Kolumne “Die Bildungswoche”: Wie die Digitalisierung der Schulen vorangeht – und was uns Stephen Hawking hinterließ

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BERLIN. Was in dieser Woche Schlagzeilen machte: aufgespießt und in einen Zusammenhang gesetzt von News4teachers-Herausgeber Andrej Priboschek.

So geht's doch auch: Owsura Kwadwo erklärt seinen Schülern Word - an der Tafel. Foto: Facebook
So geht’s doch auch: Owsura Kwadwo erklärt seinen Schülern Word – an der Tafel. Foto: Facebook

„Wir  wollen  die  Bildungschancen  in  Deutschland  im  gemeinsamen  Schulterschluss von Bund und Ländern verbessern“, so heißt es im Koalitionsvertrag der frischgebackenen GroKo. Hat jemand Zweifel daran, dass Union und SPD sich mit aller Kraft um die Schulen kümmern werden?  Der CDU-Abgeordnete Peter Aumer jedenfalls machte in dieser Woche deutlich, dass bei ihm tatsächlich die Prioritäten in der Bildung liegen. Die rangiert sogar noch vor der Kanzlerwahl. Aumer hatte nämlich am Mittwochmorgen, als nichts Geringeres als die Wiederwahl von Angela Merkel im Bundestag auf dem Programm stand, eine Schulklasse aus seinem Wahlkreis zu Gast, und der Parlamentarier erklärte den Schülerinnen und Schülern das politische Treiben so engagiert, dass er darüber die Zeit vergaß – und den historischen Urnengang verpasste.

Pünktlich im Parlament war dagegen Aumers Parteifreundin Anja Karliczek, die noch am selben Tag zur Bundesbildungsministerin gewählt wurde.  „Als Bundesministerin für Bildung und Forschung möchte ich den Menschen mehr Vertrauen und Mut für die Zukunft geben“, erklärte sie (hier nachzulesen) – ein ehrgeiziger Ansatz. Fürs erste würde es wohl genügen, beim Finanzminister die von ihrer Vorgängerin Johanna Wanka schon vor anderthalb Jahren versprochenen, aber noch immer nicht an die Länder überwiesenen fünf Milliarden Euro lockerzumachen, die die Digitalisierung der Schulen bundesweit voranbringen soll. Hier geht es zu einem Beitrag dazu.

Vorbild für Deutschland?

Oder wird der Lehrer Owura Kwadwo aus Ghana für die deutschen Kollegen zum Vorbild? Der wurde in dieser Woche bekannt mit einem über Facebook verbreiteten Foto, das zeigt, wie er seinen Schülern die Funktionen von „Word“ erklärt – zeichnend mit Kreide an einer Tafel. Einen Computer besitzt er nämlich nicht. Das Bild beantwortet mal locker die Frage des VBE, wie denn die Kollegen, bitteschön, die in Nordrhein-Westfalen bald in jedem Fach  obligatorische Medienkunde ohne Ausstattung  unterrichten sollen? (Die Diskussion ist hier nachzulesen). Microsoft war jedenfalls über Owura Kwandwos Unterricht so gerührt, dass der Lehrer nun einen PC geschenkt bekommt. Vielleicht ist das ja auch ein Modell für Deutschland.

Der Aufreger der Woche war zweifellos eine Geschichte aus einer Bochumer Gesamtschule. Einer von ihren Schülern, ein 17-Jähriger, wurde wegen einer Messerstecherei – bei der nur mit viel Glück und einer Notoperation niemand ums Leben kam – zu zweieinhalb Jahren Jugendgefängnis verurteilt. Weil das Urteil aber noch nicht rechtskräftig ist, darf der 17-Jährige weiter zum Unterricht kommen. Die Lehrer sollen sein Verhalten protokollieren. Stündlich! Als hätten die Kollegen sonst nichts zu tun. Auch die Eltern der übrigen Schüler sind empört: Wer schützt ihre Kinder vor dem Gewalttäter? Wer den Bericht nachlesen möchte: hier.

Was es nicht gibt…

Der Fall macht deutlich, dass die Schulen mit immer mehr gravierenden Problemen allein gelassen werden. Wie sich übrigens auch am Umgang mit der Dyskalkulie erkennen lässt: Die gibt es in den meisten Bundesländern offiziell gar nicht. Und was es nicht gibt, das kann man natürlich auch nicht therapieren. Also bleiben die Lehrkräfte weitgehend allein im Umgang mit betroffenen Kindern

Dabei lässt sich Dyskalkulie zumindest deutlich lindern – wie jetzt eine Leitlinie von Medizinern und anderen Fachleuten deutlich macht, die in dieser Woche in München vorgestellt wurde. Aber eben nicht „so nebenbei“ im Regelunterricht. Das Papier weckt zumindest die Hoffnung, dass die Dyskalkulie endlich mal als Lernstörung anerkannt wird. Das wäre ein erster Schritt zur Verbesserung der Situation. Alle Informationen dazu gibt es hier. Und hier geht es zu einem Kommentar, der deutlich macht, warum wir jetzt endlich die multiprofessionelle Schule brauchen.

Apropos „nicht so nebenbei“: Gymnasiallehrer „mal eben“ an Grundschulen einzusetzen, funktioniert auch nicht, so hat der Bayerische Lehrer- und Lehrerinnenverband (BLLV) in dieser Woche festgestellt – und eine umfassende Weiterbildung der methodisch und didaktisch unzureichend für die Primarstufe ausgebildeten Kollegen gefordert, die in Zeiten des Lehrermangels verstärkt an die Grundschulen gelangen. Tatsächlich machen die Schwierigkeiten einmal mehr deutlich, dass das Lehramt Grundschule eben mehr ist als ein Lehramt für die weiterführende Schule minus fachlicher Anspruch. Beitrag und Diskussion dazu: hier.

Zu guter Letzt: das Vermächtnis von Stephen Hawking, dem berühmtesten Wissenschaftler unserer Zeit, der in dieser Woche verstarb. Er brach in einer Video-Botschaft, die nur Stunden nach seinem Tod veröffentlicht wurde, eine Lanze für die Wissenschaft (bitter notwendig in Zeiten, in denen „Meinung“ vielen Menschen mehr gilt als belegbare Argumentation – wie dieser Beitrag zeigt). Und er mahnte uns, die Blickrichtung im Auge zu behalten:  „Denkt daran, nach oben zu den Sternen zu sehen – und nicht nach unten auf Eure Füße.“ Wer’s lesen und/oder gucken möchte: hier.

Der Bildungsjournalist Andrej Priboschek. Foto: Tina Umlauf
Der Bildungsjournalist Andrej Priboschek. Foto: Tina Umlauf

Eine gute Woche wünscht

Andrej Priboschek

Herausgeber News4teachers

 

 

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Ignaz Wrobel
6 Jahre zuvor

Wann werden endlich strukturierte Hilfen im Grundschulunterricht den Lehrerinnen für Kinder mit Dyskalkulie und Legasthenie Vera zur Verfügung gestellt. ?
Gemeint sind wohlbemerkt nicht die Formen der durch selbst organisiertes Lernen mit Anlaut-Tabellen antrainierte Lese- und Rechtschreibschwächen.
Und wo sind die wohlstrukturierten sprachlichen Aufbaukurse für die Kinder der unüberschaubaren Zahl der Kinder von Migranten aus einem gänzlich anderen Kulturkreis, mit archaisch anmutendem Denkstrukturen und einem ganz anderen sozialen Hintergrund. Wie sollen unvorbereitete, und alleingelassene Lehrer diese Integrationsarbeit und Erziehungsarbeit alleine bewältigen ?
Der Satz “Wir schaffen das.”ist einfach ausgesprochen, verbirgt sich dahinter aber auch eine gewaltige Aufgabe die Brücke von unserer Kultur in eine ganz andere Kultur zu schlagen, um damit unser Selbstverständnis der Rolle der Frau in unserer Gesellschaft aufrechtzuerhalten und gegen eine martialische Männerwelt der ewig Gestrigen zu verteidigen.
Gespart wird an der falschen Stelle. Will Politik gestalten, so muss sie sich dieser Aufgabe stellen.
Es geht um unsere Bildung und unser Selbstverständnis von Demokratie und unserer Werte vom selbst bestimmten Individuum, welches durch Lehrer zu eigener Identität gefördert wird.