Statt Quarantäne: Giffey führt „Test-to-stay-Strategie“ auch an Schulen ein. GEW: „Farce“

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BERLIN. Die neuen Quarantäneregeln für Berliner Kitas sind aus Sicht der GEW nicht akzeptabel; die Gewerkschaft spricht von einer „Farce“ – die Bildungsverwaltung der Regierenden Bürgermeisterin Franziska Giffey (SPD) führt sie bei einer (offiziellen) Inzidenz bei Fünf- bis 14-Jährigen von 3.787 dann kurzerhand auch noch für die Schulen ein.

Führt die „Test-to-stay-Strategie“ ein: Berlins Regierende Bürgermeisterin Franziska Giffey (SPD). Foto: Shutterstock / photocosmos1

Die Senatsverwaltung für Bildung und Familie hatte am Mittwoch mitgeteilt, dass Kontaktpersonen von Infizierten an Berliner Kitas von Montag an mit dem «Test-to-stay»-Verfahren eine Quarantäne vermeiden können, so lange sie fünf Tage am Stück negativ getestet werden. «Anstatt sich mit allen Beteiligten zusammenzusetzen und funktionierende Lösungen zu erarbeiten, werden die Kitas mit dem Test-to-stay-Verfahren abermals überrumpelt», sagte die Vorsitzende der GEW Berlin, Martina Regulin.

Die Eltern könnten abwägen, ob sie diese Möglichkeit für ihre Kinder nutzen wollten, die Erzieherinnen und Erzieher dagegen nicht. Sie müssten weiterarbeiten, kritisierte die GEW. Dabei seien sie am Rande ihrer Leistungsgrenzen und die Kitas kurz vor dem Kollaps. Der logistische Testaufwand sei zu groß, immer mehr Kitas müssten geschlossen werden. Der «Tagesspiegel» berichtete am Mittwoch online, zuletzt seien berlinweit rund 150 Kitas zum Teil und 35 ganz geschlossen gewesen. Die Familienverwaltung machte dazu auf Nachfrage keine Angaben.

«Die Kollegen müssen einen riesigen Aufwand betreiben, um den Anschein eines Gesundheitsschutzes aufrechtzuerhalten»

Christiane Weißhoff, im Vorstand der GEW Berlin für Kinder- und Jugendhilfe zuständig, sagte, mit der neuen Regelung würden die hohen Infektionszahlen in den Kitas hingenommen. «Die Kolleginnen und Kollegen müssen dennoch einen riesigen Aufwand betreiben, um den Anschein eines Gesundheitsschutzes aufrechtzuerhalten. Das ist eine Farce.» Die Erzieherin Lavinia Neumann ergänzte, die Beschäftigten fühlten sich im Stich gelassen. Auch die Regelung, dass die Eltern die Räume nicht betreten dürften, sei im Kita-Alltag für kleine Kinder und ihre Eltern schwierig. «Die Wirkung dieser Maßnahme ist ohnehin gering.» Für die Erzieherinnen und Erzieher sei sie aber eine zusätzliche Belastung.

Die Bildungsverwaltung ficht das nicht an. Kurzerhand kündigte sie heute eine «test to stay-Strategie» auch für die Schulen an, die nach dem Ende der Winterferien ab Montag greift. Das bedeutet neue Regeln für Corona-Tests und für die Abläufe nach einer festgestellten Infektion. Wie die Bildungsverwaltung am Freitag mitteilte, muss ein Schüler nach einem positiven Ergebnis bei den regelmäßigen Schnelltests an den Schulen in die häusliche Isolation, wird an das Gesundheitsamt gemeldet und bekommt von dort eine Bescheinigung.

Diejenigen Schüler, mit denen er Kontakt hatte, werden nicht an das Gesundheitsamt gemeldet. Die betroffene Lerngruppe wird aber an fünf Unterrichtstagen getestet (statt im Regelfall drei Mal wöchentlich) und wird weiter in Präsenz in der Schule unterrichtet, solange ihre Testergebnisse negativ sind und keinerlei Symptome auftreten. Wird in der fraglichen Klasse erneut ein positiver Corona-Fall festgestellt, beginnt die Fünftage-Frist für die täglichen Tests von vorn. Aus der Isolation freitesten könne sich infizierte Schülerinnen und Schüler in der Regel nach fünf Tagen durch einen PCR-Test im Testzentrum oder einen Schnelltest in der Schule. Im direkten Anschluss an Ferienzeiten soll das nach sieben Tagen möglich sein.

Für das Schulpersonal gilt: Sind Kontaktpersonen wie Lehrkräfte geimpft oder genesen, müssen sie auch weiterhin nicht in Quarantäne. Sie müssen jedoch trotzdem an den Testungen im Rahmen der „Test-to-stay-Strategie“ teilnehmen. News4teachers / mit Material der dpa

Statt Quarantäne: Negativer Schnelltest reicht für Kontaktpersonen an Berliner Kitas

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Clipperstorch
2 Jahre zuvor

Da einem positiven Test keine nennenswerten Konsequenzen mehr folgen, kann man es auch direkt sein lassen.
Die Durchseuchung ist gewollt, (Langzeit-?) Schaden wird bewusst in Kauf genommen. Hauptsache weggeparkte Kinder, die paar Vorerkrankten? Ist halt Pech…
Es ist nur noch traurig.
Ganz abgesehen davon, dass ich mittlerweile zahlreiche Fälle kenne, deren Schnelltests trotz Symptomen negativ bleiben und erst der PCR Test die Infektion ans Licht bringt.
Es hat etwas von einer Lotterie.

Feldy
2 Jahre zuvor

Nicht nur in Berlin so, in SH ab Montag auch!
Eine Farce!

Marie
2 Jahre zuvor

Gilt in NRW schon gefühlte Ewigkeiten: keine Quarantäne für die anderen Kinder in der Klasse. Bei positiven Pool nur Schnelltests (mit denen wir bisher NIE das infizierte Kind gefunden haben) so lange, bis der nächste Pool negativ ist. Wenn unsere Familienmitglieder erkranken, ist das dem GA auch egal, wir sind alle geboostert, also hopp, hopp, weiter zum Dienst. Hier hissen immer mehr Schulen mittwochs die weiße Flagge. Nur öffentlich berichtet wird darüber seltsamerweise nicht.

Klugscheisser
2 Jahre zuvor
Antwortet  Marie

Und es wird in NRW weiterhin nur an drei Tagen trotz y oronafall getestet. Sind Familienmitglieder krank, ist das trotzdem kein Grund der Schule fernzubleiben.

Die meisten Medien sind auf diesem Auge blind. Vielleicht sollte man mal auf das sehende schlagen, dann herrscht wenigsten Gerechtigkeit zwischen beiden blinden Augen.

Heide Blume
2 Jahre zuvor

In Niedersachsen seit den Weihnachtsferien so, heißt hier ABIT.

potschemutschka
2 Jahre zuvor

Kann mir bitte jemand erklären, warum ich mich als geboosterte Lehrerin mit dem Selbstest in der Schule noch testen soll? Wahrscheinlich zeigt er sowieso nicht an, wenn ich mich infiziert habe, solange ich keine Symptome habe. Und symptomlos Infizierte dürfen ja in der kritischen Infrastruktur weiterarbeiten. Wenn ich mir die Lage in den Schulen so ansehe, gehören die definitiv zur kritischen Infrastruktur. So what? Was soll das alles? In meiner Familie bin ich mittlerweile die Einzige die noch nicht infiziert ist oder war (beide Enkelkinder u12 , einmal geimpft/ Sohn und Schwiegertochter, beide geboostert/ Ehemann, kurz vor der 3. Impfung). Am Montag sind die Ferien vorbei – wann bin ich dran? Mittlerweile kenne ich sehr viele infizierte Geboosterte und auch Schüler, die zum 2. Mal infiziert sind. Ich hätte nie gedacht, dass Deutschland irgendwann den schwedischen Weg geht und dann noch nicht einmal den Mut hat, das zuzugeben! Bis zum Sommer muss ich noch durchhalten (vorgezogener Ruhestand mit 63), aber ich bereue mittlerweile, dass ich nicht noch eher aufgehört habe.

potschemutschka
2 Jahre zuvor
Antwortet  potschemutschka

Mein Booster war übrigens Anfang Dezember! Etwa zeitgleich mit Sohn und Schwiegertochter, die gerade flach liegen und die sind wesentlich jünger als ich.

Andreas.Müller
2 Jahre zuvor

Wo ist da jetzt die wirkliche Neuigkeit? Wird doch schon in einigen Bundesländern so gehandhabt.

Horstino
2 Jahre zuvor

Das ist in RLP doch schon so umgesetzt worden. In den Kitas ist das ja noch krasser. Da können sich die Kontaktpersonen am ERSTEN Tag freitesten und wieder die KiTa besuchen..

Andre Hog
2 Jahre zuvor

„Test to stay!“ Klingt aber irre kompetent und verantwortungsbewusst.

Man könnte das Ganze professsionalisieren, indem man auf James Bond zurückgreift.

„Live and let die!“

https://youtu.be/6RpJF7HTAWc

Verärgert
2 Jahre zuvor

In BW ist das schon seit Weihnachten so. Und neu ist, die Eltern gehen nach einem positiven Schnelltest in der Schule ins nächste Schnelltestcenter und testen dort nach ist der Test dann irgendwo negativ, steht das Kind kurz danach wieder im Klassenzimmer.
Das führt die Tests in der Schule ad absurdum und stellt nur eins dar, die Tests in der Schule verschwenden nur nich Zeit und Lehrernerven.

Klugscheisser
2 Jahre zuvor
Antwortet  Verärgert

In Nrw auch so. Gibt eine gaaanz tolle Ablaufgrafik zu dem Prozess.

Janz proooofessionell datt janze.

teachinginberlin
2 Jahre zuvor

Mich irritiert der Brief auch ein wenig, da das bei uns ja in Berlin schon den ganzen Januar gängige Praxis ist (und m.E. auch schon im Dezember wir niemanden in Quarantäne schickten)
Das einzige neue ist, dass wir keine sinnlosen Listen zur Kontaktnachverfolgung mehr führen müssen.

Hinweis/Frage an die Reaktion: m.E. ist die Test-to-Stay Strategie für Lehrkräft nur im Falle des nicht geboostert seins verpflichtend, ansonsten freiwillig. (Jedenfalls interpretiere ich so den Brief).

Das Interessanteste ist: Ein postiver Test in der Schule reicht aus, es findet kein Testzentrumtest mehr statt, weder mit einem Schnelltest noch einem PCR Test.
Ein Freitesten kann nach 5 Tagen in der Schule stattfinden, zusammen mit den anderen in der Lerngruppe. Das empfinde ich ehrlich gesagt als sehr verantwortungslos.

HerrUnderberg
2 Jahre zuvor

Haben wir in RLP auch schon länger. Zuerst ein Kind infiziert und nach ein paar Tagen – ach so überraschend – mehrere Kinder auf einmal positiv.

MeinSenf
2 Jahre zuvor

Haben wir in unserem Kreis auch schon gefühlte Ewigkeiten so. Selbst bei Meldung ans Gesundheitsamt wurde fast niemand mehr in Quarantäne geschickt, nicht einmal Geschwister. Einen echte Nachverfolgung, die den Namen verdiente, gab’s hier lediglich in den Anfängen der Pandemie.

Koogle
2 Jahre zuvor

Man benutzt die Kinder, um Omikron so schnell wie möglich durch Deutschland rauschen zu lassen.

Eine Impfpflicht für Kinder hätte zwar schlimmere Verläufe verhindert, ist aber utopisch angesichts der fehlenden Impf-Empfehlung der STIKO.

Kinder bis 5 hätte man mit einer Impfpflicht für die Eltern schützen müssen.

Beides hätte die Omikron-Welle etwas abgebremst.
Das wollte man anscheinend verhindern.

Quarantäne für Kontaktpersonen ist für die Durchsuchung ebenfalls kontraproduktiv.

Feht nur noch dass Masken abgeschafft werden, und das ständige Lüften untersagt wird.

Läuft.
Die Corona-Party in den Schulen.

TaMu
2 Jahre zuvor

Test to stay … dieses wunderbare Englisch und das, obwohl es dafür vielleicht sogar eine deutsche Übersetzung gegeben hätte. Hier in Baden Württemberg (West) sind wir ja The Länd! Un dadrum heisst des bei uns Teschde zum Bleibe. Ganz ohne en Schnörgl. Wollt ich nuremol so gsagt habbe.

potschemutschka
2 Jahre zuvor
Antwortet  TaMu

„Test to stay“ würde ich mit „Durchseuchung to go“ übersetzen!

TaMu
2 Jahre zuvor
Antwortet  potschemutschka

Potschemutschka@ das passt wunderbar!