Kopftuch für Kinder: Integrationsexperte beklagt aufgeheizte Debatte

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Der Sachverständigenrat deutscher Stiftungen für Integration und Migration (SVR) beklagt die neuerliche Aufregung um das Kopftuch für junge Mädchen. «Das ist eine sehr aufgeheizte Diskussion», sagte der stellvertretende Ratsvorsitzende Haci Halil Uslucan im Gespräch.

Professor Uslucan weist auf andere Aspekte des frühen Kopftuchtragfens hin. Foto: WIkimedia Commons / Stefan Flöper / CC BY-SA 3.0

Das nordrhein-westfälische Integrationsministerium prüft aktuell ein Kopftuchverbot für muslimische Mädchen unter 14 Jahren. Mit dem 14. Geburtstag ist man in Deutschland religionsmündig. Jugendliche können dann selbst über ihre Religionszugehörigkeit entscheiden.

Uslucan, der in Essen Universitätsprofessor für Türkeistudien ist, betonte: «Aus religiöser islamischer Perspektive gibt es keinen Grund, vor dem Erreichen der Geschlechtsreife ein Kopftuch zu tragen.» Dass einige religiöse Eltern ihre Kinder trotzdem mit Kopftuch in die Schule und zum Teil sogar in den Kindergarten schickten, habe aber wohl das unausgesprochene Motiv, «dass das Kopftuch, wenn es die Mädchen schon sehr früh tragen, zum Habitus gehört, so dass sie es später im Teenageralter gar nicht mehr hinterfragen». Die Religion werde so zu einer «zweiten Haut», die man nicht mehr abstreift.

Dass heute mehr muslimische Eltern ihre Töchtern ermunterten, Kopftuch zu tragen, habe nicht nur mit der gestiegenen Zahl von Flüchtlingen aus islamischen Ländern zu tun, fügte Uslucan hinzu. Ein weiterer Faktor sei das heute größere Selbstbewusstsein der Migranten-Gemeinden. «Die Muslime der Gastarbeitergeneration hätten es nicht gewagt, ihre Vorstellungen so selbstbewusst durchzusetzen wie heute die muslimischen Eltern der zweiten und dritten Generation.» Dies gelte sowohl für den islamischen Religionsunterricht als auch für das Kopftuch. dpa

Neue Kopftuchdebatte? NRW-Integrationsministerium will Verbot unter 14 Jahren

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Emma Keeboo
6 Jahre zuvor

» Dass einige religiöse Eltern ihre Kinder trotzdem mit Kopftuch in die Schule und zum Teil sogar in den Kindergarten schickten, habe aber wohl das unausgesprochene Motiv, «dass das Kopftuch, wenn es die Mädchen schon sehr früh tragen, zum Habitus gehört, so dass sie es später im Teenageralter gar nicht mehr hinterfragen». Die Religion werde so zu einer «zweiten Haut», die man nicht mehr abstreift.

Bin ich die einzige, die das gruselig findet?

Ich finde, dass die Freiheit, sich für oder gegen eine Religion entscheiden zu dürfen, eine wichtige Errungenschaft unseres Grundgesetzes ist.

Marianne Wibrecht
6 Jahre zuvor

Es ist gruselig und erschreckend, gar keine Frage. Uslucan nennt es „ermuntern“ , ich nenne es religöse Indoktrination. Wenn er es als notwendig erachtet, den Mädchen die kritischen Fragen von vornherein abzugewöhnen, dann steckt das unausgesprochene Eingeständnis dahinter, dass es gute Gründe gegen das Kopftuch und insbesondere gegen das Kinderkopftuch gibt. Dabei bleibt es dann in der Regel nicht; die Mädchen und Frauen werden in ihrem gesamten Verhalten eingeschränkt.
„Kopftuchverbot für Mädchen unter 14“ ist leider eine verkürzte und irreführende Formulierung. Das Verbot darf sich nicht gegen die Mädchen richten, sondern muss die Eltern adressieren, die ihr Kind unter das Kopftuch zwingen. Und es ist längst überfällig!