Die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) fordert einen fairen Ausgleich für Berliner Lehrkräfte, die nicht für eine Verbeamtung in Frage kommen. «Nach bisheriger Rechtslage werden rund 40 Prozent der heute beschäftigten angestellten Lehrkräfte entweder die persönlichen – Gesundheit, Nationalität, Alter – oder die laufbahnrechtlichen Voraussetzungen nicht erfüllen, um verbeamtet zu werden», sagte der GEW-Landesvorsitzende Tom Erdmann. Dies betreffe rund 9.000 Lehrerinnen und Lehrer.
«Die Schere zwischen angestellten und verbeamteten Lehrkräften darf nicht noch weiter auseinandergehen»
«Das sind genau die Lehrkräfte, die die Berliner Schule seit Jahren unter erschwerten Bedingungen am Laufen halten», so Erdmann. «Die Schere zwischen angestellten und verbeamteten Lehrkräften darf nicht noch weiter auseinandergehen. Das Arbeitsklima in den Kollegien würde durch diese Ungleichbehandlung nachhaltig belastet werden.» Erdmann forderte mit Blick auf die laufenden rot-grün-roten Koalitionsverhandlungen ein «Gesamtpaket aus Verbeamtung für die einen und Kompensation für die anderen».
SPD, Grüne und Linke wollen bei ihren Koalitionsverhandlungen voraussichtlich an diesem Samstag über das Thema Bildung und damit unter anderem über Strategien reden, wie dem Lehrermangel begegnet werden kann. In ihrem im Oktober vereinbarten Sondierungspapier heißt es dazu: «Zur Gewinnung, Aus- und Fortbildung von pädagogischem Fachpersonal werden wir alle Möglichkeiten ausschöpfen, die einen nachhaltigen Personalaufwuchs ermöglichen.» Dazu gehöre auch die Verbeamtung von Lehrerinnen und Lehrern. Für diejenigen, die nicht verbeamtet werden können oder wollen, solle ein «Nachteilsausgleich» entwickelt werden. Wie der aussehen soll, ist offen.
Seit 2003 werden Lehrerinnen und Lehrer in der Hauptstadt nicht mehr verbeamtet. Inzwischen setzen alle Bundesländer außer Berlin im Kampf gegen Fachkräftemangel wieder auf dieses Instrument. Der Senat hatte sich lange dagegen gesträubt, nun soll die Verbeamtung auch in Berlin wieder eingeführt werden. Damit verbunden sind – bezogen auf das gesamte Berufsleben – höhere Einkünfte und Altersbezüge als für angestellte Lehrer. Nach Schätzungen der GEW kommen in Berlin etwa 15.000 bislang angestellte Lehrkräfte dafür in Frage. Rund 11.000 der 35.000 Lehrerinnen und Lehrer sind bereits verbeamtet.
Nachteile kompensieren? Berlin droht ein Ausschluss aus der Tarifgemeinschaft der Länder
Um Nachteile für den Rest, also etwa 9.000 Lehrer, zu kompensieren, sieht die GEW im wesentlichen zwei Möglichkeiten. Eine sei die Reduzierung der Wochenarbeitszeit bei unveränderter Bezahlung. Damit würde Berlin aber aus der Tarifgemeinschaft der Länder (TdL) ausscheren, was womöglich einen Ausschluss zur Folge hätte. Zweite Möglichkeit wäre ein Zuschlag für angestellte Lehrer.
Eine solche Regelung wäre aber ebenfalls problematisch, weil es für Berlins Lehrer schon mehrere solcher außertariflichen Leistungen gibt. Dazu gehören der Brennpunktzuschlag bei Tätigkeit an Schulen in sozialen Brennpunkten oder die Berlin-Zulage von 150 Euro monatlich, die alle Landesbeschäftigten seit rund einem Jahr bekommen. Letztere war von der TdL massiv kritisiert worden. News4teachers / mit Material der dpa
Sondierungspapier mit 19 Leitlinien
GEW sieht Lehrerverbeamtung skeptisch: Bringt nichts gegen Lehrermangel
Aus welchem Grunde soll es denn schlimm sein, wenn Berlin nicht mehr in der Tarifgemeinschaft deutscher Länder ist? Hessen ist es auch nicht, glaube ich, und Berlin war es schon mal nicht.
Ein Ausgleich für die Kollegen, die die längste Zeit angestellt waren (aufgrund ihres Alters) und somit am längsten und weiterhin Einkommenseinbußen im Vergleich zu den Beamten hinnehmen müssen, MUSS SEIN. Gerade von einer rot-grün-roten, also „linken“ Landesregierung.
„Um Nachteile für den Rest, also etwa 9.000 Lehrer, zu kompensieren, sieht die GEW im wesentlichen zwei Möglichkeiten. Eine sei die Reduzierung der Wochenarbeitszeit bei unveränderter Bezahlung.“
Fände ich akzeptabel. (Ich bin 57, ich werde nicht mehr verbeamtet werden können.)
Haha, wie die GEW ängstlich vor dem Gespenst der Verbeamtung (aus ihrer Sicht) zurückschreckt, weil dann auf einmal die Lehrer die Wahl zwischen der gew oder dem DBB haben. Wobei jeder Vernunftmensch bereits ohne das Oder zu kennen dort zuschlagen sollte.
Naja, es ist doch wohl ziemlich klar, dass Lehrer, die verbeamtet sind, in Tarifauseinandersetzungen ziemlich schwachbrüstig dastehen, weil sie nicht streiken dürfen. Da hat dann nicht in erster Linie die GEW das Nachsehen (die ja nicht nur Lehrer vertritt), da haben diese Lehrer das Nachsehen. Sie sind dann auf Gedeih und Verderb ihren Dienstherren ausgeliefert. Das wurde hier doch auch schon beklagt.
Für die nachträgliche Verbeamtung sollte in Berlin der Maßstab von 2003, bzw. dem Zeitpunkt der Einstellung angesetzt werden und die Dienstzeit auch direkt auf die Probezeit angerechnet werden. Das wäre sozial und dann würden auch die verbeamtet werden, die inzwischen zu alt oder krank geworden sind.
Was ist der Maßstab von 2003?
Ich weiß nicht, ob es stimmt, aber es soll nicht mehr verbeamtet werden, für den man dann gar nicht mehr „Pension einzahlen“ kann, wobei ja dessen Einzahlungen in die Rentenversicherung übertragen werden könnten, oder bzw. warum nicht? Umgekehrt geht es ja auch.
Jedenfalls gibt es eigentlich keine Grenze mehr bei der Verbeamtung. Es gab sie mal, aber die wurde aufgehoben. Die jetzigen haben die Länder selbst festgesetzt und die sind überall anders. So gesehen wäre es am einfachsten, alle zu verbeamten, egal, wie alt sie sind.
Die Ermöglichung der Verbeamtung wäre definitiv ein richtiger und überfälliger Schritt. Warum einige Lehrkräfte (?) hier Angst davor haben, ist mir ein Rätsel. Es wird ja keiner gezwungen! Aber die Möglichkeit sorgt dafür, dass wahrscheinlich mehr Berliner Studierende im Land bleiben nach dem Studium und somit dafür, dass Berliner Schüler nicht mehr unter einem Quereinsteigeranteil von über 60 Prozent leiden.
Das kann man bzgl. der Wiederverbeamtung der Berliner Lehrer und jener, die dafür nicht infrage kommen, lesen:
„Wenn es um die Schulen geht, gibt es wenig, was SPD, Grüne und Linke trennt. Schulen sollen weiter digitalisiert, ausgebaut und saniert und Lehrerinnen und Lehrer wieder verbeamtet werden, heißt es im Sondierungspapier. Vor allem die Linke hatte Verbeamtungen bis zuletzt abgelehnt. Jetzt ist vorgesehen, dass es daneben einen „Nachteilsausgleich“ für jene geben soll, die nicht verbeamtet werden „können oder wollen“. Es dürfte die Bildungs-Arbeitsgruppe ein bisschen Zeit kosten, auszutüfteln, wie dieser Ausgleich tarifrechtlich machbar sein könnte – oder sie überlässt es gleich der Arbeitsgruppe Verwaltung.“
https://www.rbb24.de/politik/wahl/abgeordnetenhaus/agh-2021/beitraege/berlin-koalitionsverhandlungen-spd-gruene-linke-koalitionsvertrag.html
Ist auch sonst interessant, was da im Bereich Bildung steht.
Ich sehe nur eins: Die GEW macht sich darum Sorgen, ihre Mitglieder zu verlieren und dementsprechend weniger Beträge zu kassieren.
Korrigiert mich bitte