW-Chefin Uschi Kruse. «Diese Verbesserungen werden aber auch künftig – auch wenn man alles umsetzt – die Probleme an den Schulen nicht lösen können.» Komplexität und Dimension der Personalprobleme erforderten weitergehende Maßnahmen. Da reiche auch das «Hochhalten eines Kärtchens, wo nur ein Wort – nämlich Verbeamtung – draufsteht», nicht.

Hand mit Geldscheinen
Das 200 Millionen Euro-Programm der sächsischen Landesregierung habe zwar an vielen Stellen Verbesserungen gebracht, doch bedürfe es einer generellen Aufwertung des Lehrerberufs, so GEW und SLV. Foto: tunguska / Flickr (CC BY 2.0)

Obwohl das über 200 Millionen Euro teure Maßnahmenpaket nicht ausreichend sei, «würde ich eine 4 geben», sagte die Lehrerin. «Wenn man jetzt aber nichts weiter tut, dann ist ein Großteil dieses Maßnahmenpakets einfach rausgeschmissenes Geld.» Der neue Kultusminister Frank Haubitz (parteilos) müsse deshalb nachlegen.

Auch nach Ansicht des Sächsischen Lehrerverbandes führte das Maßnahmenpaket «nicht zu einer generellen Aufwertung des Lehrerberufs». Unbesetzte Lehrerstellen und die mit 53 Prozent bundesweit höchste Seiteneinsteigerquote bei Neueinstellungen machten das deutlich, sagte SLV-Chef Jens Weichelt. Er forderte Höhergruppierungsmöglichkeiten in allen Schularten.

Das Hauptübel, sagte Kruse, bestehe bislang darin, dass es in den beiden CDU-geführten Ministerien (Kultus und Finanz) nicht den finanzpolitischen und den bildungspolitischen Willen für eine große Lösung gebe. Vorschläge wie freiwillige Arbeitszeitkonten oder eine Senkung der Arbeitsbelastung – vor allem für die über 63-Jährigen – seien entweder gar nicht aufgenommen oder nur ungenügend umgesetzt worden.

«Man wird Teilzeitbeschäftigte nicht dazu bringen, mehr zu arbeiten, wenn die Belastung so groß ist», sagte Kruse. Die Bezahlung der Mehrarbeit, die grundsätzlich eine gute Sache sei, werde aber ungerecht verteilt. So erhalte ein an die Grundschule abgeordneter Gymnasiallehrer 30 Euro pro Stunde, eine Grundschullehrerin aber nur 20 Euro. Bei der Verteilung der Zulagen zur Lehrkräftegewinnung fehle es an Transparenz.

Die bildungspolitische Sprecherin der SPD-Landtagsfraktion, Sabine Friedel, räumte ein, dass das Maßnahmenpaket «an vielen kleinen Punkten» hinter den Erwartungen zurückbleibe, «da es bislang an der zielstrebigen Umsetzung mangelte». Die GEW forderte sie auf, schnell an den Verhandlungstisch zu kommen, «um einen Landestarifvertrag zu verhandeln». «Die Ungerechtigkeiten bei der Vergütung von langjährigen Lehrkräften mit DDR-Ausbildung müssen endlich beseitigt werden.» Auch Grundschullehrerinnen müssten Anerkennung für ihre Arbeit erfahren und künftig in der Entgeltgruppe 13 statt 11 vergütet werden.

Die GEW wolle Haubitz zunächst 100 Tage Zeit im neuen Amt geben, den Druck aber aufrechterhalten. So sei beispielsweise geplant, in Handyvideos die Zustände an den Schulen festzuhalten und öffentlich zu machen. «Wie sieht das baulich aus? Wie sieht ein Vertretungsplan aus?» – künftig könne man das in zweiminütigen Clips auf der GEW-Homepage sehen, sagte Kruse. (dpa)

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